Bad Kötzting:Ermittlungen nach rassistischen Parolen und Hitlergruß auf Pfingstfest

Lesezeit: 2 Min.

Ein Video vom Bad Kötztinger Pfingstfest zeigt junge Männer, die mutmaßlich die Hand zum Hitlergruß ausstrecken. (Foto: privat)

Schon wieder ist es das Lied des italienischen DJs – und schon wieder sollen ausländerfeindliche Parolen dazu gesungen worden sein. Doch auch ein Video, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, lässt tief blicken.

Von Patrick Wehner, Bad Kötzting

Am Bad Kötztinger Pfingstfest soll es zu mehreren rechtsradikalen Vorfällen gekommen sein. Zum Lied „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino sollen laut Polizei mehrere Personen „Ausländer raus“ skandiert haben. Wie eine Sprecherin der Polizei sagte, seien vom Sicherheitsdienst entsprechende Vorfälle zur Anzeige gebracht worden. Das für Staatsschutz zuständige Fachkommissariat der Kripo Regensburg habe die Ermittlungen übernommen. Die Straftaten sollen sich am 18. und 25. Mai in zwei unterschiedlichen Zelten ereignet haben. „Wir prüfen nun, ob der Tatbestand der Volksverhetzung vorliegt“, so die Sprecherin.

Der Süddeutschen Zeitung wurde überdies ein Video zugespielt, das am Pfingstsonntag, also am 19. Mai, in einem Bierzelt desselben Festes aufgenommen worden sein soll. Es zeigt junge Menschen, die feiern und das Lied „Sonne“ der Band Rammstein singen. Doch als die Kamera ein wenig schwenkt, sind vier junge Männer in Tracht zu sehen, die inmitten der Feiernden ebenfalls zu diesem Lied mutmaßlich den sogenannten Hitlergruß zeigen. Auch in diesem Fall ermittelt der Staatsschutz.

Markus Hofmann, der Bürgermeister von Bad Kötzting, reagierte schnell, nachdem er am Montag von den Vorfällen erfahren hatte. Für alle Veranstaltungen in der Stadt verhängte der Bürgermeister ein Verbot des Lieds „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino. Davon erhofft er sich, „Trittbrettfahrer“ vom Grölen der ausländerfeindlichen Parolen abhalten zu können. Auch mit der Party-Band, die das Lied in einem der Zelte live gespielt hatte, hat Hofmann bereits telefoniert. „Die stammen aus Südtirol und sagen, dass sie nicht wussten, welche Konnotation das Lied spätestens seit den Vorfällen auf Sylt habe“, sagt er. Hofmann zufolge habe sich die Band einsichtig gezeigt.

Besonders ärgern Hofmann die rassistischen Vorfälle, weil sich seine Stadt als explizit tolerant und ausländerfreundlich verstehe. Bereits 2015 habe man 250 geflüchtete Menschen aufgenommen, die alle noch in Bad Kötzting wohnen. Es gebe ein starkes und engagiertes Netzwerk aus Bürgern, das bis heute Deutschkurse anbietet und sich um geflüchtete Menschen kümmert.

Seit einem Vorfall auf der Insel Sylt, bei dem Besucher eines Nobel-Clubs ebenfalls „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ auf das Lied „L’amour toujours“ grölten, wird auch für das Oktoberfest über ein Verbot des Lieds diskutiert. „Wir wollen es verbieten und ich werde es verbieten“, sagte Oktoberfest-Chef Clemens Baumgärtner am Montag. Nach einem rassistischen Vorfall bei der Bergkirchweih in Erlangen am Freitagabend beschlossen die dortigen Wirte, das Lied „L'amour toujours“ bei dem Fest ebenfalls nicht mehr zu spielen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verurteilte die Vorfälle am Montag scharf. „Solche rassistischen Parolen zu grölen, ist einfach nur widerlich und absolut unerträglich“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst. In solchen Fällen gelte es, Zivilcourage zu zeigen und deutlich zu machen, „dass solch ein rassistisches Verhalten in unserer Gesellschaft nicht geduldet wird“. Jetzt sei es wichtig, dass der Staatsschutz rasch ermittele.

Personen, die die Vorfälle in Bad Kötzting beobachtet haben oder Videos aufgenommen haben, werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei Regensburg unter der Telefonnummer 0941/506-2888 zu melden.

© SZ/DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFriedhof der SS-Leute
:Das große Verschweigen

Jedes Jahr gedenken Politiker am Soldatenfriedhof Hofkirchen der Opfer des Zweiten Weltkriegs - dabei liegen dort auch 369 SS-Mitglieder. Einer von ihnen: der Sturmscharführer Karl Jochum. Ein Mann, der für den Betrieb des KZ Dachau entscheidend war, wie SZ-Recherchen nun zeigen.

Von Patrick Wehner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: