Gesundheit:Bayern lockert die Corona-Regeln

Gesundheit: Maske im öffentlichen Nahverkehr? Das ist längst nicht mehr für alle Menschen selbstverständlich. Und bald vielleicht auch nicht mehr nötig.

Maske im öffentlichen Nahverkehr? Das ist längst nicht mehr für alle Menschen selbstverständlich. Und bald vielleicht auch nicht mehr nötig.

(Foto: Michael Weber/imago)

Ab Mittwoch fällt die Isolationspflicht für Corona-Infizierte weg. Doch was heißt das für Schüler und Lehrer? Und muss man in der Bahn eigentlich noch eine Maske tragen? Antworten auf die dringendsten Fragen.

Von Patrick Wehner

Corona ist aus vielen Köpfen offenbar bereits verschwunden. Wer regelmäßig mit Bus oder Zug fährt oder in den vergangenen Wochen ein öffentliches Gebäude besucht hat, wird womöglich festgestellt haben, dass Corona-Regeln nicht mehr ganz so konsequent eingehalten oder durchgesetzt werden. Sprich: Immer weniger Menschen tragen eine Maske. Selbst wenn bei Verstößen eigentlich empfindliche Strafen drohen. Auch bei der Staatsregierung deutet sich im Umgang mit dem Virus ein Laissez-faire an. Vergangenen Freitag hat Bayern angekündigt, gemeinsam mit drei anderen Bundesländern die Corona-Isolationspflicht abzuschaffen. Schon ab Mittwoch sollen daher nun in vielen Bereichen neue Regeln gelten. Ein Überblick.

Allgemeine Isolationspflicht

Grundsätzlich gilt: Die mindestens fünftägige Isolationspflicht für Corona-Infizierte gehört der Vergangenheit an. Positiv Getestete sollen aber in den ersten fünf Tagen außerhalb der eigenen Wohnung eine Maske aufsetzen müssen. Zusätzlich gilt ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot in medizinischen und pflegerischen Bereichen mit vulnerablen Personengruppen sowie in bestimmten Gemeinschaftsunterkünften, ebenfalls für fünf Tage. Die Schutzmaßnahmen gelten laut Gesundheitsministerium fort, bis mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit besteht. Sie enden jedoch auch bei symptomatischen Personen spätestens nach Ablauf von zehn Tagen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat diese Pläne bereits vergangene Woche kritisiert. "Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung", sagte der SPD-Politiker. Er sprach von einem Fehler und warnte vor einem "Flickenteppich" mit verschiedenen Isolationsregeln in den Bundesländern. "Es gibt auch keinen medizinischen Grund, jetzt auf die Isolationspflicht zu verzichten", sagte Lauterbach. Es gebe etwa 1000 Todesfälle durch Covid pro Woche, man stehe vor einer "wahrscheinlich schweren Winterwelle" und sei "am Vorabend einer ansteckenderen Variante". Es sei deshalb nicht wirklich verantwortbar, die Isolationspflicht wegzunehmen.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kann die Sorgen Lauterbachs jedoch nicht teilen: "Wir lassen der Pandemie keinen freien Lauf. Nach Rücksprache mit Experten haben wir uns für ein Bündel an Schutzmaßnahmen entschieden". Damit schaffe man die Balance zwischen Eigenverantwortung und dem Schutz vulnerabler Personengruppen. Die seit Wochen sinkenden Infektionszahlen scheinen Holetschek teilweise Recht zu geben, zumindest im Moment. Am Dienstagmorgen meldete das Robert Koch-Institut eine Inzidenz von 150,8 für den Freistaat.

Bus und Bahn

In Fernzügen ist die Maskenpflicht per Bundesgesetz nach wie vor gültig. Im Nahverkehr aber entscheiden die Länder. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat nun zwar eine Lockerung der Maskenpflicht zum Schutz vor Corona-Infektionen im öffentlichen Nahverkehr ins Spiel gebracht. "Wir werden bei gleichbleibender Infektionslage über die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr nachdenken", sagte Söder in einem Zeitungsinterview. Bislang hat die Staatsregierung jedoch keine Beschlüsse in diese Richtung gefasst. Noch bis zum 9. Dezember gelten die Corona-Regeln der Siebzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (17. BayIfSMV). In Bussen, Bahnen und Taxen muss man nach wie vor eine medizinische Maske (OP-Maske) tragen.

Danach allerdings könnte die Maskenpflicht im ÖPNV fallen. Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sieht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass man in den kommenden Wochen in der Koalition entscheidet, die Maskenpflicht am 9. Dezember aufzuheben. "Das wäre ein passender Tag, wenn es nicht ganz neue, dramatische Entwicklungen gibt." Schleswig-Holstein hatte bereits vor ein paar Tagen angekündigt, die Maskenpflicht in Bus und Bahn kippen zu wollen. Bereits seit 1. Oktober gibt es im Flugverkehr innerhalb Deutschlands keine allgemeine Maskenpflicht mehr.

Schulen

Auf Anfrage schreiben sowohl das Kultusministerium als auch das Gesundheitsministerium nahezu wortgleich: Grundsätzlich gelten für Schulen die gleichen Regeln wie für den Rest des Freistaats. Sprich: Positiv Getestete brauchen sich nicht mehr zu isolieren, müssen aber die ersten Tage eine Maske tragen. Staatskanzleichef Florian Herrmann sagte nach der Sitzung des Kabinetts am Dienstag: " Eine Absonderung ist nicht mehr erforderlich. Das gilt für alle Lebensbereiche, deshalb gilt das auch für die Schule. Es ist der Absprung aus der Pandemie Richtung Normalität." Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ergänzte: "Wenn ein Kind krank ist, bleibt es sinnhafter zuhause. Wenn es positiv getestet ist, ist es auch sinnhaft, die wenigen Tage zuhause zu bleiben." Wenn die Eltern aber darauf bestünden, dass das Kind in die Schule gehen soll, dann müsse es eben dort diese wenigen Tage eine Maske tragen.

Vertreter der bayerischen Lehrerverbände hatten im Vorfeld der Sitzung klare und umsetzbare Regeln gefordert, "die einen sicheren Unterrichtsbetrieb in Präsenz für alle Beteiligten ermöglichen". Die Maßnahmen in Schulen dürften sich dabei aber nicht zu weit von den sonst geltenden Regeln unterscheiden, da es sonst zu Akzeptanzproblemen kommen könnte. Zudem müssten die Verantwortlichen in Wissenschaft und Politik klar definieren, was "krank" oder "ansteckend" bedeute.

Kliniken und Pflegeheime

Besucherinnen und Besucher, deren Corona-Test positiv ist, dürfen diese Einrichtungen nicht besuchen. Ausnahmen gelten für heilpädagogische Tagesstätten. Auch für positiv getestete Beschäftigte, Betreiber oder Ehrenamtliche in diesen Bereichen gilt ein Tätigkeitsverbot. Jedoch mit Ausnahmen: Laut Gesundheitsministerium gilt das Verbot nicht in heilpädagogischen Tagesstätten sowie für Beschäftigte, Betreiber und ehrenamtlich Tätige von Krankenhäusern, von Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, von voll- und teilstationären Einrichtungen zur Unterbringung und Betreuung behinderter Menschen sowie von Rettungsdiensten, soweit die oben genannten Personen jeweils in Bereichen ohne vulnerable Personen eingesetzt sind. Auch in Obdachlosenunterkünften, Gemeinschaftseinrichtungen für Asylbewerber und Justizvollzugsanstalten gelten bei einem positiven Test Betretungs- und Tätigkeitsverbote.

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