Korrektur nach Zensus:Weniger Bayern als gedacht: Ein Mal Augsburg, einfach futsch

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Wegen des Zensus 2022 muss die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Bayern um fast 300 000 nach unten korrigiert werden. Das entspricht ziemlich genau der aktuellen Wohnbevölkerung der Stadt Augsburg. (Foto: Christina Falkenberg/imago images/Westend61)

Der Zensus – die amtliche Volkszählung – ergab für den Freistaat fast 300 000 Einwohner weniger. Das hat Folgen für die Verteilung von Steuereinnahmen innerhalb Deutschlands und kostet den bayerischen Finanzminister 300 Millionen Euro im Jahr.

Kolumne von Johann Osel

Sag mir, wo die Bayern sind, und Bayerinnen natürlich, wo sind sie geblieben? Konkret geht es um 291 435 Personen im Freistaat, von denen man dachte, es gäbe sie, was aber nun doch nicht der Fall ist. Im Zuge der aktuellen Finanzplanung der Staatsregierung – weniger Einnahmen, ungeplante Ausgaben – machte Finanzminister Albert Füracker (CSU) zuletzt öffentlich auf ein kurios anmutendes Detail aufmerksam. Wegen des Zensus 2022, der amtlichen Volkszählung in Deutschland, muss die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Bayern etwas nach unten korrigiert werden.

Ausgangspunkt ist eben das Jahr 2022. Eigentlich hatte das Statistische Jahrbuch für Bayern da zum Jahresende gut 13,3 Millionen Menschen vermerkt. Nach dem Zensus-Ergebnis, Stichtag Mitte Mai 2022, ist die 13-Millionen-Marke aber nur ganz knapp geknackt. Ein Unterschied, der insgesamt kaum ins Auge fällt, aber in der Bevölkerungszahl bedeutet: ein Mal Augsburg, einfach futsch. Das wird Bayern Geld kosten, voraussichtlich etwa 300 Millionen Euro im Jahr, rückwirkend und zukünftig; und zwar aus dem Länderanteil des bundesdeutschen Umsatzsteuerkuchens. Das Geld wird anderen Bundesländern zufließen. „In Zeiten einer angespannten Wirtschaftslage und schwächeren Steuerprognosen stellen die Ergebnisse des Zensus 2022 eine weitere Belastung für den Staatshaushalt dar“, teilte Füracker auf Nachfrage der SZ mit.

Wie kann das sein mit der Abweichung? Hinter vorgehaltener Hand hört man im politischen München durchaus Grummeln, ob das wirklich belastbarer ist als die Datenbasis der Einwohnermeldeämter. Das Landesamt für Statistik erklärt die Sache so: Ja, der Zensus sei registergestützt. Dabei aber seien die Gemeinden darauf angewiesen, von ihren Einwohnern zeitnah über Änderungen informiert zu werden: „Abweichungen zwischen Melderegister und tatsächlicher Einwohnerzahl lassen sich daher nicht vermeiden.“ Im Zensus werde daher eine Stichprobe durch Haushaltsbefragungen ergänzt, das Ergebnis dann hochgerechnet.

Das ist ziemlich kompliziert, das Dokument, in dem das Statistische Bundesamt die Rechenmethode erklärt, umfasst stolze 16 Seiten. Wie kompliziert es ist, illustriert vielleicht dieser Beispielsatz: So werde „die gemeindespezifische Schätzung mit den angepassten Hochrechnungsfaktoren aus der Sampling-Point-Schätzung mithilfe des Registerwerts der Gemeinde stabilisiert, indem eine Konvexkombination aus dem Registerwert und dem Hochrechnungsergebnis verwendet wird.“ Fest steht wohl nur: Seeleute, die sich nicht vorschriftsmäßig am Heimathafen melden, werden’s nicht gewesen sein in Bayern.

Die innerdeutsche Umsatzsteuer-Verteilung ist übrigens Teil des Länderfinanzausgleichs. Gegen den klagt der Freistaat Bayern nicht nur vor dem Bundesverfassungsgericht, man sei „die Melkkuh der Nation“, beklagt Ministerpräsident Markus Söder. Sondern dessen Reform soll auch bei möglichen Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl aus CSU-Sicht als Thema gesetzt sein.

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Von Johann Osel

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