Coronavirus:Kreativ impfen im Freistaat

Lesezeit: 3 min

Ob auf 1800 Höhenmetern oder bei einem gemütlichen Grillabend mit dem Landrat. Bayerns Kommunen lassen sich einiges einfallen, um mehr Menschen von der Immunisierung zu überzeugen.

Von Dietrich Mittler, Matthias Köpf, Gregor Grosse und Sarah Höger, München

Es klang ein wenig nach Cape Canaveral, als Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Montag erklärte: "Wir beginnen jetzt mit der nächsten Stufe unserer Motivationskampagne." Nun endlich, wo Bayern genug Impfstoff zur Verfügung hätte, fehlt es an Impfwilligen. Nach aktuellem Stand sind im Freistaat knapp 59 Prozent einmal geimpft worden, 47 Prozent haben die zweite Impfung hinter sich. Da ginge weit mehr. Um die Unentschiedenen zu gewinnen, setzt Holetschek daher einerseits auf die Motivationskampagne "Ich tu's für ...". Andererseits sollen mit der Kampagne "Impfen to go" Menschen im direkten Lebensumfeld geimpft werden können. Der Fantasie von Bayerns Kommunalpolitikern sind dabei kaum Grenzen gesetzt. "Ich bin begeistert von den vielen kreativen Ideen der Impfzentren und unserer Partner für Impfangebote vor Ort", sagte Holetschek. Hier eine kleine Auswahl.

Stadtparksommer

In Regensburg konnten sich am Freitagabend Nachtschwärmer impfen lassen. Beim Stadtparksommer spritzte ein mobiles Impfteam vom frühen Abend an bis 23 Uhr Biontech und Johnson&Johnson. Jeder Impfling bekam nach dem Piks von den Altstadtgastronomen, die im Stadtpark seit Beginn des Sommers Freisitze aufgebaut haben, ein Getränk spendiert. Etwa 30 Menschen ließen sich nach Angaben einer Stadt-Sprecherin immunisieren. "Uns war vorher schon klar, dass das nicht der Riesenwurf wird. Aber jeder Geimpfte ist besser als keiner", sagte sie. Viele Besucher des Stadtparksommers hätten die Aktion auch genutzt, um sich über die Impfung zu informieren und um Fragen an das medizinische Fachpersonal vor Ort zu stellen. "Es war also auch eine Aufklärungsveranstaltung und somit ein voller Erfolg."

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Gartenhallenbad

Wer am Sonntag Lust auf Baden hatte, konnte in Leipheim im Landkreis Günzburg auch gleich eine Impfung abstauben. Vor dem Gartenhallenbad bekamen Badegäste die Möglichkeit, sich vom mobilen Impfteam Biontech oder Johnson&Johnson spritzen lassen. 69 Bürger machten von dem Angebot Gebrauch. Als Belohnung gab's für jeden Impfling eine Freikarte für den nächsten Besuch im Schwimmbad. "Die Aktion lief gut, wir sind zufrieden mit der Nachfrage. Unser mobiles Impfteam wird auch in den nächsten Tagen an weiteren Orten terminfrei Impfungen anbieten", sagte eine Sprecherin.

Bergstation am Jenner

Wenn die Impfquoten dort so hoch wären wie die Berge, dann hätte man im Berchtesgadener Land gerade ein paar Sorgen weniger. Um die Zahl der Geimpften ganz generell nach oben zu bringen, wird ein mobiles Team des Landratsamts am Samstag auf 1800 Höhenmetern in der Bergstation der Jenner-Seilbahn impfwillige Ausflügler immunisieren. Wer mag, kann sich die zweite Dosis Biontech drei Wochen später auf gleicher Höhe abholen, aber das ginge dann natürlich auch irgendwo unten im Tal. Zudem steht auch der Einmal-Impfstoff von Johnson&Johnson zur Wahl. Das Angebot gilt für alle Impfberechtigten unabhängig von ihrem Wohnort und wird deswegen auf die Impfquote des Berchtesgadener Landes wohl wenig Einfluss haben.

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Grillen mit dem Landrat

Im niederbayerischen Landkreis Kelheim versuchte man am Wochenende, Impfwillige mit einem gemütlichen Grillabend anzulocken. Zwischen 15 und null Uhr konnte sich jeder nicht nur eine Impfung abholen, sondern anschließend gemeinsam mit Landrat Martin Neumeyer grillen. Einem Sprecher zufolge war die Aktion ein voller Erfolg. 346 Personen nahmen das Angebot im Impfzentrum wahr - darunter viele junge Leute. Grillmeister Neumeyer zeigte sich begeistert von der Nacht. "Die Atmosphäre und die Resonanz waren sehr gut - die Leute waren super drauf. Die Impfnacht wurde im Vorhinein von einem massiven medialen Aufruf begleitet", sagte der Landrat. Die Bratwurst- und Käsesemmeln hätten wohl auch einen Beitrag zu der guten Stimmung geleistet. "Ich stand schon bis zu neun Stunden am Grill", sagte Neumeyer. Gelohnt habe sich das allemal. "Ein Dankeschön an alle Personen, die sich im Rahmen unserer Aktion haben impfen lassen. Durch diese Impfung schützen Sie sich und Ihre Mitmenschen", sagte er.

Max-Morlock-Stadion

In Nürnberg blieb eine Sonderimpfung für Fußballfans hingegen hinter den Erwartungen zurück. Zum Zweitligaauftakt des 1. FC Nürnberg gegen Erzgebirge Aue konnten sich am Sonntag Fußballfans vor und nach dem Spiel impfen lassen. Hierfür stand vor dem Max-Morlock-Stadion für fünf Stunden ein Impfbus bereit. Die Idee für die Impfaktion geht unter anderem auf Nürnbergs dritten Bürgermeister Christian Vogel (SPD) zurück. Nach seinen Worten hätten sich jedoch nur 50 Stadionbesucher impfen lassen. "Da haben wir uns mehr erhofft - der Impfbus war auf 120 Impfungen ausgelegt", sagte Vogel. Vor allem jüngere Menschen sollten zum Impfen motiviert werden. Bis dato sind in Nürnberg lediglich zehn Prozent der unter 30-Jährigen geimpft. Der 1. FC Nürnberg zog dabei an einem Strang mit der Stadtverwaltung. "Es ist für den Club eine Selbstverständlichkeit, die Impfkampagne der Stadt Nürnberg zu unterstützen", sagte Niels Rossow, Kaufmännischer Vorstand des 1. FC Nürnberg.

© SZ vom 27.07.2021 / dm, grgo, kpf, sahg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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