Ferien und Schulbeginn in Bayern:"Ein Hü und Hott"

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Unbeschwerte Sommerferien ohne 3G-Regeln für Schüler - und dann lernen in Präsenz- oder Wechselunterricht? Mit oder ohne Maske - und welcher? Und muss erst ein Coronatest gemacht werden? In den Sommerferien sind noch viele Fragen offen.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Testpflicht, Unterricht, Quarantäne - und kein 3G für Schüler? Politik und Verbände fordern drei Wochen vor Ende der Sommerferien eine klare Linie. Doch die ist bisher noch nicht erkennbar.

Von Simon Groß und Viktoria Spinrad

Die neuen Regelungen im Umgang mit dem Coronavirus haben für Verwirrung und Kritik gesorgt. Seit Montag gilt die sogenannte 3-G-Regelung: Für viele Orte muss man nachweislich geimpft, genesen oder getestet sein. Schüler sind von dieser Regelung bundesweit ausgenommen, weil sie in den Schulen getestet werden. Da in Bayern allerdings noch Sommerferien sind, wundern sich nun Politiker, Verbände und die Gastronomie.

Eigentlich sollen Schüler gegen Vorlage eines Schülerausweises oder einer Busfahrkarte zum Beispiel ins Restaurant dürfen. Am Dienstag schienen Gastronomen von dieser Regelung allerdings überrumpelt zu sein, viele scheinen sich selbst eher an striktere Vorgaben zu halten. Man wisse gar nicht mehr, woran man sei, sagt der Nürnberger Gastronom Ralph Kauter, "alle fünf Minuten kommt was Neues".

In die Trödelstuben, seinem Restaurant in der Nürnberger Innenstadt, dürfen Gäste, die älter als sechs Jahre alt sind, nur in den Innenbereich, wenn sie geimpft, genesen oder getestet sind. Ähnlich handhaben es andere Restaurants. Man müsse die Gäste auch weiterhin schützen, findet ein anderer Nürnberger Gastronom: "Nur weil der Schüler ist, heißt es ja nicht, dass er kein Corona hat."

Anders in der Erdinger Therme. Dort kommen Schüler mit entsprechendem Nachweis ohne Test hinein. Für den Besuch braucht es allerdings eine Reservierung. Andere Schwimmbäder werben auf ihrer Webseite schon offensiv damit, Schülern Eintritt zu gewähren.

Ruth Waldmann, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im bayerischen Landtag, empfindet die Ausnahme für Schüler als Zugeständnis an Eltern und Kinder, damit sie schöne Sommerferien haben. Das sei zwar menschlich nachvollziehbar, aber angesichts der Pandemielage "nicht verständlich".

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP und schulpolitische Sprecher, Matthias Fischbach, vermutet eine andere Motivation hinter der Regelung: "Es wirkt, als wenn 3 G vor allem genutzt wird um Erwachsene unter Druck zu setzen, sich impfen zu lassen."

Schüler scheinen selbst überrascht

Auch die Schüler selbst scheinen von der Regelung überrascht zu sein: Die Ausnahme habe während der Schule Sinn, in den Ferien dagegen sei sie eher "eigenartig", sagt Nevio Zuber vom Landesschülerrat. Es gebe keine medizinische Grundlage, zumal sich die Schüler in den Ferien genauso treffen würden wie während der Schulzeit.

Das bayerische Gesundheitsministerium verweist darauf, dass die Ausnahmeregelung für Schüler im Einvernehmen mit den anderen Bundesländern getroffen wurden. Dort ist allerdings auch teils schon wieder die Schule angelaufen. Dass die bayerischen Schüler während der Ferien nicht in der Schule getestet werden, hält das Ministerium für unproblematisch, "da die Kinder in den Sommerferien mehr Zeit mit der Familie verbringen und insgesamt weniger Kontakte mit Gleichaltrigen haben als in der Schule".

Offenbar ist die Befürchtung, zu strenge Auflagen zu machen, größer: Das Ministerium bestärke den Handel und die Betreiber von Freizeiteinrichtungen gleichzeitig darin, bei der Überprüfung von Testpflichten bei Kindern mit Besonnenheit und Pragmatismus vorzugehen, heißt es weiter.

Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verteidigte, dass Schüler für den Rest der Sommerferien von der 3-G-Regel ausgenommen sind. Tests würden während der restlichen Sommerferien Kinder und Jugendliche "überfordern", sagte er angesichts der Verwunderung über diese Regel.

Verwunderung ist auch das Stichwort bei der Frage, wie es nach den Sommerferien weitergehen soll. Nach der neuen Verordnung würde es ab einer 100er-Inzidenz im Ort für die Schüler in den Wechselunterricht gehen. Konträr dazu waren in den letzten Tagen die Worte des Ministerpräsidenten. Söder beteuerte mehrmals, dass Schulschließungen in jedem Fall verhindert werden müssten. Will man also den nordrhein-westfälischen Weg gehen und sich von vom inzidenzgebundenen Unterricht verabschieden?

Das fordert der bildungspolitischer Sprecher der Landtags-FDP, Matthias Fischbach. "Wir können nicht zum Schulstart wieder in den Wechselunterricht starten. Das stünde nicht im Verhältnis", sagte er am Dienstag. Andere sind da verhaltener. Homeschooling sei zwar unbedingt zu vermeiden, sagt Schüler Zuber. Aber wenn die Inzidenzen ins Unermessliche steigen? So ist es gerade in NRW zu beobachten. Vielerorts ist die Inzidenz wieder dreistellig, die meisten Neuinfektionen entfallen auf die Gruppe der Zehn- bis 14-Jährigen.

Coronatests als Voraussetzung für die Rückkehr in die Schule?

Soll man Präsenzunterricht garantieren und die Kosten in Kauf nehmen - oder lieber auf Nummer sicher gehen? Es ist ein politisches Dilemma, das sich nicht leicht auflösen lässt. Entsprechend genervt ist die Stimmung. Man erlebe jetzt das selbe "Geeiere der letzten eineinhalb Jahre", sagt Simone Fleischmann vom Lehrerverband BLLV. Statt Flickschusterei brauche es jetzt einen "klaren bildungspolitischen Rahmenplan". Eine ähnliche Ansage kam am Dienstag auch vom Verband der Realschullehrer. "Wir brauchen eine klare Linie", so der Vorsitzende Jürgen Böhm.

Er forderte am Dienstag, Corona-Tests zur Voraussetzung für die Rückkehr an die Schulen zu machen. "Alles andere wäre Wahnsinn", so Böhm. Es ist eine Ansage, vor der man sich im Gesundheitsministerium gescheut hat - zu groß ist offenbar die Sorge vor der Reaktion der Eltern und Schüler. Diese sind angehalten, sich freiwillig testen zu lassen. Dasselbe Prinzip gilt auch für die Schulen bei den Reihenimpfungen vor Ort.

Ein Ansatz, den Waldmann von der SPD nicht nachvollziehen kann. Es bräuchte "konzertierte Impfaktionen", sagt Waldmann. Ein bisschen Drängeln dürfe man als Staat bei dem Thema schon: "Es geht schließlich drum, sich und andere zu schützen."

Fleischmann fordert, dass das Rahmenkonzept für die Schulen bis Ende des Monats stehen müsse. Es könnte eine Punktlandung werden: Dem Vernehmen nach soll der Ministerrat nächste Woche die Weichen für die Zeit nach den Ferien stellen.

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