Corona-Krise:Bayern stellt Corona-Tests "für jedermann" auf den Prüfstand

Kostenloser Corona-Test an Rastanlage

Mitarbeiter vom Bayerischen roten Kreuz stehen in einem Corona-Testzentrum an der Autobahn 8 an der Rastanlage Hochfelln-Nord.

(Foto: Sven Hoppe/picture alliance/dpa)

Bislang können sich Bürger auch ohne Symptome oder Risikokontakte untersuchen lassen. Ob die Strategie angesichts steigender Infektionszahlen Bestand hat, ist ungewiss. Am Dienstag will das Kabinett darüber beraten.

Von Dietrich Mittler

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie will sich das Kabinett am Dienstag mit der bayerischen Teststrategie beschäftigen. Bislang können sich die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats kostenlos auf eigenen Wunsch hin auf Corona testen lassen. Wie lange der Freistaat aber an den PCR-Tests für jedermann festhält, steht angesichts stetig steigender Infektionszahlen zur Disposition. "Wir müssen jetzt sehen, ob bei steigendem Testaufkommen die Kapazitäten weiter ausreichen", hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jüngst im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel erklärt.

Dass sie auch weiterhin Corona-Tests für jedermann für sinnvoll halten - also auch für jene Personen, die keine Symptome von Covid-19 aufweisen -, daran lassen Gesundheitsministerin Melanie Huml und ihr Staatssekretär Klaus Holetschek (beide CSU) keinen Zweifel aufkommen. "Wer Sorge hat, dass er sich infiziert haben könnte, soll sich Gewissheit verschaffen können", teilte Huml auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung  mit.

Gerade in Zeiten rasant steigender Infektionszahlen und eines immer diffuseren Infektionsgeschehens sei es wichtig, den Menschen Sicherheit zu geben. "Wir brauchen diese Tests, weil es auch viele Bürgerinnen und Bürger gibt, die keine Symptome haben und trotzdem das Virus in sich tragen", sagte Huml. Holetschek seinerseits hatte in einem Interview mit dem Münchner Merkur zum Test für jedermann erklärt: "Wir werden den Weg jetzt weitergehen." Wichtig ist ihm aber auch das: "Ich hoffe, dass sich die Menschen nur dann testen lassen, wenn es wirklich notwendig ist."

Im Einklang mit Söder ist Huml und Holetschek aber durchaus klar: "Sollte es die Situation erfordern, werden wir die nötigen Maßnahmen ergreifen und unsere Teststrategie anpassen." Erwiesen sei aber auch, "dass die Testung für jedermann in der Laborauslastung eine eher nachrangige Rolle spielt". Das Gesundheitsministerium, so Huml, stehe im "kontinuierlichen Austausch mit Vertretern der Labore, den Herstellern, der Ärzteschaft und der Universitätsmedizin, um sicherzustellen, dass ausreichend Labor- und Testkapazitäten vorhanden sind". Fakt ist: Testlabore in Bayern berichten aktuell davon, dass sie "am Limit arbeiten", wie es etwa auch aus dem Uniklinikum Regensburg heißt.

"Es gibt aber auch noch große Laboranbieter, die sagen, sie hätten weiterhin Kapazitäten", sagte Holetschek am Sonntag. Ob es zu Korrekturen an Bayerns Teststrategie kommt, ließ er offen: "Das Ganze ist ein atmendes System." Natürlich aber müsse man immer wieder draufschauen, "ob dieses System noch funktioniert".

Antigen-Schnelltests, darauf bauen Huml und Holetschek, könnten bald schon dabei helfen, die Testlabore im Freistaat zu entlasten - und dadurch auch ermöglichen, dass die Teststrategie selbst dann beibehalten werden kann, wenn die Infizierten-Zahlen virulent ansteigen. Bayern hat nach Angaben von Gesundheitsministerin Huml "insgesamt 10,5 Millionen Antigen-Schnelltests gesichert".

Die Zahl der Neuinfektionen ist in Bayern weiterhin hoch. Allein am Samstag wurden 4143 neue Fälle gemeldet, am Sonntag registrierte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 2875 neue Fälle. Die Zahlen sind höher als vor einer Woche. Da hatte das LGL am Samstag 2963 und am Sonntag 2036 Neuinfektionen gemeldet. Ministerpräsident Söder gibt sich indes zuversichtlich, dass der "Lockdown light" Wirkung zeigt. Ministerin Melanie Huml sagte: "Ich weiß, dass unser Teil-Lockdown anstrengend und fordernd ist. Aber er ist wichtig, um die Zahl der Neuinfektionen so schnell wie möglich zu senken."

Am Lockdown führt auch aus Sicht der in Erlangen ansässigen Gesellschaft für Virologie (GfV) kein Weg vorbei. "Die Zeit zu handeln ist jetzt, bevor ein Punkt erreicht wird, an dem jede Maßnahme zu spät kommt", heißt in es der jüngsten GfV-Erklärung. Es gelte zu gewährleisten, dass "Covid-19-Erkrankte und alle anderen Patienten weiterhin eine optimale Krankenhausversorgung erhalten".

Wie die Krankenhäuser mit der Infektionslage umgehen

Unterdessen setzen Bayerns Krankenhäuser zum Schutz ihrer Patienten und ihres Personals zunehmend auf den Einsatz von Antigen-Schnelltests. Auch in Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sollen sie laut Gesundheitsministerium demnächst verstärkt verfügbar sein. Insbesondere Altenheime befürchten derzeit neue Corona-Ausbrüche mit Todesopfern. Am Samstag starb in einem Ochsenfurter Seniorenheim eine an Covid-19 erkrankte Bewohnerin. Die 90-Jährige sei mehrfach vorerkrankt gewesen, teilte das Landratsamt in Würzburg mit. Vergangenen Mittwoch war in Ochsenfurt bereits ein infizierter 88-Jähriger gestorben.

Das Klinikum Schongau gehört zu jenen Häusern, in denen Schnelltests schon im großen Stil zum Einsatz kommen. Viele Mitarbeiter dort, Stand Freitag 88 Beschäftigte, wurden positiv auf Corona getestet. Hinzu kommen Patienten, die in Schongau wegen anderer Erkrankungen behandelt wurden und sich erst im Klinikum angesteckt haben. Am Freitagabend hieß es, dass noch 14 solcher Patienten im Schongauer Krankenhaus lägen. Seit 24. Oktober waren im Klinikum Schongau fünf der Patienten gestorben, die sich dort infiziert hatten.

Auf Initiative der Krankenhaus GmbH des Landkreises Weilheim-Schongau ermitteln nun in dieser Angelegenheit die Staatsanwaltschaft München II und die Kripo Weilheim. Leitende Ärzte der Krankenhaus GmbH gehen davon aus, dass die hochbetagten Patienten "mit, aber nicht an Corona" verstorben seien. Es sei nun jedoch Sache der Staatsanwaltschaft, die Todesursache ermitteln zu lassen.

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