Streit um Inzidenzzahlen:FDP wertet Wechsel beim LGL als "Schuldeingeständnis"

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Erst der Streit über die Zählweise der Inzidenzen in Bayern, nun ist Walter Jonas bald nicht mehr Chef des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittel: für die Liberalen ein Schritt, in der Debatte nochmal nachzulegen.

Von Andreas Glas und Christian Sebald, München

Nach dem angekündigten Wechsel an der Spitze des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bleiben Fragen zur Berechnung der bayerischen Inzidenzzahlen weiter offen. Anfang Dezember hatte LGL-Präsident Walter Jonas, der die Behörde zum 1. Februar 2022 verlassen wird, die Zählweise verteidigt, alle Infizierten mit unbekanntem Impfstatus als nicht geimpft zu auszuweisen.

Begründet hatte Jonas dies damit, dass sich die unbekannten Fälle "nach später vorliegenden Daten in der weit überwiegenden Anzahl" als nicht geimpft erwiesen hätten. Doch bis heute ist das LGL offenbar nicht in der Lage, diese Daten vorzulegen. Am Mittwoch blieb eine SZ-Nachfrage in dieser Sache zunächst unbeantwortet.

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Vor diesem Hintergrund wertet es FDP-Landtagsfraktionschef Martin Hagen als "Schuldeingeständnis" der Staatsregierung, dass LGL-Chef Jonas durch den Mediziner Christian Weidner ersetzt werden soll. CSU-Generalsekretär Markus Blume kontert, Hagen reihe "sich langsam ein in die Gruppe der Verschwörungstheoretiker". Konkret erhebt die FDP den Vorwurf, das LGL habe die Inzidenz bei Geimpften gezielt klein gerechnet und damit "ein wichtiges Warnsignal deaktiviert und in Bayern die deshalb so wichtigen Booster-Impfungen viel zu spät und zaghaft vorangetrieben", wie der Abgeordnete Matthias Fischbach sagte.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat diese Kritik mehrfach zurückgewiesen und betont, dass die Zählweise keinen Einfluss auf politische Entscheidungen gehabt habe. Inzwischen weist das LGL die getrennten Zahlen nicht mehr aus. Auf der Homepage der Behörde heißt es, wegen der hohen Fallzahlen und der "hohen Arbeitsbelastung der Gesundheitsämter ist eine aussagekräftige Aktualisierung bezüglich des Impfstatus derzeit nicht möglich".

Karriereziel beinahe verhagelt

FDP-Mann Hagen bezeichnet LGL-Chef Jonas als "Bauernopfer" von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der wiederum nennt den Wechsel an der LGL-Spitze einen "Vorschlag des Gesundheitsministeriums", dem die Behörde unterstellt ist. Zudem sei die Personalie "schon länger geplant gewesen".

Aus Regierungskreisen ist zu vernehmen, dass die Politik bereits seit geraumer Zeit lieber einen Mediziner an der Spitze der Behörde gesehen hätte. Aus Behördenkreisen ist wiederum zu hören, dass der Jurist Jonas schon seit Längerem nicht mehr ganz glücklich gewesen sei mit seiner Aufgabe beim LGL und auf das Amt des Regierungspräsidenten geschielt habe.

Seine unglückliche Rolle in der Debatte um die Inzidenzzahlen soll ihm dieses Karriereziel beinahe verhagelt haben, der Ärger in der Staatsregierung war groß. Statt Regierungspräsident von Oberbayern zu werden, was Jonas sich gewünscht haben soll, schickt ihn der Freistaat nun in die Oberpfalz.

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