Mitten in Bayern:Königinnen in der Verlängerung

Wirtshaus-Wiesn in Aying zur Zeit der Corona-Krise, 2020

Bayerns Bierkönigin Vroni Ettstaller bei der Wirtshaus-Wiesn in Aying 2020.

(Foto: Claus Schunk)

Die Pandemie hat allerlei bayerische Lebensmittelmajestäten in eine zweite Amtszeit gezwungen. Länger als die Apfelkönigin von St. Wolfgang werden wohl trotzdem die wenigsten regieren.

Glosse von Matthias Köpf

Warum hätte die Pandemie auch ausgerechnet am Gartenbauverein von St. Wolfgang einfach so vorüberziehen sollen? Zog sie natürlich nicht, und so ist vergangenes Jahr nicht nur die lang geplante Drei-Tage-Lehrfahrt für die Mitglieder ausgefallen. Aber jetzt, wo es vielleicht doch noch mal Frühling wird und laut einem Bericht der Wasserburger Zeitung am vereinseigenen Gelände die ersten Arbeiten anstehen, treiben auch die Planungen des Vorstands wieder aus. Zum Beispiel für den Gartlertag Anfang Oktober. Der würde dann weiterhin unter der Regentschaft von Raphaela I. stattfinden, denn auch das ist ein Corona-Effekt: Die Amtszeit der örtlichen Apfelkönigin verlängert sich krisenhalber von zwei auf vier Jahre. Raphaela I. wird damit wohl zu einer Art Elisabeth II. unter Bayerns Lebensmittelmajestäten.

Dabei ist Raphaela I. erst 21, aber da fallen volle vier Jahre nur umso mehr ins Gewicht. Andererseits waren ihre bisherigen Auftritte als Apfelkönigin von St. Wolfgang auch überschaubar und bestanden im Wesentlichen aus dem Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten, der Grünen Woche und einer Art Staatsbesuch bei irgendeiner anderen Königin. Da war das Programm von Bayerns Bierkönigin trotz Corona schon ein bisschen straffer. Der Brauerbund nummeriert nicht durch, aber Vroni Ettstaller dürfte in dieser Kombination wohl Vroni Ettstaller I. sein. Ihre ebenfalls pandemiebedingte zweite Amtszeit hat sie inzwischen aber schon fast wieder hinter sich, im Mai soll wieder gewählt werden. Als Bierkönigin hatte sie seit 2019 rund 280 Termine absolviert, bis Corona kam und den Zapfhahn ziemlich zugedreht hat.

Die Bierkönigin ging notgedrungen in die Verlängerung, so wie zahlreiche Prinzenpaare, Elternbeiräte und andere Amtsträger auch. Dass zum Beispiel der geplante Auslandsbesuch der bayerischen Bierkönigin in Indien der Pandemie zum Opfer fiel, ist natürlich schade. Aber andererseits könnten ja - ihre Existenz mal vorausgesetzt - auch zuerst die indische Okra-Königin oder die Yams-Königin aus Ghana hier in Bayern zu Besuch kommen, und ja: Könige wären auch willkommen. Dann könnte die Apfelkönigin von St. Wolfgang ihnen ihre Amtsinsignien zeigen, falls es da welche gibt. Und eine Reichsbirne wird es schon nicht sein.

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