Corona-Pandemie:"Impfturbo" mit Startproblemen

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Wenig Dosen, skeptische Hausärzte - es geht nur langsam voran

Von Thomas Balbierer, München

Der von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) angekündigte "Impfturbo" gerät schon vor dem eigentlichen Start ins Stottern. Am Freitag hatte Holetschek angekündigt, dass Bayern als erstes Bundesland vom 1. April an auch die Hausärzte in die Impfstrategie einbeziehen wird. Bislang findet das Impfen in erster Linie in speziellen Zentren statt. Noch am selben Tag wurde bekannt, dass dem Turbo jedoch der nötige Treibstoff fehlen könnte: Impfstoffhersteller Astra Zeneca will bis zur Jahreshälfte nur noch 100 Millionen statt der angekündigten 220 Millionen Dosen an die Staaten der Europäischen Union liefern. Am Montagnachmittag der nächste Paukenschlag: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gab bekannt, dass Deutschland die Impfung mit Astra Zeneca vorübergehend aussetzen werde, nachdem es im Zusammenhang mit der Impfung in sieben Fällen zu Hirnvenenthrombosen gekommen war. Wer sich nach der Entscheidung, die Hausärzte ins Impfen einzubeziehen, Hoffnung gemacht hatte, kurz nach Ostern vom Arzt seines Vertrauens geimpft zu werden, wird enttäuscht: Anfangs werden die Impfstoffe "noch knapp" sein, betonte das bayerische Gesundheitsministerium. Da war die Nachricht des Impfstopps noch gar nicht in der Welt. Im April sollten die Hausärzte nach bisherigem Plan "schwerpunktmäßig immobile Patientinnen und Patienten in der eigenen Häuslichkeit" sowie Menschen mit Vorerkrankungen und einem hohen Risiko für einen schweren Corona-Verlauf behandeln.

Unklar war, wie viele Praxen im April überhaupt mitmachen würden. "So viele wie möglich", hoffte ein Ministeriumssprecher. Ziel sei, dass die Zahl der impfenden Hausärzte "im späteren Verlauf (...) in einem mittleren vierstelligen Bereich" liege. Doch manche Mediziner sind skeptisch und fürchten, den Unmut von Patienten auf sich zu ziehen, die noch nicht zum Zuge kommen. Der Hausärzteverband bat am Montag vorsorglich um Geduld. Patienten sollten jetzt nicht aktiv auf ihre Praxis zugehen, sagte Verbandschef Markus Beier. "Warten Sie bitte, bis sich Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt bei Ihnen meldet."

Auch die Sorge um einen hohen Bürokratieaufwand treibt die Ärzte um. Jene, die im Rahmen von Pilotprojekten bereits impfen dürfen, klagen über zu viel Papierarbeit. Auch die strenge Priorisierung der Ständigen Impfkommission sehen sie als Bremsklotz. Das Gesundheitsministerium versprach deshalb mehr Spielraum. Der Verwaltungsaufwand solle "so gering wie möglich gehalten" werden, die in der Impfverordnung festgelegte Priorisierung lediglich "als Grundlage" dienen, hieß es auf SZ-Anfrage. Bis zum Wochenende hatten 3,7 Prozent der Menschen in Bayern einen vollständigen Impfschutz erhalten, 8,1 Prozent zumindest die erste Impfung. Die Impfstoffknappheit bleibt das grundlegende Problem. Nun kommt auch noch der Impfstopp für Astra Zeneca hinzu, der die gesamte bayerische Impfkampagne zumindest vorübergehend infrage stellt. Was die Entscheidung konkret für den Freistaat bedeutet, konnte Holetscheks Haus am Montag bis Redaktionsschluss nicht beantworten. Kurz nach Spahns Pressekonferenz um 16 Uhr hatten einzelne Landratsämter, zum Beispiel im Landkreis Augsburg, das Impfen mit dem Vakzin bereits eingestellt. Mehr als 240 000 Menschen in Bayern sind bis Samstag mit Astra Zeneca geimpft worden.

© SZ vom 16.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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