Der Papst tut es und das Christkind auchWarum Markus Söder nicht vom Balkon winkt

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Bilderbuchbayern mit Balkonen in Garmisch-Partenkirchen.
Bilderbuchbayern mit Balkonen in Garmisch-Partenkirchen. (Foto: Johannes Simon)

In Bayern ist ein Balkon klassischerweise aus Holz und mit Geranien behängt. Die Tradition des Grüßens vom Balkon wird hingegen weniger gepflegt. Das könnte mit der Architektur der Staatskanzlei zusammenhängen.

Glosse von Katja Auer

Balkone haben sich in Bayerns Architektur in den vergangenen Jahrzehnten vor allem als Postkartenmotiv etabliert. Mit geschnitzten Holzgeländern und behängt mit reichlich Geranien passen sie wunderbar ins Klischeebayern mit Bergen, Seen und Lüftlmalerei. Dabei ist es mit den Geranien am Balkon mancherorts so wie mit den Tagetes am Friedhof: Kritisch wird zur Nachbarin hinübergeschaut, welche Pflanzen nun üppiger blühen und mit welchem Mittelchen im Gießwasser diesem Effekt wohl nachgeholfen wird.

Leider hat sich schon vor einer ganzen Weile herausgestellt, dass Geranien am Balkon zwar den Touristen gefallen mögen, den Bienen allerdings nicht schmecken. Die bayerische Lieblingsblume taugt so gar nicht als Insektenfutter und wird deshalb in umweltbewussten Haushalten inzwischen durch bienenfreundliche Gewächse ersetzt. Das wird das Bayernbild nicht nachhaltig erschüttern, eher schon die Balkonkraftwerke, die in Zeiten von echten oder gefühlten Energiekrisen immer mehr Bayern zu mehr – echter oder gefühlter – Autarkie von der allgemeinen Stromversorgung verhelfen.

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In manchen Fällen geht allerdings doch Optik vor Nützlichkeit. Man stelle sich nur vor, der neue Papst Leo XIV. wäre am Donnerstagabend hinter einem Balkonkraftwerk auf die Loggia des Petersdoms getreten. Oder die englischen Royals winkten hinter Solarpaneelen vom Balkon ihres Palastes.

In Bayern ist die Tradition des Vom-Balkon-Winkens weniger ausgeprägt, zumal es keinen bayerischen Papst und längst keine richtigen Royals mehr gibt. Ludwig II. war eh nicht der volksnahe Typ, der hat vom Balkönchen in Neuschwanstein vermutlich lieber in die Berge geschaut als in eine Menge von Menschen. Wenn die dann auch noch alle ein Handy zum Fotografieren hochgehalten hätten, man mag es sich gar nicht vorstellen, wie es dem Kini gegraust haben würde.

Die Fußballer vom FC Bayern erscheinen gelegentlich auf dem Münchner Rathausbalkon, demnächst wieder, und lassen sich vom Fanvolk für Meistertitel feiern. Und auch gerne fotografieren. In Nürnberg steht alljährlich das Christkind auf der Empore der Frauenkirche und eröffnet hoch oben den Christkindlesmarkt. Für Geranien als Geländerdekoration ist es um diese Jahreszeit allerdings schon zu kalt.

Nun darf man unterstellen, dass es dem bayerischen Ministerpräsidenten ganz gut gefallen könnte, würde ihm sein Volk gelegentlich auf diese Weise zujubeln. Aber Fußballprofi wird er keiner mehr und der Job des Christkinds hat ebenfalls ein ganz anderes Anforderungsprofil. Bliebe ein Auftritt in der Staatskanzlei, das Volk zu seinen Füßen im Hofgarten. Er könnte da wöchentlich seinen Speiseplan verkünden oder einen Abba-Song performen. Blöd nur, dass die Staatskanzlei keinen passenden Balkon für sowas hat.

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