AsylpolitikBayern will die Asyl-Kosten deutlich senken

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Wie wichtig ihm das Thema Asyl ist, zeigt die Anwesenheit von Ministerpräsident Markus Söder (Mitte) bei der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung: Mit dabei waren Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Sozialministerin Ulrike Scharf.
Wie wichtig ihm das Thema Asyl ist, zeigt die Anwesenheit von Ministerpräsident Markus Söder (Mitte) bei der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung: Mit dabei waren Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Sozialministerin Ulrike Scharf. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Geflüchtete sollen bevorzugt zentral untergebracht werden und einer gemeinnützigen Arbeit nachgehen. Wer nicht spurt, dem sollen Leistungen gekürzt werden. „Bett, Brot, Seife“, nennt das Ministerpräsident Söder.

Von Johann Osel

Die bayerische Staatsregierung verschärft in der Migrationspolitik weiter die Gangart. „Es gibt noch keine echte Asylwende in Berlin“, es würden seitens des Bundes „nur Klein-klein-Konzepte“ gemacht, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach der Sitzung seines Kabinetts. Als Freistaat Bayern tue man aber „alles, was wir können“. Konkret soll es zusätzliche Stellen für Verwaltungsrichter geben, um Klagen gegen abgelehnte Asylanträge zu beschleunigen. Zudem baut der Freistaat Angebote für gemeinnützige Arbeit von Flüchtlingen aus. So sollen diese, wie es im Kabinettsbericht heißt, „einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen“ und „eine Gegenleistung für die Asylleistungen“ erbringen. Vor allem aber will Bayern die Kosten für Unterkünfte deutlich senken, zum Beispiel durch weitere Zentralisierung.

Wie wichtig Söder das Thema ist, zeigt auch die Tatsache, dass er seit Längerem wieder persönlich an der Pressekonferenz nach dem Ministerrat teilnahm. Die Migration, sagte er, wachse Deutschland „über den Kopf, kulturell, logistisch und auch finanziell“.

Dem Innenministerium zufolge wurden Verfahren für Asylbewerber ausgewählter Herkunftsstaaten zuletzt an Verwaltungsgerichten gebündelt, um mehr Spezialisierung aufzubauen. Dadurch habe man die Laufzeit von Verfahren schon gesenkt, derzeit dauern sie im Durchschnitt 10,3 Monate. Söder kündigte an, dass speziell am Münchner Verwaltungsgericht zum Januar zwei neue Spruchkammern mit insgesamt zwölf Richtern entstehen sollen, um die Verfahren noch schneller zu machen – idealerweise sollten diese dann in Abschiebungen münden.

Über eine Bundesratsinitiative will Bayern Asylbewerber rascher in Arbeit bringen. Zudem möchte der Freistaat, ebenfalls über den Bundesrat, Leistungskürzungen durchsetzen: Ausreisepflichtige ohne Duldung sollten nur noch 300 Euro „Existenzminimum“ bekommen. Wer sich im Asylverfahren pflichtwidrig verhalte, dem sollten die Leistungen noch weiter gekürzt werden, „Bett, Brot, Seife“, sagte Söder. Dagegen sollen Asylbewerber im laufenden Verfahren in Bayern eine gemeinnützige Arbeit aufnehmen. Dazu schafft man 5000 weitere Beschäftigungsmöglichkeiten direkt beim Freistaat. Dazu gehören etwa Dienste in großen Unterkünften selbst, zudem in Museen, Gärten oder Kantinen. Das Motto laute, sagte Söder: „Runter von der Straße.“ Auch bei den Kommunen, wo es derzeit 4000 solcher Jobs gibt, soll die gemeinnützige Arbeit für Flüchtlinge „massiv ausgebaut“ werden.

Bereits am Montag hatte Finanzminister Albert Füracker (CSU) nach Verhandlungen mit den Kommunen darauf hingewiesen, dass man die Migration auch aus finanzieller Sicht „in den Griff bekommen“ müsse – sie sei eine Belastung für sämtliche Haushalte. Bei den Kosten für Unterkünfte sollen Regierungen, Landkreise und Gemeinden die Auslastungen steigern, auch durch Umverlegungen. Teure Einzelobjekte sollen aufgelöst und gekündigt werden, von kleinen Unterkünften sollten Asylbewerber künftig eher in zentralere Einheiten verlegt werden. Dass die Größe von Einrichtungen Auswirkungen auf den Erfolg von Integration habe, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU), sei durch nichts wissenschaftlich belegt und werde nur von Flüchtlingshelfern immer wieder behauptet.

Söder erneuerte seine Forderung, Ukrainer aus dem Bürgergeld zu nehmen

Es gebe für die Sparpläne bei Unterkünften keine einheitlichen Vorgaben, sagte Herrmann, aber eine „klare Erwartung“ – gerade zu Beginn der Ukraine-Krise seien besonders teure Verträge geschlossen worden. Klar sei, dass man „gerade bei der jetzigen Haushaltslage nicht beliebig jede Miete zahlen“ könne. Sogenannte Fehlbeleger, die als Asylbewerber anerkannt sind und trotzdem in staatlichen Unterkünften wohnen, sowie Ukrainer, die klassische Sozialleistungen beziehen, werde man zwar weiterhin zulassen, so Herrmann – um Obdachlosigkeit zu verhindern. Wer es sich leisten könne, müsse aber seine „Bemühungen verstärken“, eigenen Wohnraum zu suchen. Söder erneuerte seine Forderung, Ukrainer aus dem Bürgergeld zu nehmen. Dies würde „einen ganz anderen Anreiz zum Arbeiten“ setzen und dann auch für die eigene Wohnungssuche.

Unklar bleibt zunächst der Vollzug der Strategie – wo doch Kommunen schon Probleme haben, überhaupt Objekte zu finden und vielerorts mit Gegenwehr in der Bevölkerung rechnen müssen. „Dass die Staatsregierung die Kosten im Asylbereich durch größere Unterkünfte senken möchte, muss sie erst mal den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern vermitteln“, kommentierte Gülseren Demirel, die Integrationsexpertin der Grünen-Fraktion. Für sie ist zudem „ganz klar: Größere Unterkünfte verursachen nicht nur mehr Kosten, sondern sie sind integrationsfeindlich“. Die Staatsregierung solle die Vorteile einer zentralen Massenunterbringung, auch finanziell, doch mal „wirklich belegen“.

Herrmann äußerte sich auf Nachfrage auch zum Streit um das Bamberger „Anker-Zentrum“. Die für 1500 Menschen ausgelegte Großunterkunft auf einem früheren US-Kasernengelände war für zehn Jahre vorgesehen. Dass die Einrichtung wie geplant Ende 2025 schließen soll, hat der Stadtrat zuletzt fraktionsübergreifend bekräftigt. Signale aus dem Ministerium deuteten zuletzt indes nicht auf die Schließung hin. Er sei bereit zu weiteren Gesprächen, sagte Herrmann, die Stadt müsse aber „Alternativen“ für die Unterbringung aufzeigen. Zu erwähnen sei auch, dass der Bamberger Stadtrat sich in einer europaweiten Aktion zum „sicheren Hafen“ erklärt habe – was die Aufnahme von mehr Flüchtlingen beinhaltet, als man es landesrechtlich müsste. „Da muss man bitte auch in sich glaubwürdig bleiben.“

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