Coronavirus:Existenzangst statt Volksfest-Gaudi

Die Gerner Dult gehört zu den traditionsreichen Volksfesten in Niederbayern. Sie wird sonst höchstens zu Kriegszeiten abgesagt.

Die Gerner Dult gehört zu den traditionsreichen Volksfesten in Niederbayern. Sie wird sonst höchstens zu Kriegszeiten abgesagt.

(Foto: Privat)
  • Die traditionsreiche Gerner Dult ist wegen des Coronavirus abgesagt worden. Sie besteht seit Jahrhunderten und fand nur in Kriegszeiten nicht statt.
  • Auch der Augsburger Plärrer wird nicht stattfinden.
  • Schausteller, die saisonal bedingt nur sechs Monate im Jahr wirtschaften können, treffen die Absagen hart.
  • Der Präsident des Schaustellerverbandes Ostbayern spricht von einer "Katastrophe".

Von Hans Kratzer, Eggenfelden

Auch die traditionsreiche Gerner Dult im niederbayerischen Eggenfelden ist am Dienstag wegen der Corona-Krise abgesagt worden. Das beliebte Volksfest hätte am 17. April beginnen sollen. Die Gerner Dult gilt als eine Institution im Reigen der bayerischen Volksfeste, denn sie wird schon seit 1348 immer um den Georgitag herum (23. April) abgehalten. Abgesagt wurde dieses Traditionsfest höchstens in Kriegszeiten. Der Veranstalter der Gerner Dult, Thomas Graf von Lösch, nennt die Entscheidung "einen herben Schlag, nicht nur für mich, sondern vor allem auch für die Schausteller, die sich seit vielen Jahren auf den Gerner als erstes großes Volksfest der Region verlassen".

Nachdem das Kabinett am Dienstag beschlossen hatte, dass Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen bis einschließlich 19. April untersagt sind, war das Aus für die Gerner Dult - wie auch für den Augsburger Plärrer und andere Feste - besiegelt. Nun gelte es schnell zu handeln, sagt Lösch, als Veranstalter der Dult trage er halt auch das Risiko. Versichern könne man sich dagegen nicht. Nun gehe es darum, schleunigst alles abzuwickeln, um den finanziellen Schaden zu begrenzen. Die Vorbereitungen waren weit gediehen.

"Es ist ein Wahnsinnsaufwand damit verbunden", sagt er. In großer Zahl wurden Schausteller gebucht, dazu Bedienungen, die für die Dult extra Urlaub nehmen, sowie viele Helfer und der Sicherheitsdienst. "Wir haben auch schon Tische verkauft und Biermarken sowie ein Reservierungssystem eingerichtet. Das müssen wir jetzt auf die Schnelle alles zurücknehmen, auch Werbung und Plakatierung müssen abgesagt und gestoppt werden", fasst er zusammen. Er sei den meisten Schaustellerfamilien seit langer Zeit verbunden, sagt der Festwirt. "Ich weiß, dass so eine Absage einen Schaustellerbetrieb schwer treffen kann und es gibt ja auch kaum Alternativen, auf die sie jetzt ausweichen können." Dies gelte auch für die Bedienungen und viele andere Kräfte.

Trotzdem kann Lösch die Entscheidung der Politik nachvollziehen: "Der Staat muss sich ja um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger sorgen und kümmern." Nachholen oder verschieben könne man die Gerner Dult leider nicht, sagt er. In den sozialen Medien kann das nicht jeder nachvollziehen. Dort äußerten manche Ärger und Unverständnis über die Absage: "Das ist absolut übertrieben. Einfach Bullshit!" Auch von "unsinniger Aktion und Panikmache" ist dort die Rede.

Lösch blickt lieber in die Zukunft und freut sich auf das kommende Jahr, nicht ohne dem Reporter mitzuteilen: "Sans froh, dass ned in meiner Position san!"

Auch der Schausteller Stephan Sonntag aus Pfarrkirchen wäre mit seinem Autoscooter wie jedes Jahr gerne zur Dult nach Eggenfelden gekommen. Für ihn ist dieses Volksfest eine Existenzfrage. "Wir Schausteller bekommen durch die Absage ein Riesenproblem, da wir ja saisonal bedingt nur sechs Monate wirtschaften könnten", sagt er. Und im Frühjahr stünden jetzt große Zahlungen an, etwa für die Fahrzeugversicherung, da wäre die Einnahme aus der Dult enorm wichtig. Andernfalls rutsche man schnell in ein finanzielles Loch. "Und ich habe Investitionen zu tilgen, ohne Einnahmen kann ich das nicht bezahlen."

Günter Haimerl, Vorsitzender des Schaustellerverbands Ostbayern, spricht nach der Absage mehrerer Volksfeste geradewegs von einer Katastrophe für seine Berufskollegen. "Es ist schlimm, wir haben zum Teil seit Dezember keine Einnahmen mehr. Die momentane Lage ist für uns alle existenzbedrohend." Die Zahlungen liefen weiter, die Einnahmen versiegen. "Das hat's in der Schärfe noch nicht oft gegeben", sagt er.

Zur SZ-Startseite

Coronavirus-Newsblog für Bayern
:Personen-Obergrenze für private Partys: Wie viele dürfen noch feiern?

Bayern schließt angesichts steigender Corona-Infektionen neue Auflagen nicht aus. Schon wieder gibt es Probleme bei den Tests an den Autobahnen. Alle Entwicklungen im Newsblog.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: