Süddeutsche Zeitung

Neue Studie:Biobauern sparen Millionen Euro an Umweltkosten

Forscher der TU München rechnen nach, wie viel Geld der Verzicht auf Kunstdünger und Agrarchemie der Gesellschaft jedes Jahr einbringt.

Von Christian Sebald

Helmut Steber kann sich noch gut erinnern. "Als wir Anfang der Neunzigerjahre den Eichethof auf Bio-Landwirtschaft umgestellt haben, da haben wir das in dem Geist getan, dass Bio besser ist für die Natur und die Umwelt als die konventionelle Landwirtschaft", sagt Steber und schränkt sogleich ein: "Wissenschaftliche Studien, die das eindeutig belegen, hatten wir aber keine." Das ist heute anders. Anfang des Jahres haben Professor Kurt-Jürgen Hülsbergen, der an der TU München ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme lehrt, und weitere Wissenschaftler nach langjährigen Forschungen Zahlen geliefert, die Stebers Credo von vor 30 Jahren klar bestätigen.

Bezogen auf die Umwelt-Folgekosten schneidet die Bio-Landwirtschaft demnach um 750 bis 800 Euro je Hektar Agrarfläche und Jahr besser ab als die konventionelle Landwirtschaft. Bei den aktuell etwa 13 Prozent Bio-Agrarfläche in Bayern macht das einen Kostenvorteil von 300 Millionen Euro im Jahr aus. Wenn man die 30 Prozent Bio-Landwirtschaft ansetzt, die der Freistaat bis 2030 anstrebt, steigt der Kostenvorteil sogar auf 750 Millionen Euro im Jahr. Das geht aus der Studie "Umwelt- und Klimawirkungen des ökologischen Landbaus" hervor. Hülsbergen und seine Kollegen haben sie Anfang des Jahres publiziert und jetzt mit dem Bund Naturschutz vorgestellt.

Das positive Abschneiden der Bio-Landwirtschaft hat Hülsbergen zufolge mehrere Hintergründe: Biobauern setzen keinen Kunstdünger und keine Agrarchemie auf ihren Flächen ein, außerdem verbrauchen sie deutlich weniger Energie als ihre konventionellen Kollegen. Mit entsprechend positiven Effekten für den Klima- und den Grundwasserschutz, die Artenvielfalt, den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und anderes mehr. Zugleich haben die Forscher gezeigt, dass Biobauern mit modernen Anbaumethoden ihre Erträge deutlich verbessern können. Denn das gilt als das Problem der Bio-Landwirtschaft. Ihre Erträge sind deutlich geringer als die im konventionellen Landbau.

Für die Studie haben Hülsbergen und die Forscher mehr als zehn Jahre lang alle möglichen Daten von deutschlandweit insgesamt 80 Bio- und konventionellen Betrieben ausgewertet. 20 davon liegen in Oberbayern und im Allgäu. Damit die Daten vergleichbar sind, haben sie sogenannte Betriebspaare aus jeweils einem Bio- und einem konventionellen Betrieb gebildet, die sich bis auf diesen Unterschied sehr ähneln.

Der Eichethof von Landwirtschaftsmeister Steber ist einer der Betriebe in der Studie. Das Hofgut liegt im Norden von München in Hohenkammer und zählt zu den größten Biohöfen in Bayern. Steber und seine Mitarbeiter bewirtschaften 495 Hektar Agrarland, auf der Hälfte bauen sie allerlei Saatgut für andere Biobetriebe an. Außerdem halten sie Rinder, Schweine und Geflügel - alle in Freilandhaltung. Für Steber ist die Studie Genugtuung und zugleich Aufforderung an die Politik, die Bio-Landwirtschaft schneller voranzubringen. Der Forscher Hülsbergen teilt die Forderung ausdrücklich.

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