Forschungsprojekt:Nektar sammeln für die Wissenschaft

Auf dem Schachen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen produzieren zehntausende Bienen Honig - im Dienste der Wissenschaft. Erforscht wird unter anderem das Verhalten der Insekten.

Von Hannah Friedrich, Elmau

Hoch oben auf dem Schachen, mit Blick auf Berge, Sommerwiesen und Wälder, wird fleißig gearbeitet: Zehntausende Bienen eilen aus ihren Stöcken heraus und wieder hinein, sammeln Nektar und machen Honig. Angestellt sind sie gewissermaßen beim Bezirk Oberbayern, der unter anderem Pollen und das Verhalten der Tiere im Gebirge erforschen will.

Um die sechs Bienenvölker auf dem Schachen kümmert sich der Imkereifachbeauftragte des Bezirks, Arno Bruder. Einmal wöchentlich holpert er mit seinem Pickup den engen Wanderweg auf etwa 1860 Meter hoch, um nach dem Rechten zu sehen und Pollenfallen auszuleeren. Analysiert werden die Pollen, so Bruder, im Österreichischen Imkereizentrum. Der Grund: In Österreich gibt es einige Bienenvölker in den Bergen. Nicht so in Deutschland: Hier sind die Stöcke des Bezirks Oberbayern bundesweit die höchstgelegenen.

Die Pollenfallen sind vor dem Einflugloch ganz unten am Stock angebracht und sehen ein wenig aus wie Vogelhäuschen mit einem Gitter davor. Beim Nektarsammeln bleiben an den Hinterbeinen der Bienen Pollen hängen. Diese sogenannten Pollenhöschen passen nicht durch das Gitter am Einflugloch. Sie bleiben hängen und fallen in einen Auffangbehälter darunter. So können Imker Bruder und sein Geselle Marinus Gassner sie leicht einsammeln: Bruder schüttelt die Pollen in ein sauberes Marmeladenglas, Gassner pappt einen weißen Aufkleber darauf und notiert die Nummer des Stocks. Alles soll seine Ordnung haben, schließlich geht es um die Forschung.

Die Analyse der Pollen habe gezeigt, dass die 40 000 Bienen pro Stock zwischen dreißig und vierzig verschiedene Pflanzen anfliegen, sagt der Imker. Außerdem könne man anhand der Pollen auf lange Sicht nachvollziehen, wie sich die Pflanzenwelt in den Alpen verändert. "Dann können wir mal schauen, wie sich das mit dem Klimawandel entwickelt", sagt Bruder. "Das wandert ja alles nach oben."

Es sind nicht die einzigen Daten, die bei den Bienen gesammelt werden: Eine intelligente Messstation misst die Regenmenge und die Temperaturen draußen und innen im Bienenstock und sendet die Ergebnisse auf das Handy des Imkers. Dass es auf dem Berg im Sommer tagsüber bis zu 30 Grad heiß wird und nachts auf unter zehn Grad abkühlt, macht den Bienen nichts aus, meint Bruder. Im Gegenteil - er glaubt, dass die Bienen von den teilweise hohen Temperaturschwankungen sogar profitieren: Die kalten Nächte seien schlecht für die Varroa-Milben, auf Bienen spezialisierte Parasiten. Viele Imker haben mit ihnen zu kämpfen - Arno Bruder auf dem Schachen aber weniger.

Vorsichtig zieht Bruders Geselle Gassner eine weiße Platte unter einem der Stöcke hervor. Darauf liegen ein paar dunkle Krümel: tote Milben. Von deren Zahl ausgehend könne er die Menge im gesamten Stock einschätzen, erklärt Bruder. Und die sei nicht besonders groß. Auf dem Berg oben gebe es deutlich weniger Varroa-Milben als bei Bruders Völkern unten im Tal. Neben der Kälte in der Nacht liege das daran, dass keine anderen Bienenvölker in der Nähe leben. So könnten seine Bienen die Milbe gar nicht erst von befallenen Völkern einschleppen. Allgemein gehe es den Bienen, die den Sommer auf dem Schachen verbringen, besser als denen im Tal. Sie seien stärker und zahlenreicher. "Die Völker, die letztes Jahr oben waren, sind am besten durch den Winter gekommen", sagt der Imker.

Mit einem Werkzeug, das ein wenig wie eine Mischung aus Spachtel und kleiner Brechstange aussieht, stemmt Bruder den Deckel eines Stocks hoch. In dem Kasten darunter wuseln die Bienen über die senkrecht hängenden Holzrahmen mit den Waben. Das sei der Honigraum, erklärt Bruder. Darunter liegt der Brutraum, der sichtbar wird, als Imkergeselle Gassner den oberen Kasten herunterhebt. Ein Metallgitter trennt die oberen und die unteren Waben voneinander. Die Arbeiterbienen kommen problemlos durch die Löcher und können so in beiden Kästen Honig produzieren. Die größeren Drohnen, die männlichen Bienen, und die Königin hingegen passen nicht durch das Gitter. Im oberen Teil der Waben gibt es deshalb keine Eier, die Imker kommen so viel leichter an den Honig.

Pro Tag legt eine Königin bis zu 2000 Eier, sagt Bruder. Die Königin werde bis zu fünf Jahre alt, bei den Arbeiterinnen komme es auf die Jahreszeit an: Während sie im Winter ein halbes Jahr lang leben, werden sie im Sommer nur etwa vier Wochen alt. "Das hängt mit der Arbeitsleistung zusammen," sagt Bruder. "Wer viel arbeitet, hat eine kürzere Lebensdauer."

Auf dem Weg nach unten rumpelt Bruders Pickup an zahlreichen Ameisenhaufen vorbei. Könnte Waldhonig geben, schätzt der Imker. Wo es viele Ameisen gibt, gebe es häufig auch viel Honigtau. Der entstehe, wenn Läuse aus den Pflanzen Nährstoffe heraussaugen, und überschüssige Flüssigkeit abgeben. Den klebrigen Saft fressen die Ameisen, erklärt Bruder, "und für die Bienen fällt dann auch was ab." Die würden daraus den dunkleren Waldhonig machen.

Bis spätestens Anfang Oktober bleiben die Bienen auf dem Berg, dann holt Bruder die Stöcke wieder nach unten. Den Bio-Honig möchte er etwa Mitte September ernten. Genascht hat der Imker aber bereits - und ist hochzufrieden mit dem Geschmack.

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