Corona-Einschränkungen:"Alles wird wieder leise hier, du hörst keine Stimmen mehr"

Hotel Maximilians

An der Rezeption: Jacob Voss.

(Foto: Sara Behbehani)

Die Beschäftigten des Hotels Maximilian's in Augsburg haben große Anstrengungen für die Sicherheit ihrer Gäste unternommen. Umso mehr trifft sie nun der zweite Lockdown.

Von Sara Maria Behbehani, Augsburg

Betritt man das Drei Mohren Hotel in Augsburg, das von nächster Woche an Maximilian's heißen wird, dann empfängt einen der Glanz fast vergessener Tage. Seit 1722 schon gibt es das Luxushotel, inzwischen mit Sterneküche und der womöglich besten Bar der Stadt. Die Mitarbeiter in Kostüm und Anzug passen in diese Szenerie, die ein Flair von Eleganz und Zurückhaltung verströmt. So auch Michael Artner, der stellvertretende Direktor des Hauses, ein Mann mit akkurat gescheiteltem Haar und Einstecktuch, der weiß, was Höflichkeit ist und was es braucht, damit sich ein Gast wohlfühlt. Was er aber sagt, passt so gar nicht zur ruhigen Atmosphäre: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", gesteht Artner. Denn das Coronavirus macht auch vor dem ehrwürdigen Hotel mit seiner 300-jährigen Geschichte nicht halt.

Am 16. März musste das Haus zum ersten Mal seine Türen schließen. "Das hat es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben", sagt Artner. "Abgesehen von der Kernsanierung war das Hotel keinen Tag zu." Jetzt aber kommen neue Einschränkungen: Die Restaurants und die Bar schließen, touristische Übernachtungen sind verboten. Vier Millionen Euro hat das Maximilian's in der Pandemie schon verloren - und in den nächsten Monaten werden noch weitere Verluste hinzukommen.

Von der Politik wünscht Artner sich eine Differenzierung. Sicher habe auch das Maximilian's im Frühjahr Essen to go angeboten und draußen ein Barbecue veranstaltet. "Aber für ein Hotel mit 132 Zimmern ist das nicht wirtschaftlich, für uns ist das mehr ein Marketinggag." Außerdem ist Artner die Verhältnismäßigkeit wichtig: "Wenn man weiß, dass die Gastronomie kaum zum Infektionsgeschehen beiträgt, dann muss man das berücksichtigen."

Schaut man sich im Maximilian's um, versteht man, dass viel getan wurde, um diesem Virus, das so vieles lahmlegt, keine Chance zu geben: Desinfektionsspender stehen überall. Eine Lüftungsanlage mit entsprechenden Filtern führt dem Haus Frischluft zu. Für die Mitarbeiter gelten Maskenpflicht und die normalen Abstandsregeln. Die Rezeption ist hinter Plexiglasscheiben aufgebaut. Die Zimmer werden geputzt und desinfiziert, Matratzen mit Dampf gereinigt. Wenn ein Zimmer erst mal virenfrei gemacht wurde, bekommt es an der Tür ein Siegel, das erst der Gast brechen darf. Alle zwei Stunden werden Flächen wie das Treppengeländer ebenfalls desinfiziert. Eine Reinigungskraft ist ausschließlich dafür zuständig, den ganzen Tag über sämtliche Oberflächen zu desinfizieren.

"Der Arbeitsaufwand ist viel höher geworden", sagt Syzana Morina, Housekeeping Managerin. "Es ist ein sehr anstrengender Job. Mit der Maske fehlt die Atemfreiheit." Deswegen werden jetzt zusätzliche Pausen gemacht, in denen die Mitarbeiter ihre Masken abnehmen können. Dennoch reinigt jeder und jede 16 Zimmer am Tag. "Zimmermädchen ist kein Begriff", sagt Artner. "Es ist ein Knochenjob."

Hotel Maximilians

Zimmer bekommen nach der Desinfektion ein Siegel, das nur der Gast brechen darf.

(Foto: Sara Behbehani)

Ja, was macht das Maskentragen mit Menschen, die es nicht gewohnt sind? An der Rezeption hat die Maske einiges verändert. Jacob Voss ist Director of Rooms und steht auch immer mal wieder an der Rezeption. "Bedingt durch die Maske ist es ein ganz anderer Gästeservice geworden", sagt er. "Man arbeitet viel mit Mimik und Gestik. Ganz viel Zwischenmenschliches fällt gerade weg. Das ist alles steriler geworden." Auch die Kommunikation sei schwieriger, da die Worte durch die Maske dumpfer klingen und dann ja auch noch die Trennwände dazugekommen sind. "Das ist eine Herausforderung. Für die Mitarbeiter wie die Gäste", sagt Voss.

