Verteidigung:Rüstungsmilliarden für Bayern

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Bundeswehr in Bayern: Ein Soldat übt bei einem simulierten Gefecht am Computer für die Nato-Einsatzgruppe im Gefechtssimulationszentrum des Heeres in Wildflecken (Landkreis Bad Kissingen). (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Die Freien Wähler wollen möglichst viel Geld aus dem 100-Milliarden-Euro-Paket für die Bundeswehr in den Freistaat holen - und träumen von einem halben Comeback der Wehrpflicht.

Von Thomas Balbierer, München

Mit seiner Ankündigung, 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr investieren sowie künftig zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben zu wollen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Ende Februar Begehrlichkeiten bei Militär und Rüstungsindustrie geweckt. Auch in der bayerischen Politik wachsen Hoffnungen auf ein Milliardengeschäft. Am Montag legte die Landtagsfraktion der Freien Wähler (FW) ein Papier vor, in dem sie zum Beispiel höhere Investitionen in Personal, Ausrüstung und Standorte der Bundeswehr in Bayern fordert. "Es wäre schön, wenn jeder dritte Euro hier in Bayern ausgegeben würde", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der FW-Fraktion, Bernhard Pohl. Die Verteilung des Geldes ist Sache des Bundes.

Nach Angaben der Bundeswehr gab es in Bayern zuletzt rund 240 Liegenschaften in 90 Gemeinden. Seit einigen Jahren investiert der Staat wieder mehr in die Ausstattung der Standorte, statt wie im vergangenen Jahrzehnt eine Kaserne nach der anderen zu schließen. 2019 und 2018 flossen, nur als Beispiel, mindestens 190 Millionen Euro in Neu- und Umbauten sowie in Sanierungen. Eines der größten Projekte ist aktuell der Bau einer neuen Offiziersschule der Luftwaffe in Roth, Kostenschätzung: 200 Millionen Euro.

Mehr Soldaten

Mit dem Krieg in der Ukraine und der von Scholz im Bundestag ausgerufenen "Zeitenwende" wird in den kommenden Jahren noch mehr Geld fürs Militär nach Bayern fließen - wovon die einzelnen Bundeswehrstandorte, aber auch die bayerische Rüstungsindustrie profitieren werden. "Wenn man den Frieden will, muss man sich auch auf den Krieg vorbereiten", sagte Fraktionschef Florian Streibl am Montag. Geld allein reiche jedoch nicht, um die Bundeswehr nachhaltig zu stärken. "Wir müssen auch an unser Denken ran."

Konkret fordern die Freien Wähler zum Beispiel die Einführung eines verpflichtenden Gemeinschaftsjahres für junge Menschen, das bei der Bundeswehr oder im Sozial- oder Gesundheitswesen geleistet werden soll. "Wir müssen wieder mehr Soldaten haben. Aber die Gewinnung von Personal ist nicht einfach in einer Zeit, in der fast Vollbeschäftigung herrscht", begründete Bernhard Pohl die Forderung, die in der Vergangenheit auch schon aus anderen Parteien kam.

Die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 sei ein "großer Fehler" gewesen, sagte der Verteidigungsexperte und griff damit auch den Koalitionspartner CSU an - ohne ihn freilich beim Namen zu nennen. Das Aus für die Wehrpflicht geht auf den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zurück, wurde aber von einem breiten politischen Konsens getragen.

Tour durch die Kasernen

Pohls Parteikollege und Oberst a. D. Richard Drexl kritisierte, dass im Zuge dieser Entscheidung auch in Bayern "Standorte massiv reduziert" worden seien - auch unter der Billigung der damaligen CSU-geführten Staatsregierung. Die Luftwaffe in Bayern etwa sei "heute nur noch in Bruchstücken" vorhanden. Es sei dringend notwendig "unsere Verteidigungsfähigkeit wieder aufzubauen", forderte Drexl, der seit 2014 Präsident des Bayerischen Soldatenbundes ist und mehr als 40 Jahre in der Bundeswehr gedient hat.

Dass die deutschen Aufrüstungspläne auch als Konjunkturprogramm der Waffenhersteller verstanden werden, zeigten die nach oben schießenden Aktienkurven der großen Konzerne am Tag nach Scholz' Zeitenwende-Rede. Auch die Freien Wähler machen kein Geheimnis daraus, dass sie auf eine Stärkung der Rüstungsindustrie hoffen. "Dass bayerische Industriestandorte gut im Rennen sind, liegt ja auf der Hand", sagte Drexl und kritisierte die jüngste Entscheidung der Bundesregierung, F-35-Kampfjets aus den USA für die Luftwaffe zu kaufen.

Wie genau die Bundeswehr in Bayern vom 100-Milliarden-Paket des Bundes profitieren wird, ist unklar - noch ist das Geld, das einem im Grundgesetz festgeschriebenen Sondervermögen entspringen soll, gar nicht durch das Parlament genehmigt. Auch welchen Bedarf die bayerischen Stützpunkte tatsächlich haben, ist nicht so klar. Verteidigungspolitiker Pohl will deshalb in den kommenden Wochen durch die Kasernen touren, um sich über die Sorgen und Nöte der Armee zu informieren.

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