Boom bei den Verbrauchern:Bio-Lebensmittel sind gefragt - aber bayerische Bauern können nicht liefern

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Bio-Obst und -Gemüse sind gefragt bei Konsumenten in Bayern. (Foto: Bernd Settnik)

Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist kaum gewachsen, die Zahl der Bio-Betriebe sogar rückläufig - und die Ausbauziele der Staatsregierung werden krachend verfehlt. Warum sich ein Umstieg trotzdem noch lohnen kann.

Von Christian Sebald

Bio ist wieder in. Die Bio-Delle der vergangenen beiden Jahre, in der die Verbraucher wegen der hohen Inflation und Preissteigerungen bei Lebensmitteln wieder vermehrt auf konventionell erzeugte Produkte umgestiegen sind, ist Vergangenheit. Darin sind sich die vier großen Bio-Verbände Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter im Vorfeld der Fachmesse Biofach einig. „Wir rechnen für dieses Jahr mit einem echten Wachstum von sechs bis sieben Prozent“, sagt Andreas Hopf von der Vermarktungsgesellschaft Bio-Bauern, die Getreide und alle möglichen anderen Druschfrüchte aus ökologischem Anbau vermarktet. Die Biofach gilt als die weltgrößte Messe der Biobranche. Sie findet jeden Februar in Nürnberg statt, dieses Jahr von 11. bis 14. Februar.

Auch bei Milch, Fleisch und Eiern ist die Nachfrage nach Bio wieder enorm. „So enorm sogar, dass wir aktuell gar nicht genug heimische Ware liefern können“, wie Thomas Lang sagt. Er ist Vorsitzender der Landesvereinigung ökologischer Landbau in Bayern  (LVÖ), der Dachorganisation der vier großen Bioverbände. Die Absatzsteigerungen finden demnach in allererster Linie in Discounterketten wie Aldi oder Lidl und inzwischen auch in Drogeriemärkten statt. Der Biofachhandel profitiert kaum von dem neuen Boom. Im Gegenteil, seine Umsätze dürften dieses Jahr abermals leicht rückläufig sein, sage Experten.

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Zugleich wird immer deutlicher, dass die Bio-Bauern in Bayern mit dem Boom nicht Schritt halten können. Die landwirtschaftliche Nutzfläche, die die Mitgliedsbetriebe der großen Bioverbände bewirtschaften, ist laut LVÖ-Chef Lang nämlich nur um 4600 Hektar oder 1,3 Prozent auf 353 399 Hektar gewachsen.  Die Zahl der Betriebe ist sogar leicht rückläufig. Zum Jahresende 2024 zählten Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter 7582 Mitgliedshöfe. Das waren 1,2 Prozent weniger als Ende 2023 – ein Zeichen, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft auch Bio-Höfe betrifft. Etwa zwei Drittel der Bio-Bauern in Bayern sind in einem der vier großen Bioverbände Mitglied. Das andere Drittel gehört keinem Bioverband an und wirtschaftet ausschließlich nach den Bio-Vorgaben der EU.

Die LVÖ-Zahlen zeigen abermals, wie krachend die Staatsregierung ihre Bio-Ausbauziele inzwischen verfehlt. Nach dem Volksbegehren „Artenvielfalt in Bayern – Rettet die Bienen“ hatte Ministerpräsident Markus Söder 2019 das Ziel ausgegeben, dass der Anteil der Bio-Landwirtschaft in Bayern bis 2030 auf 30 Prozent steigen soll, und das den Landtag sogar im bayerischen Naturschutzgesetz verankern lassen. Als Zwischenziel für 2025 wurde ein Anteil von 20 Prozent definiert. Aktuell beträgt die Bio-Quote in Bayern aber nur 14 Prozent.

Der Rückstand dürfte Experten zufolge nicht mehr aufholbar sein. Zumal es mindestens ein Jahr dauern wird, bis die Landwirtschaft auf den Bio-Boom bei den Verbrauchern reagieren kann und wieder vermehrt Höfe umstellen. „Jetzt rächt sich, dass viele offizielle Stellen während der Bio-Delle den Bauern von der Umstellung abgeraten haben“, sagt Markt-Experte Hopf.  Er und andere Experten sind freilich zuversichtlich, dass auch Bauern von dem neuen Boom profitieren, die erst umstellen.  Denn er dauert ihrer Einschätzung nach sicher längere Zeit. Außerdem dürften die Preise anziehen, die die Bio-Bauern für ihre Produkte erlösen. „Umstellung macht Sinn“, sagt Hopf, „auch wenn sie erst bevorsteht.“

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