Die Zahl der mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 Infizierten steigt stetig an. Am Mittwochmorgen wurde vom Robert-Koch-Institut (RKI) aus 13 Städten und Landkreisen in Bayern eine Sieben-Tage-Inzidenz über 50 gemeldet - zum Teil sogar deutlich darüber wie etwa in der oberpfälzischen Stadt Weiden mit 86,6. Mit dem Anstieg der Inzidenzwerte war nach Angaben von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zu rechnen. "Überraschend ist vielleicht nur, dass sie bereits so früh ansteigen", sagte er am Telefon. Das Ausbruchsgeschehen sei nach wie vor "sehr diffus", doch bei den aktuell Infizierten handele es sich zum Großteil um Personen, die noch nicht geimpft sind.
"Am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei Ungeimpften in Bayern bei 58 pro 100 000 Einwohner. Dagegen beträgt sie bei Geimpften in Bayern nur 5,75 pro 100 000 Einwohner", teilte das Gesundheitsministerium mit. "Sich impfen zu lassen, ist jetzt das Gebot der Stunde. Die beginnende vierte Welle zeichnet sich unverkennbar ab", sagte Holetschek. Angesichts dieser Entwicklung wächst die Sorge, ob der Schulbetrieb nach den Ferien ohne Einschränkungen beginnen kann.

Bildung in Bayern:Mehr als 400 Millionen Euro für Schüler-Schnelltest
Der Freistaat bezahlte für die 15 Millionen Tests im Schnitt jeweils 4,70 Euro. Die Grünen kritisieren die Kosten. Zumal es eine Alternative gibt.
Nevio Zuber, der stellvertretende Sprecher des Landesschülerrats, erklärte: "Es gilt, um jeden Preis weitere Schulschließungen zu vermeiden." Zuber macht keinen Hehl daraus, dass er "Impfaktionen an Schulen auf jeden Fall" empfiehlt. Bereits Anfang Juli habe der Landesschülerrat gefordert, Impftrupps direkt an die Schulen zu schicken. Doch groß angelegte Aktionen dieser Art sind von der Staatsregierung nach wie vor nicht geplant.

Newsletter abonnieren:Mei Bayern-Newsletter
Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.
Seitens der Landtagsopposition hagelt es deshalb Kritik. Sowohl bei den Corona-Tests an Schulen als auch bezüglich einer systematischen Impfung von Schülerinnen und Schülern mangele es an "vorausschauender Planung". Ruth Waldmann, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, warf der Staatsregierung vor, "unkoordiniert herumzuwurschteln". Und: "Kultusminister Michael Piazolo hat sich um nichts gekümmert. Es gibt keine Impfprogramme an den Schulen." Wie auch die Grünen, empört sich Waldmann darüber, wie viel Impfstoff in Bayern weggeworfen werde. Jetzt räche sich, "dass keine Impfaktionen an den Schulen vorbereitet wurden".
Piazolo (FW) wies das zurück: "Selbstverständlich werden nach Unterrichtsstart am 14. September vor Ort an Schulen Impfungen durchgeführt." Das allerdings nur, "wenn Impfzentren, Schulen und Schulaufwandsträger sich darauf verständigen". Im Übrigen gelte: "Eltern, die ihre Kinder impfen lassen wollen, können dies bereits in Impfzentren und bei Hausärzten tun." Wie SZ-Recherchen ergaben, ist indes bei vielen Schulleitern in Bayern die Sorge groß, dass ihre Schülerinnen und Schüler sozialem Druck ausgesetzt sein könnten, wenn Impftrupps direkt an die Schulen kommen. Eine Auffassung, die Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, teilt. Impfungen vor Ort dürften "keine schulischen Veranstaltungen sein", fordert sie.
Werner Bumeder (CSU), Landrat im niederbayerischen Kreis Dingolfing-Landau, ist zuversichtlich, dass nach den Ferien "ein einigermaßen geregelter Schulbetrieb" möglich ist. Aktuell weist sein Landkreis hinter Weiden den landesweit zweithöchsten Inzidenzwert auf - 80,7 am Mittwoch. Da der Wert bereits seit Tagen über der 50er-Marke liegt, ist im Kreis Dingolfing-Landau seit Montag das öffentliche Leben durch strengere Maßnahmen eingeschränkt. So etwa dürfen im öffentlichen Raum sowie auf privat genutzten Flächen nur jeweils zehn Personen zusammenkommen, und das begrenzt auf maximal drei Hausstände. Auch gelten strengere Auflagen für Ungeimpfte. Sie müssen sich unter anderem vor dem Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen oder Schwimmbädern testen lassen.
Dass die Sieben-Tage-Inzidenz in seinem Kreis so rapide ansteigt, war laut Bumeder nicht absehbar. "Wir hatten einige Fälle unter Saisonarbeitern, doch die Mehrzahl ist auf die Reiserückkehrer zurückzuführen. Überwiegend aus Kroatien", sagte er. Letzteres habe "etwa im familiären Umfeld" zu "anschließenden Folgefällen" geführt. "Auch einige Familien, die ihre Wurzeln in Osteuropa haben und nun in den Ferien die Verwandtschaft besucht und sich dort angesteckt haben, ließen die Inzidenz steigen", ist sich Bumeder sicher.
Ansonsten bestätigt sich, was sich derzeit vielerorts in Bayern abzeichnet: "Die höchste Inzidenz haben wir heruntergebrochen momentan in der ungeimpften Altersgruppe zwischen 15 und 30." Angesichts der nach wie vor geringen Auslastung der Intensivstationen mit Covid-19-Patienten rät Bumeder dazu, sich bei einschränkenden Maßnahmen nicht länger nur auf die Inzidenzwerte, sondern auch auf die Krankenhaus-Auslastung und die Impfquote zu stützen. Voraussichtlich am Montag, so betonte Gesundheitsminister Holetschek, sei mit einer überarbeiteten Fassung der Verordnung zum Infektionsschutz zu rechnen. "Ziel meines Hauses ist, die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz eins zu eins umzusetzen", sagte er. Demnach kann Bumeder davon ausgehen, dass sein Rat in Bayern bald Realität ist.