Draußen an der freien Luft drehen sich die gelben Kräne und hieven schwere Lasten in die Höhe. Drinnen hinter den Fensterscheiben geht es um die Frage, wie sie dies wieder häufiger in Bayern machen könnten. Denn Wohnungen sind gerade in den Ballungsgebieten knapp – und der Bau selbst steckt in der Krise. Dabei sei er eine „Schlüsselbranche“, sagt Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Doch wenn er schwächele, „ist die Gesamtwirtschaft auf Dauer krank“. Und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) spricht davon, dass man den Bau „wieder flott“ bekommen müsse: Man sehe bereits einen „Substanzverlust“.
Wieder mehr Bausubstanz schaffen, vor allem aber einfacher, günstiger und schneller: Dazu hat die Staatsregierung an diesem Montag Vertreterinnen und Vertreter aus Handwerk und Industrie, der Wohnungsunternehmen und kommunalen Spitzenverbänden ins Münchner Werksviertel geladen. Wer will, kann den Treffpunkt dieses „Baugipfels“ symbolhaft verstehen. Aus der Eventlocation im neunten Stock schaut man über Baumaschinen, Gruben und Neubauten, hier wird abgerissen, hochgezogen und doch herrscht stellenweise trotzdem Stillstand: Eine Kies-Lichtung markiert den Standort eines Konzerthauses, das die Staatsregierung schon 2017 versprochen hat. Hinzu kommt die Erinnerung an eine ähnliche Zusammenkunft. Erst im Dezember haben sich Söder und Aiwanger an selber Stelle mit Wirtschaftsvertretern zu einem „Automobilgipfel“ getroffen, damals wie heute begleitet von Verkehrs- und Bauminister Christian Bernreiter (CSU). Gemeinsam präsentierte man einen Zehn-Punkte-Plan für eine „Autowende“, von denen aber nur die ersten vier Punkte Maßnahmen enthielten, die ins Aufgabengebiet des Freistaats fallen.

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Diesmal steht am Ende des Treffens kein Papier mit Punkten. Die Ausgangslage ist ohnehin kompliziert. Die Branche klagt seit Langem über gestiegene Kosten bei Grund, Energie, Finanzierung und Baustoffen, über zu viele Vorschriften, über fehlende Fachkräfte und Investitionen. Dazu hat die Staatsregierung bislang das Ziel von 70 000 neuen Wohnungen pro Jahr verfehlt. 2023 war man zumindest nah dran, damals notierte das Landesamt für Statistik 65 770 Fertigstellungen. Die Zahl der Baugenehmigungen indes ist seitdem eingebrochen, sie sank von 2022 auf 2023 um 23 Prozent. Werte für das Gesamtjahr 2024 liegen noch nicht vor, aber alles deutet auf ein weiteres Minus hin.
Dabei befeuert jede Wohnung, die nicht gebaut wird, die Wohnungsnot erst recht. Und sie fehlt „in den Auftragsbüchern der Ausbauwerke“, sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstags. Dieser Auftragsmangel schlage inzwischen voll auf den Umsatz durch. Peteranderl fordert deshalb unter anderem ein „Abspecken“ bei den Vorschriften. Ähnliches ist von anderen Branchenvertretern zu hören. „Erste und wichtigste Stellschraube sind die Baukosten“, teilt etwa der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen im Anschluss an den Gipfel mit. Daher schlage man Reduzierungen bei den Baustandards, die Vereinfachung des Baurechts und eine bessere Förderung des seriellen und modularen Bauens vor.
Auch Söder, Aiwanger und Bernreiter sehen die Komplexität der Bürokratie als Hemmschuh. Die Bayerische Bauordnung hat die Staatsregierung deshalb bereits überarbeitet; im Rahmen des sogenannten Modernisierungsgesetzes wurde unter anderem der Ausbau von Dachgeschosswohnungen genehmigungsfrei gestellt. Als Nächstes sollen unter anderem die Brandschutzbestimmungen überarbeitet werden. Außerdem ist angedacht, die Genehmigungsverfahren in den Behörden mittels Künstlicher Intelligenz zu beschleunigen.
Details bleibt der Gipfel indes schuldig. Wie etwa die Brandschutzverordnung künftig aussehen soll, wolle man erst mit den Feuerwehren und den Ingenieuren besprechen, sagt Söder. Umso ausführlicher fallen die Forderungen an den Bund aus: Dieser müsse zum Beispiel die Erbschaftssteuer aufs Elternhaus abschaffen, die Grunderwerbssteuer auf den bayerischen Satz reduzieren und ein Sonderabschreibungsprogramm für Bauinvestitionen aufsetzen. Gerade bei den Renovierungen schiebe man „einen gigantischen Berg“ vor sich her, sagt Bernreiter. Der sei ohne steuerliche Anreize nicht zu schaffen.