Ein 39-Jähriger im Landkreis Traunstein hat sich mit einer Sprengladung schwerste Gesichts- und Augenverletzungen zugezogen. Im Landkreis Passau explodierte ein Böller in der Hand eines 18-Jährigen. Im Landkreis Kitzingen erlitt ein 42-Jähriger Brandverletzungen im Gesicht, am Oberkörper und an den Händen. Silvester ist – außerhalb von München – in Bayern relativ friedlich verlaufen in diesem Jahr, schwere Verletzungen sind dennoch nicht ausgeblieben. Fünf Tote gab es deutschlandweit, zahlreiche Verletzte, weshalb nun wieder diskutiert wird: Braucht es ein Verbot für private Feuerwerke?
Die Gewerkschaft der Polizei hat dem Innenministerium eine Petition mit 1,5 Millionen Unterschriften übergeben, eine weitere Sammlung fand fast 500 000 Unterstützer. Es ist längst kein Anliegen einer kleinen Minderheit mehr und kommt auch nicht aus einer klar definierten gesellschaftlichen oder politischen Ecke: Viele Polizisten sind genauso dafür wie die Deutsche Umwelthilfe, die Bundesärztekammer spricht sich für ein Verbot aus. Auch in Bayern gibt es Diskussionen, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordert den Bund sogar auf, den Kommunen mehr Handlungsfreiheit zu geben, selbst über Verbote zu entscheiden. In diesem Fall würde er ein Bürgerbegehren initiieren. Wolfgang Fackler (CSU) aber, Bürgerbeauftragter der Staatsregierung, tritt auf die Bremse: Exzesse, sagt er, seien untragbar. „Deswegen aber allen, die friedlich miteinander feiern und das neue Jahr mit einer beliebten Tradition willkommen heißen wollen, das Feuerwerk zu verbieten, halte ich für überzogen!“

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Tatsächlich ist das Böllern deutschlandweit ohnehin streng reglementiert. So gibt es ein Verkaufsverbot gefährlicher Knallkörper, Feuerwerkskörper abzubrennen ist nur am 31. Dezember und 1. Januar jedes Jahres gestattet, ansonsten braucht es Sondergenehmigungen. Grundlage ist das Sprengstoffgesetz, ein bundesweites Böllerverbot könnte die Bundesinnenministerin per Verordnung erlassen. Kommunen, auch in Bayern, benennen alljährlich sogenannte Verbotszonen, wo in den Städten Böllerei auch zum Jahreswechsel ausgeschlossen ist – ein generelles Verbot können sie nicht aussprechen.
Verletzungen, Feinstaub, Abfall, verschreckte Tiere: Die Liste der Kritikpunkte am Böllern ist lang, inzwischen gibt es auch immer häufiger gezielte Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte. Gerade große Städte wie Augsburg erlassen deshalb ein generelles Feuerwerksverbot für große Teile der Innenstadt. Wer dort in der Silvesternacht unterwegs ist, darf nicht einmal pyrotechnische Gegenstände bei sich tragen, auch Glasflaschen und Dosen sind verboten.
Wobei solche Reglementierungen schwer zu überprüfen sind, wie die Stadt Nürnberg beklagt: Dort teilt die Stadt mit, dass die bestehenden Verbote von vielen Menschen nicht eingehalten würden. „Selbst in den ausgewiesenen und ausgeschilderten Verbotsbereichen und trotz intensiver Kontrollen durch die Polizei versuchen viele Menschen, dort Feuerwerkskörper abzubrennen.“ Gemeinsam mit anderen Städten setze sich Nürnberg dafür ein, dass der Gesetzgeber die Möglichkeiten für Kommunen erweitert, Feuerwerksverbote zu erlassen.
Lichtshows statt Feuerwerkskörper?
Das wollen, ähnlich wie Münchens Oberbürgermeister, auch die Grünen in Augsburg. Die Zahlen von bundesweit mehr als 2000 Tonnen Feinstaub und 200 Tonnen Müll allein in den fünf größten Städten Deutschlands in nur einer Nacht nennen die Augsburger Grünen „verheerend“. Zentrale Licht- oder Lasershows könnten eine attraktive Alternative sein, Feuerwerke sollten allenfalls noch in von der Stadt genehmigten Bereichen oder im Zuge zentraler, professioneller Feuerwerksshows stattfinden. „Ein verantwortungsvoller Umgang mit Silvesterfeuerwerken ist längst überfällig – im Interesse von Mensch, Tier und Umwelt“, sagt Sprecher Markus Schnitzler.
In anderen Städten sieht man die Lage dagegen weniger dramatisch: In Rosenheim etwa, sagt der Sprecher der Stadt, gebe es keine größeren, außergewöhnlichen Probleme rund um das Böllern. Bestehende Regulierungen und Verbotszonen reichten aus. „Ganz normal“ und „unspektakulär“ sei bei ihnen Silvester gewesen, heißt es vonseiten der Stadt Passau. Das Böllerverbot für den Altstadtbereich werde größtenteils eingehalten. Auch für die Stadt Würzburg sind laut einem Pressesprecher bundesweite Verbote „Sache des Gesetzgebers“. Eine Böllerverbotszone habe man in der Innenstadt erfolgreich umgesetzt, „die haben wir seit zig Jahren und die ist auch anerkannt“. Generell sei es ein ruhiges Silvester gewesen, Angriffe auf Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen habe es in Würzburg nicht gegeben.
„Von einem pauschalen Verbot von privaten Feuerwerkskörpern aller Art halte ich nichts“, sagt in diesem Sinne auch Wolfgang Fackler als Bürgerbeauftragter der Staatsregierung. Weil ein paar Unbelehrbare sich nicht an die Regeln hielten, sei der erste Reflex der Ruf nach Verboten und härteren Strafen. „Allerdings gelten für Körperverletzung und Sachbeschädigung auch heute schon die Regeln des Strafrechts.“ Es gehe vielmehr darum, Recht und Gesetz entschieden durchzusetzen, besonders bei Angriffen auf Rettungskräfte.