Landwirtschaft:Bauernanführer gesucht

Landwirtschaft: Ackerbau alleine steht heute nicht mehr ausschließlich für die Aufgaben und Herausforderungen an Landwirte in Bayern: bio oder konventionell, Ackerbau oder Viehhaltung, Groß- oder Nebenerwerbsbetrieb, Windanlagen- oder Biogas-Bauer.

Ackerbau alleine steht heute nicht mehr ausschließlich für die Aufgaben und Herausforderungen an Landwirte in Bayern: bio oder konventionell, Ackerbau oder Viehhaltung, Groß- oder Nebenerwerbsbetrieb, Windanlagen- oder Biogas-Bauer.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Zehn Jahre lang war Walter Heidl Präsident des Bayerischen Bauernverbands. Nun zieht er sich von dem Spitzenamt zurück. Gleich fünf Bewerber streiten um die Nachfolge.

Von Christian Sebald

Als die Kreisobmänner des Bayerischen Bauernverbands (BBV) vor zehn Jahren Walter Heidl zu ihrem Präsidenten gewählt haben, war der Niederbayer der einzige Kandidat für das Spitzenamt. Heidls legendärer Vorgänger Gerd Sonnleitner und andere einflussreiche Funktionäre hatten die Personalie im Voraus geregelt. Wenn die Kreisobmänner in knapp 14 Tagen Heidls Nachfolger bestimmen, haben sie die Auswahl unter fünf Bewerbern. "Das zeigt, dass in unserem Verband die Demokratie funktioniert", sagt Heidl. "Wir vertreten 140 000 Mitglieder. Sie sind so verschieden wie die fünf Kandidaten für meine Nachfolge."

Beobachter sehen das etwas anders als Heidl. "Der Bauernverband versteht sich als Einheitsverband, er war immer das zentrale Sprachrohr der Bauern, egal wie unterschiedlich deren Interessen waren", sagt einer, der die Interna gut kennt und deshalb nicht genannt werden will. "Entsprechend straff ist er von unten nach oben durchorganisiert." Der Einheitsverband bekommt freilich seit einiger Zeit Risse. Unter den Milchbauern etwa hat ihm der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) den Rang abgelaufen. "Intern hat der BBV jedoch bis zuletzt die Reihen geschlossen halten können", sagt der Insider.

Inzwischen sind die Konflikte in und um die Landwirtschaft aber so scharf geworden, dass das offenkundig nicht mehr gelingt. Was Heidl "innerverbandliche Demokratie" nennt, ist aus Sicht etlicher Beobachter ein neuer Höhepunkt in dem Erosionsprozess, dem der BBV seit Jahren ausgesetzt ist.

Es spricht einiges für diese Sicht. Schließlich hat ein Ackerbauer im niederbayerischen Gäuboden, der 100 oder 150 Hektar Agrarland mit modernsten, digital gesteuerten Maschinen bewirtschaftet, wenig mit einem oberbayerischen Nebenerwerbslandwirt mit zehn Milchkühen im Stall gemeinsam. Geschweige denn mit einem Biogas-Bauern, der auf erneuerbare Energien macht.

Viele Landwirte liefern ihre Produkte an den Agrargroßhandel, sie hängen direkt am Weltmarkt mit seinen immensen Preisschwankungen. Andere dagegen setzen auf Direktvermarktung und regionale Wirtschaftskreisläufe. Und immer mehr Bauern stellen auf Bio um. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen der BBV möglichst wenig mit dem Öko-Landbau zu tun haben wollte. Der oberbayerische BBV-Präsident ist sogar selbst Biobauer. Aber so mancher Funktionär beäugt die Biobauern nach wie vor eher skeptisch. Das alles ist reichlich Stoff für internen Zwist.

Auch von außen wird der Druck immer stärker. Mehr und mehr Verbraucher wollen keine Milch von Kühen trinken, die in ihren Ställen angebunden werden, und kein Fleisch von Schweinen essen, die auf nackten Betonböden gehalten werden. Naturfreunde machen die konventionelle Landwirtschaft mit ihrem massiven Einsatz von Gülle, Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln für das Artensterben verantwortlich. Das "Volksbegehren Artenvielfalt - Rettet die Bienen" vor drei Jahren, das mit 1,7 Millionen Unterzeichnern das erfolgreichste Volksbegehren in Bayern war, hat eindringlich gezeigt, wie tief die Kluft bereits ist. Gleichzeitig ist nicht einmal auf die CSU mehr Verlass. Viele im BBV nehmen es Ministerpräsident und Parteichef Markus Söder immer noch übel, dass er die Forderungen des Bienen-Volksbegehrens flugs übernommen hat.

Landwirtschaft: Noch ist Walter Heidl Präsident des Bayerischen Bauerverbandes, doch in knapp 14 Tagen wird sein Nachfolger gewählt.

Noch ist Walter Heidl Präsident des Bayerischen Bauerverbandes, doch in knapp 14 Tagen wird sein Nachfolger gewählt.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Noch-Präsident Heidl macht wenig Hehl daraus, dass die vergangenen zehn Jahre hart für ihn waren. Während des Bienen-Volksbegehrens ist er offenbar sogar in seiner unmittelbaren Umgebung unter gewaltigen Druck geraten. Insider berichten von schweren Auseinandersetzungen im Präsidium des BBV, mancher redet sogar von Zerwürfnissen. Aus Sicht seiner Kritiker ist Heidl vor allem der Staatsregierung gegenüber viel zu verbindlich aufgetreten, er habe zu wenig Konfliktbereitschaft gezeigt. Heidl selbst dementiert das entschieden. Er spricht lieber davon, wie sehr es ihn "schmerzt, dass in der ganzen Auseinandersetzung die Leistungen unserer Bauern zu kurz gekommen sind".

Derweil läuft bei den fünf Kandidaten für Heidls Nachfolge der Wahlkampf. Unter ihnen sind mit dem unterfränkischen BBV-Chef Stefan Köhler und dem BBV-Vizepräsidenten Günter Felßner aus Mittelfranken zwei langjährige Spitzenfunktionäre. Der Niederbayer Siegfried Jäger hingegen ist erst kurz BBV-Chef in seinem Regierungsbezirk. Ebenfalls in Niederbayern daheim ist Georg Sachsenhauser, er ist wie die drei anderen Kandidaten deutlich über 50 Jahre alt. Der fünfte Bewerber ist Georg Langreiter aus dem oberbayerischen Mühldorf. Er ist 41 Jahre alt und stammt aus der Katholischen Landjugend.

Bei fünf Kandidaten ist eine Prognose für den Wahlausgang kaum möglich. Beobachter halten es für gut möglich, dass Felßner und Langreiter in die Stichwahl gelangen. Felßner gilt als durchsetzungsstarker Machtmensch. Von Langreiter heißt es, er sei auf Ausgleich bedacht und wolle einen BBV, der "in der Mitte der Gesellschaft steht". Der Ausgang der Stichwahl gilt als offen.

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