Süddeutsche Zeitung

Freizeit trotz Corona:Was Bayerns Städte für den Corona-Sommer planen

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Pop-up-Biergärten, Strandkorb-Konzerte, Festivalzonen - viele Städte haben große Pläne. Falls die Pandemie es zulässt.

Von Florian Fuchs, Matthias Köpf, Clara Lipkowski und Lisa Schnell

Bei jedem Sonnenstrahl strömen die Menschen ins Freie, getrieben vom Wunsch, dem Corona-Alltag zu entkommen. Endlich nachholen, was das Virus einem so lange versagte: Konzerte, Theater, Biergärten, Marktfeste. Das ist die Hoffnung für den Sommer. Viele Städte planen Sommerdulten und Open-Air-Konzerte. All die schönen Pläne aber platzen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz einen Wert von 100 übersteigt. Dann nämlich verbietet die vom Bund beschlossene Notbremse Kulturveranstaltungen. "Für die Kulturbranche ist das ein Desaster", sagt Carola Kupfer, Präsidentin der Kulturwirtschaft in Bayern.

Dass Veranstaltungen im Freien nicht möglich sein sollen, gehe an wissenschaftlichen Erkenntnissen vorbei und sei "nicht einzusehen". Auch in einigen Rathäusern hält sich das Verständnis für die Bundesregelung in Grenzen. In Passau etwa beschloss der Kulturausschuss gerade fraktionsübergreifend, dass Kulturbetriebe mit Hygienekonzepten auch dann öffnen sollen, wenn die magische 100 überschritten wird. Vielerorts aber bleibt am Ende nur die Hoffnung auf sinkende Inzidenzen. Ein Überblick - unter Vorbehalt - was dieser Sommer zu bieten hat

Augsburg

In Augsburg hat die Stadt in einer großen digitalen Runde Gastronomen und Kulturschaffende Anfang des Jahres an dem Prozess beteiligt, einen Stadtsommer zu organisieren, wie er bereits 2020 zum Erfolg geworden war. Es soll ein Stadtstrand aufgeschüttet werden als Erholungsfläche, die Außengastronomie wird von Donnerstag bis Samstag bis ein Uhr nachts offen haben, an diesen Tagen sollen abends zentrale Straßen für den Autoverkehr gesperrt werden.

Auf dem städtischen Volksfestgelände und in der Innenstadt sind Plätze freigehalten für Schausteller, zudem ist eine Art Festivalzone vorgesehen für bis zu 500 Besucher, dazu Bühnen in der Innenstadt - teils bereits von Mai an. Unter dem Hashtag #augsburgbewegt können Kulturinitiativen bis 14. Mai Ideen für ein Kulturprogramm einreichen. 30 000 Euro stellt das Kulturamt dafür zur Verfügung. Sobald es die Pandemie zulasse, könne Augsburg sofort durchstarten, sagte Oberbürgermeisterin Eva Weber. Die Idee dahinter ist ein atmendes System, das auf die zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Hygiene- und Infektionsschutzbestimmungen reagiert. Dass nicht bereits alle Angebote, die von Mai an geplant sind, auch zu diesem Zeitpunkt angeboten werden könnten, war dem Augsburger Rathaus klar. Sie sollen starten, sobald es möglich ist.

Regensburg

Insgesamt neunzehn Orte hat die Stadt für Veranstaltungen ausgewählt. Es soll einen "Kinderkultursommer" geben, ein Singer-Songwriter-Festival und auf der Jahninsel ein Open-Air-Festival für die freie Szene. Auch Projektionen auf die Regensburger Fassaden sind geplant und ein Klassik-Open-Air im Innenhof des Thon-Dittmer-Palais. In der Altstadt werden gerade Plätze geprüft, wo Schausteller ihre Stände aufbauen können. Für Gastronomen und Schausteller hat die Stadt die Gebühren gesenkt und Gastronomen, die über keine Freischankfläche verfügen, sollen in Grünanlagen oder Parks bewirten dürfen.

Die sogenannte "Luca-App" soll bei der Kontaktverfolgung helfen und für alle Regensburger kostenlos sein. Klettert die Inzidenz doch über 100 und eine Veranstaltung muss abgesagt werden, trägt das finanzielle Risiko der Veranstalter, so Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD). "Ich kann mir vorstellen, dass im Außenbereich sehr viel mehr möglich ist", kommentiert sie die Bundesregelung. Auch die sich ständig ändernden Regelungen im Freistaat seien "ein Unsicherheitsfaktor". Die Verwaltung sei angewiesen "alles möglich zu machen, was möglich ist". Das umstrittene nächtliche Betretungsverbot auf der Jahninsel aber soll weiter bestehen bleiben. Um 23 Uhr ist dann Schluss. Alle anderen Kulturveranstaltungen sollen um 22 Uhr enden.

