Staatstheater Augsburg:Sanierung liefert Zündstoff für die Kommunalwahl

Staatstheater Augsburg: Das Theater ist inzwischen weitgehend entkernt, Seile und Winden für die Hebebühne sind teilweise noch im Boden verankert.

Das Theater ist inzwischen weitgehend entkernt, Seile und Winden für die Hebebühne sind teilweise noch im Boden verankert.

(Foto: Florian Fuchs)
  • Das Staatstheater in Augsburg hätte schon in den Siebzigerjahren saniert werden müssen.
  • Seit 2016 ist es gesperrt, vor allem aus Gründen des Brandschutzes.
  • Weil die Kosten laut neuen Schätzungen steigen, hat es das Theater in den Wahlkampf der Parteien in der Stadt geschafft.

Von Florian Fuchs

Norbert Reinfuss hat im Augsburger Baureferat die Projektleitung der Generalsanierung des Staatstheaters inne, er kann wunderbare Anekdoten erzählen, warum die Renovierung unbedingt notwendig ist. So mussten, erzählt Reinfuss, früher die Mitarbeiter in der Beleuchterkanzel knapp unter dem Dach einen Skianzug tragen, weil es da oben so windig war. Trotz der warmen Verpackung wurden sie immer wieder krank, es muss ein Höllenjob gewesen sein, bis man notdürftig Abhilfe schaffte.

Das Theater am Kennedyplatz ist "Fünfzigerjahrebau in Reinkultur", so drückt es Reinfuss aus. Augsburg habe einen kompletten Sanierungszyklus in den Siebzigerjahren verschlafen. Heute zahlt die Stadt die Rechnung dafür, das Theater ist seit 2016 aus Gründen des Brandschutzes gesperrt und wird renoviert. Weil die Kosten laut neuen Schätzungen steigen, hat es das Theater in den Wahlkampf geschafft: Die SPD schlägt vor, die Interimsspielstätten dauerhaft zu bespielen und so bei der Sanierung am zentralen Standort in der Innenstadt Geld zu sparen. Die Grünen sind zurückhaltender, fordern aber auch, dass die Kosten stabil bleiben. Und die CSU kanzelt das alles als Wahlkampfgetöse ab.

Renovierung Staatstheater Augsburg

Kulturreferent Thomas Weitzel (links) und Projektleiter Norbert Reinfuss halten nur Leichtbeton in den Händen.

(Foto: Florian Fuchs)

Im Jahr 2023 soll das sogenannte Große Haus fertig werden, als die große Bühne in der Innenstadt. Bis 2026 soll dann der Neubau einer zweiten Spielstätte mit Verwaltung, Probebühnen und Werkstätten neben dem Großen Haus folgen. Bei einem Rundgang zeigte Reinfuss nun das entkernte Haus, in dem noch immer Abbruch- und Demontagearbeiten stattfinden. Der Denkmalschutz macht die Arbeiten aufwendig. Die alten Lampen sind teils eingelagert, Glasabtrennungen, Geländer, sogar Telefonzellen sollen nach der Sanierung wieder an ihren ursprünglichen Platz. "Wir haben alles genau katalogisiert", sagte Reinfuss. Auch das Farbkonzept aus den Fünfzigerjahren wird zur Neueröffnung wieder aufleben, allerdings wird das Haus dann mit einer komplett neuen Technik ausgestattet sein. Die Dampfheizung stammt teilweise noch aus den Dreißigerjahren, im Sommer war es sehr warm, im Winter oft kalt - die Fenster werden modernen Standards entsprechen und die Probleme beseitigen. Skianzüge, verspricht Reinfuss, werden künftig auch nicht mehr benötigt.

Vor allem aber wird der Brandschutz auf den neuesten Stand gebracht, Probleme damit hatten den Umbau überhaupt erst ausgelöst. Der sogenannte Druckboden war kaputt: Das ist eine Konstruktion mit zwei Betondecken und einem Hohlraum dazwischen, worüber die Lüftung reguliert wird. Öffnungen führten dazu, dass die Lüftung nicht mehr gut arbeitete. Bei einem Brand hätte es eine Katastrophe gegeben, weil sich Rauch in wenigen Minuten im ganzen Theatersaal ausgebreitet hätte.

Ursprünglich gab es Befürchtungen, dass der Kostenplan für das denkmalgeschützte Theater gesprengt werde. Das Problem ist aber der Neubau mit den Verwaltungstrakten. Knapp 73 Millionen Euro waren dafür veranschlagt, nach ersten Prognosen sollen es - in einer zur ursprünglichen Planung bereits abgespeckten Version - 93 Millionen werden. Die SPD wettert, dass "über das ganze Vorhaben neu nachgedacht" werden müsse. Günstigere Ideen müssten geprüft werden, so könne etwa die zweite Spielstätte dauerhaft an einem Interimsstandort erhalten bleiben.

Weitere Kostensteigerungen könnten die Stadt überlasten und Investitionen in andere Vorhaben verhindern. "Wenn wir im Mai 2020 feststellen, dass die Kosten weiter durch die Decke gehen, ist es zu spät für Umplanungen und der Zug ist abgefahren", sagt der OB-Kandidat der SPD, Dirk Wurm. Nach Beobachtungen von Martina Wild, die für die Grünen auf den Chefsessel im Rathaus will, werden die Interimsspielstätten gut angenommen. Über einen dauerhaften Verbleib dort würden die Grünen aber nur reden, wenn eine solche Lösung dauerhaft günstiger wäre. Überhaupt müsse bei einer Kostensteigerung geprüft werden, ob die Architekten juristisch belangt werden könnten. Die Grünen pochen auf Antworten noch vor der Kommunalwahl.

Die CSU hält all solche Gedankenspiele allerdings für verfrüht. OB-Kandidatin Eva Weber betont in ihrem Wahlkampf-Podcast, dass die Kostensteigerung von 20 Millionen Euro noch durch nichts belegt sei. Es seien erste Schätzungen, genaue Planungen müssten die Architekten erst vorlegen. Weber, Finanzreferentin der Stadt, versichert, dass die Sanierung nicht zulasten anderer Investitionen gehe. Die CSU warnt davor, die "Vision eines Kulturviertels" in der Innenstadt vorschnell aufzugeben. Und Kulturreferent Thomas Weitzel hält ohnehin nichts davon, die Spielstätten aufzusplitten. "Da würden wir am falschen Ende sparen", warnt er.

So bekomme die Stadt eine Förderung für die Sanierung von 75 Prozent - aber nur für die jetzige Planung. Mit der Dezentralisierung der Spielstätten müsse die Stadt momentan Mietkosten von 1,5 Millionen Euro jährlich stemmen, es entstünden dauerhafte Kosten. Der Neubau einer zweiten Spielstätte als Multifunktionsarena sei unerlässlich für die künstlerische Entwicklung der Stadt. Überhaupt komme ihm das ein bisschen zu kurz bei der Debatte, sagt Weitzel: "Wir reden hier über Kunst."

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