Vor dem Ärztetag in Hof:Sorge um zukünftige Patientenversorgung

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Daran scheiden sich die Geister auch in der Ärzteschaft: Homöopathische Globuli haben zwar laut Studien keine Wirkung, sind aber trotzdem beliebt. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Fehlende Studienplätze, untertarifliche Bezahlung, Homöopathie-Debatte - was die Mediziner in Bayern gerade umtreibt.

Von Dietrich Mittler, München

Auf den ersten Blick wirken die Zahlen ermutigend, die Gerald Quitterer als Präsident der Bayerischen Landesärztekammer am Wochenende auf dem 80. Bayerischen Ärztetag in Hof präsentieren will. Die Kammer zählt mittlerweile etwas mehr als 90 000 gemeldete Ärztinnen und Ärzte. Allerdings: Nahezu 23 000 von ihnen sind nicht mehr ärztlich tätig - etwa deshalb, weil sie bereits in Rente sind. Ende September standen laut Quitterer landesweit insgesamt 67 480 registrierte Mediziner noch im Berufsleben - ein Plus von immerhin 1,9 Prozent.

Am Dienstag sprach er im Münchner Presseclub von einem "Rekordniveau" und warnte aber zugleich: "Was sich wie eine Erfolgsgeschichte liest, verdeckt dennoch einige beunruhigende Entwicklungen." Beunruhigend deshalb, weil der Anstieg der Ärztezahl nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wie der Kammerpräsident befürchtet. Es sei das Gebot der Stunde, jetzt deutlich mehr jungen Menschen den Zugang zum Medizinstudium zu ermöglichen - sprich: An staatlichen Universitäten müssten künftig viele weitere Studienplätze entstehen.

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Vor allem drei Punkte sind dafür verantwortlich, dass qualifiziertes medizinisches Personal fehlt - oder, wie es Quitterer ausdrückte, "dass die zur Verfügung stehenden Arztstunden nicht in gleichem Umfang wie der Bedarf ansteigen". Punkt eins: Bereits in naher Zukunft werde eine größere Zahl an Ärztinnen und Ärzten aus der Generation der Babyboomer in den Ruhestand treten. Punkt zwei: Zugleich wächst der Bedarf an Ärzten, was sich in Corona-Zeiten besonders deutlich bemerkbar macht.

Doch auch ohne Pandemie gilt: Die Zahl der älteren Menschen nimmt zu, die auf ärztliche Versorgung angewiesen sind. Viele von ihnen leiden gleich an mehreren Krankheiten. Punkt drei: der Trend zur Teilzeittätigkeit, der auch vor Heilberufen nicht Halt macht. Junge Mediziner - viele davon Frauen - streben an, Arbeitsleben und Familie zu vereinbaren. "Der ärztliche Nachwuchs steht uns deshalb nicht mehr zu hundert Prozent zur Verfügung", sagte Quitterer.

Kliniken sollen sich an Tarifverträge halten

Ein Thema, das Wellen schlagen dürfte, ist die Forderung, die Andreas Botzlar, der Erste Vizepräsident der Kammer, an Bayerns Krankenhäuser richtet. "Ich appelliere an die Kliniken, sich an rechtsgültig geschlossene Tarifverträge zu halten", erklärte er am Dienstag. Zwar seien in Tarifverträgen Klauseln zur Arbeitszeiterfassung, zur Dienstplanung und zu Dienstzeiten enthalten. "Wenn sich Arbeitgeber an diese Verträge in der Praxis aber nicht halten, ist wenig gewonnen", sagte Botzlar. Bereits vor der Corona-Krise sei der Berufsalltag der Klinikärzte von Überstunden und einer hohen Anzahl an Nacht- und Wochenenddiensten geprägt gewesen.

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Die Pandemie habe die Ärztinnen und Ärzte aber noch mehr an ihre Belastungsgrenze gebracht. Massive Kritik äußerte Botzlar auch an der nun einige Jahre zurückliegenden Neuorganisation des Bayerischen Krebsregisters, seit welcher alle bösartigen Neubildungen und ihre Frühformen flächendeckend unter der Regie des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erfasst werden. Regionale Krebsregister seien dagegen aufgelöst und deren Daten gelöscht worden, so Botzlar.

Das Thema, das beim Ärztetag in Hof (15. bis 17. Oktober) aber für besonders hitzige Diskussionen sorgen wird, ist die Frage, ob die Zusatzbezeichnung Homöopathie auch in Zukunft in der ärztlichen Weiterbildungsordnung ihren Platz hat - oder ob sie, gelinde gesagt, rausfliegt. "Die Homöopathie ist so beliebt wie umstritten", umschrieb es Kammerpräsident Gerald Quitterer salomonisch. Sein Stellvertreter Botzlar deutete an, dass Klagen zu befürchten seien, falls das Abstimmungsergebnis nicht in der jeweils gewünschten Form erfolge. Nach ihrer eigenen Meinung befragt, sagte Botzlar - auch mit Blick auf Quitterer: "Wir werden einen Teufel tun, hier eine Tendenz vorzugeben."

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