Während manche Menschen sich schwer tun, ihre Maske auch nur für kurze Zeit aufzubehalten, tragen sie die Mitarbeiter im Maximilian's acht Stunden am Tag. Für Menschen, die das nicht gewohnt sind, zumindest eine Umstellung. "Am Anfang hatten wir Stoffmasken, aber haben dann schnell auf Einwegmasken umgestellt, weil da das Atmen einfach leichter geht", sagt Voss. "Dennoch: Jeder hat eine andere Stelle, ob hinter den Ohren oder auf der Nase, irgendwann wird es unangenehm."

Ein Baarkeeper ohne Bar

Unangenehm ist das Tragen der Maske in der Küche noch aus anderen Gründen für Küchendirektor und Michelin-Stern-Träger Simon Lang. "Wir haben schon immer hohe Hygienestandards in der Küche gehabt, da mussten wir nichts umstellen", sagt er. "Aber ein Koch lebt vom Riechen und vom Schmecken. Es ist in jedem drin, an einem Stück Fleisch oder Fisch zu riechen. Das ist ein Automatismus." Auch die Hitze in einer Küche, in der ein Grill heiß läuft, sei nicht immer leicht unter einer Maske zu ertragen. "Man atmet einfach schlechter", sagt Lang.

Das Barbecue im Freien hat er während des Lockdowns mit seinen Lehrlingen aufgezogen. Bis auf die Auszubildenden waren damals alle in Kurzarbeit. "Danach hat man es den Gästen angemerkt, dass sie unbedingt zurück ins Restaurant kommen wollten", sagt er. In den beiden Restaurants und der Bar wurden die Tische weiter auseinandergerückt und ihre Zahl reduziert. Im Gourmet Restaurant Sartory wurden die Tische bis zur Sperrstunde in zwei Schichten vergeben: von 18 bis 20 und von 20 bis 22 Uhr. "Wenn wir früher gesagt hätten: Ihr habt zwei Stunden für vier Gänge, hätten die uns den Vogel gezeigt. Aber jetzt wurde es mit Handkuss angenommen", sagt Lang. Eine Sehnsucht, es sich mal wieder gut gehen zu lassen, nennt Artner das.

Hotel Maximilians

Beim Housekeeping achtet Syzana Morina im Maximilian's auf einen hohen Hygienestandard.

(Foto: Sara Maria Behbehani)

Radu Saracin hat es als Bar Manager in den vergangenen Monaten noch schwerer gehabt. Spätestens seit Einführung der Sperrstunde hätte er die Bar wieder zumachen können, sagt er. Schließlich findet ein Barbetrieb nicht bis 21 Uhr statt, sondern ab 21 Uhr. Und selbst Hotelgäste durften bei ihm zu späterer Stunde kein Glas Wein mehr bestellen, auch nicht aufs Zimmer. "Zuerst haben uns die Abstände mehr als die Hälfte der Plätze genommen", sagt er. "Heute kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, aber die Leute standen mal dicht zusammen am Tresen." Dann kam die Sperrstunde, jetzt die komplette Schließung für Wochen.

"Klar stimmt es, dass die Gäste um zwei Uhr nachts nicht mehr so gut aufpassen wie um 18 Uhr", sagt er. "Aber wir passen ja auf, dafür sind wir da. Wir haben schon in der Barschule gelernt, nüchtern zu bleiben und auf die Gäste zu achten. Das ist unser Job. Und jetzt gibt es das Risiko, dass die Leute zu Hause Party machen." Auch an die Maske hat er sich inzwischen gewöhnt, wobei er zugibt, dass sie sich das am Anfang kaum vorstellen konnten: acht Stunden am Tag Maske zu tragen. Einen Moment hält er inne, dann lächelt er und sagt leise: "Man weiß es jetzt mehr zu schätzen, was man davor hatte."

Die nun verhängten Maßnahmen machen die Mitarbeiter des Hotels traurig, zumal sie sich um maximale Sicherheit für die Gäste bemüht haben. Michael Artner, der stellvertretende Direktor, verweist darauf, dass im März zumindest noch die Aussicht auf den Sommer allen Hoffnung gegeben habe. Jetzt stehe der Winter vor der Tür und das Hotel verschlinge Unsummen im Monat. Sicher, man habe gut gewirtschaftet die letzten Jahre, aber es sei alles endlich.

"Jeder geht gerne ins Hotel", sagt Artner. "Da herrscht kulturelles Leben, kultureller Austausch. Jetzt müssen wir wieder unsere Restaurants und die Bar schließen, touristische Reisen sind verboten. Für uns ist das eigentlich ein Lockdown. Alles wird wieder leise hier, du hörst keine Stimmen mehr."

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