Die Biobauern bleiben hartnäckig. „Wir sind die Garanten für eine gesunde Ernährung, Klimaschutz und gesunde Böden“, sagt Thomas Lang, Vorsitzender der Landesvereinigung ökologischer Landbau (LVÖ) in Bayern und in der Funktion Chef von etwa 12 000 Biobauern. „Deshalb verstehen wir nicht, warum das Agrarministerium Mitte Oktober eine überaus erfolgreiche Förderung für gesunde Böden plötzlich und ohne Vorwarnung gestrichen hat.“ Auch bei der Milchbauern-Organisation BDM und der kleinen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), aber auch bei Umweltorganisationen ist die Verärgerung weiter groß. Bei einer Nikolaus-Aktion am Freitag haben Funktionäre und Bauern an der Staatskanzlei symbolisch Säcke mit Humus abgelegt und ein Gespräch mit Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) gefordert.
Der Streit beschäftigt die Agrar-Szene seit Wochen. Die Förderung, um die er geht, trägt das Kürzel K33, ihr Titel lautet: „Vielfältige Fruchtfolge zum Humuserhalt“. Sie ist Teil des Kulturlandschaftsprogramms. Das ist das bayerische Förderprogramm für eine naturschonende Landwirtschaft. Betriebe, die an K33 teilnehmen, verpflichten sich, auf höchstens einem Fünftel ihrer Äcker stark humuszehrende Früchte wie Kartoffeln, Mais oder Zuckerrüben anzubauen und mindestens 40 Prozent mit sogenannten Humusmehrern, vor allem Kleegras, zu bestellen. Dafür bezahlt ihnen der Freistaat 340 Euro je Hektar und Jahr. Damit ist K33 sehr lukrativ für die teilnehmenden Bauern.
Der Humusschwund auf den Feldern ist allerdings auch ein Riesenproblem in Bayern. Jedes Jahr gehen Zigtausende Tonnen fruchtbaren Bodens verloren – wegen der vielen Monokulturen, des Einsatzes von Agrarchemie, der Erosion. Aber nicht nur für die Bauern ist der Humusschwund dramatisch. Sondern für die Umwelt insgesamt. Ein dicker Humusboden kann sehr viel mehr CO₂ aufnehmen als ein devastierter. Auch Regenfälle laufen auf einer dicken Humusschicht längst nicht so rasch ab, wie auf einer dünnen, das Wasser wird dort länger gespeichert. Und die Artenvielfalt ist in einem dicken Humusboden ungleich größer als in einem dünnen.
Die Ziele seien bereits übererfüllt, sagt die Ministerin
Die Bauern in Bayern haben K33, das 2023 neu aufgelegt wurde und auf fünf Jahre angelegt ist, denn auch sehr gut angenommen. Laut Agrarministerium nehmen aktuell 2528 Landwirte daran teil. Sie bewirtschaften zusammen ungefähr 135 000 Hektar Agrarland. Die Zahlungen an sie summierten sich allein 2023 auf ungefähr 32 Millionen Euro. „Mit diesen Eckdaten haben wir die Ziele von K33 bereits jetzt zu tausend Prozent übererfüllt“, sagt Kaniber dieser Tage immer wieder. Sie erweckt nicht den Anschein, als würde sie in dem Streit nachgeben wollen.
Der überaus große Erfolg des Programms ist zugleich der Grund, warum es die Ministerin in diesem Herbst storniert hat. „Wir müssen unser Kulturlandschaftsprogramm jedes Jahr auf Erfüllung der Ziele überprüfen und anpassen“, sagt sie. „Wenn ein für 2027 angepeiltes Ziel schon jetzt erreicht ist, müssen wir reagieren.“ Denn für das Programm fließt auch Geld der EU. Die EU wiederum achte genau darauf, mit damit sorgfältig und sparsam umgegangen werde. Wenn das nicht der Fall sei, droht laut Kaniber die Gefahr, „dass wir vielleicht Gelder zurückbezahlen müssen“. Zugleich betont die Ministerin, dass die Stornierung nur für Neueinsteiger gelte. Alle Bauern, die bisher an K33 teilnehmen, blieben weiter im Programm, „sie werden selbstverständlich bis Ende der Laufzeit bedient“.
Die Bauern-Organisationen haben dafür kein Verständnis. „Kaniber fordert vom Bund ständig Planungssicherheit für uns Bauern“, sagte der bayerische AbL-Chef Josef Schmid auf der Kundgebung. „Gleichzeitig streicht sie jetzt den bayerischen Bauern kurzfristig ein Förderprogramm. Das ist keine schlüssige Agrarpolitik, das zerstört das Vertrauen in die Politik.“ Und Hans Leis vom BDM sprach gar von einem „Affront gegen die bayerischen Milchbäuerinnen und Milchbauern“.