Ausstellung:Diese Orte prägten Bayerns Weg zur Demokratie

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Vom Landtag bis zum Rebellendorf: Ein Gremium hat 13 Orte ausgesucht, die prägend sind für Bayerns politischen und gesellschaftlichen Zustand. Der Weg war lang - und es gibt spannende Geschichten zu erzählen.

Von Ben Bergleiter und Franziska Ruf, München

Sie stritten und bekriegten sich, rauften sich zusammen, schlossen Bündnisse, berieten, haderten, verfassten Dokumente und Gesetze: Bis die Bayern zur Demokratie fanden, war es ein langer Weg. Was sie auf diesem erlebten und welche Monumente noch heute daran erinnern, zeigt eine aktuelle Wanderausstellung. Mit dem Titel "Orte der Demokratie in Bayern" ist sie im Bayerischen Landtag zu sehen.

Vor dem Plenarsaal im Münchner Maximilianeum stehen wie Bücherseiten aufgefächert Stellwände in weiß-blauem Design. Auf ihnen abgebildet sind neben Infotexten die Kopien historischer Dokumente wie des Verfassungsentwurfs von 1946 und alte Fotos von prägenden Persönlichkeiten und Ereignissen. Auf 13 Stationen führt die Ausstellung durchaus unterhaltsam durch die bayerische Demokratiegeschichte. Große Comic-Tafeln lassen die Besucherinnen und Besucher in Szenen und Dialoge eintauchen, wie sie zu dem damaligen Zeitpunkt stattgefunden haben könnten.

Die Idee zu der Ausstellung entstand 2019 während der Feiern zum 100. Jubiläum des Freistaats Bayern. Das Jubiläum nahm Landtagspräsidentin Ilse Aigner zum Anlass, mit dem Landtags-Präsidium das Projekt zu organisieren. So gewohnt die Demokratie heute ist, will die Ausstellung zeigen, dass sie eben nicht selbstverständlich ist. "Wir möchten dazu beitragen, dass wir uns den Wert unserer Demokratie bewusst machen", sagt Aigner. Die größte Gefahr sei es, dass die Bedeutung dieser Errungenschaft vergessen werde.

"Demokratie ist niemals fertig", sagt Horst Gehringer

Einschließlich dem Landtagsgebäude sind 13 Orte der Demokratie in Bayern ausgezeichnet. Diese hat der wissenschaftlichen Beirat der Ausstellung herausgearbeitet: Zunächst trug er circa 70 Vorschläge zusammen und diskutierte dann darüber, welche infrage kommen. Was schlussendlich dabei herauskam, waren einerseits "bekannte Orte der Demokratie, die sich fast schon aufdrängen", erzählt Ludwig Spaenle, einer der beiden Vorsitzenden des Rates, der zugleich bayerischer Antisemitismus-Beauftragter ist. Damit meint er Orte wie das Maximilianeum (Bild 13) oder den ehemaligen Bayerischen Landtag in der Prannerstraße (Bild 4). Andererseits kamen bei der Diskussion auch Orte zum Vorschein, die weniger bekannt sind. Zum Beispiel Vilshofen bei Passau, wo der politische Aschermittwoch seine Geburtsstätte hat (Bild 6).

Es wurden sowohl Orte mit einem modernen demokratischen Bezug ausgewählt als auch Orte, wo eher "vormoderne Formen der Partizipation" praktiziert wurden, erklärt der zweite Ratsvorsitzende Ferdinand Kramer, Professor für bayerische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität. Während es 1978 im unterfränkischen Ermershausen bei einem Bürgerprotest gegen die Eingemeindung um ganz moderne Formen des demokratischen Prozesses ging (Bild 12), erinnern die Reichstage im alten Regensburger Rathaus nur entfernt an die Demokratie, wie wir sie heute kennen (Bild 2). Kramer sagt auch, dass es bei dem Auswahlprozess um "das Selbstbewusstsein der Landesteile Bayerns" ging. Deshalb wurde versucht, die bayerischen Regionen gleichmäßig abzudecken.

Abgeschlossen ist die Ausstellung mit diesen Orten aber nicht: "Sie ist ein Zwischenergebnis, aber noch nicht fertig, weil Demokratie auch nie fertig ist", erklärt Horst Gehringer, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats. Die Ausstellung wird an allen Orten der Demokratie zu sehen sein - und kann dort auch erweitert werden. In Bamberg zum Beispiel wird sie mit einer interaktiven Schülerausstellung verbunden.

Die Ausstellung soll ein Beitrag zur Erinnerungskultur sein. Neben der Erinnerung an all die Gräueltaten und Schrecken der deutschen Geschichte soll auch an die Menschen und Orte erinnert werden, die sich gegen die Gewaltherrschaft und für die Demokratie eingesetzt haben.

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