Rosenheim

Auch in mittelgroßen Städten wie Rosenheim soll es heuer wieder Sommer werden, als Veranstaltungsreihe wird der "Sommer in Rosenheim" im besten Fall von Juni bis Ende August dauern. Die Stadt lässt dafür auf der Loretowiese, einem zentrumsnahen Park- und Festplatz, 250 Tonnen Sand zu Beachvolleyballfeldern aufschütten. Von Donnerstag bis Samstag jeder Woche soll es in der Altstadt Jazzkonzerte geben, Künstler sollen einige leer stehende Ladenlokale als öffentliche Ateliers mit "Pop-up-Kultur" beleben. Vieles wird von Vereinen getragen, auch die Theateraufführungen im Künstlerhof. Am Rosenheimer Sommerfestival treten dagegen üblicherweise mindestens bayernweit bekannte Profis auf. Das Festival wird heuer nach derzeitiger Planung vom 25. Juni bis zum 8. August als "Strandkorb-Open-Air" stattfinden. 450 solcher Körbe will der Veranstalter für die Zuschauer im Mangfallpark aufstellen - in coronakonformem Abstand, wie es heißt. Denn ganz unabhängig von der Pandemie kann sich auch das 2020 besonders früh und schwer betroffene Rosenheim nicht machen. Der Kultursommer nach dem Baukastenprinzip soll nun das kurzfristige Improvisieren erleichtern. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 als alleinigem Kriterium kann sich OB Andreas März nicht anfreunden. Er fordert, stattdessen auch die Inzidenz im Umland, die Auslastung der Klinken und den Impffortschritt heranzuziehen - und notfalls wenigstens getestete und geimpfte Gäste einzulassen.

Nürnberg

Einem Konzert lauschen auf dem Boot, coronakonform in sicherer Entfernung - das ging in Nürnberg im ersten Pandemiejahr und soll im Juni und Juli 2021 wiederholt werden. Am Dutzendteich, auf dem ehemaligen Gelände der Reichsparteitage, sollen diesmal statt drei sogar zehn Termine zu Wasser stattfinden. "Unsere Planungen laufen auf Hochtouren", sagte Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) am Montag. Damit will man in Nürnberg Ersatz schaffen für das Bardentreffen, ein für die Stadt wichtiges Musikfestival, das sonst bis zu 200 000 Menschen vor allem in die enge Altstadt lockt. Am Rande des Innenstadtrings plant Nürnberg dafür zudem eine Zweitbühne. Von Mitte Juni an für sechs Wochen soll sie Musikerinnen und Künstlern offen stehen - entsprechende Inzidenzwerte vorausgesetzt. Ausschlaggebend seien das bayerische Infektionsschutzgesetz und die Bundesnotbremse, sagte Sprecher Andreas Franke, nicht etwa die Auslastung der Krankenhäuser.

Das Nürnberger Staatstheater prüft, ob es eine Bühne auf dem Platz vor dem Theatergebäude aufbauen kann. 20 Museen tun sich derzeit zusammen, um von Juli bis September 150 Konzerte, DJ-Sets und Lesungen zu realisieren, unter anderem erstmals im Garten des Tucherschlosses. Und auch in der Außengastronomie hat sich die Stadt einiges vorgenommen: Nach dem Lockdown wolle man wie 2020 "großzügig und pragmatisch" Freischankflächen und Außenbestuhlung in "verkürzten Verfahren" ermöglichen, sagte Franke: 2020 waren knapp 300 Flächen für Außenbestuhlung erlaubt worden, darunter "Pop-up-Biergärten" an mehreren Orten in der Stadt, auf Parkplätzen und im Burggraben.

Noch in der Schwebe ist die Frage, ob Schausteller ihre Pläne für einen mobilen Freizeitpark auf dem Volksfestplatz umsetzen können. Derzeit wären sie nicht zulässig. "Wann das - inzidenzabhängig - sein kann, kann derzeit keiner sagen", meinte Franke. Wie viel genau für das Sommerprogramm investiert werde, sei noch nicht bezifferbar, teilte die Stadt mit. Teils sollen Flächen kostenlos genutzt werden können. Fest steht, dass der Stadtrat für Open-Air-Veranstaltungen der freien Kulturszene 100 000 Euro bewilligt und die Kulturförderungen insgesamt von pandemiebedingten Etat-Kürzungen ausgenommen hat.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2021
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