Mitten in Anger:Ärger am Angerer Anger

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Die Gemeinde Anger im Berchtesgadener Land hat ein Problem mit schwerem Gerät und einer Wiese. (Foto: Robert Haas)

Teile des Dorfplatzes im oberbayerischen Anger gelten als wertvoller und artenreicher Magerrasen. Doch die Baumaschinen für die Neugestaltung müssen halt auch irgendwo hin.

Glosse von Matthias Köpf, Anger

Wenn eine Gemeinde ihren Ortskern umgestaltet, dann ist natürlich immer äußerte Sorgfalt am Platz. Wenn diese Gemeinde dann auch noch namentlich so mit ihrem Ortskern verschmilzt wie Anger im Berchtesgadener Land, dann darf sich schon gleich gar nichts fehlen. Denn der Dorfkern von Anger ist eben ein Anger – eine Wiese in Gemeinschaftsbesitz, komplett mit Mariensäule und Dorfbrunnen, fast 300 Meter lang, bis in die Sechzigerjahre von Pferden und Schafen beweidet und inzwischen als Denkmal-Ensemble geschützt. Und die Gemeinde hat ja auch lang überlegt und genau geplant. Und dann hat sie kurz ein bisschen umgeplant und dabei versehentlich weite Teile jenes dorfkernigen Magerrasens planiert, für den sie beim Bayerischen Biodiversitätspreis vor vier Jahren eine Ehrung vom Umweltminister erhalten hat.

Dabei sollte dieser Teil des Angers bei der Neugestaltung gar nicht angetastet werden. Denn all die neuen Gehsteige, Wasserleitungen, Kanäle, Trinkbrunnen, Radständer, Bushäuschen und Liegemöbel aus der Vorplanung sollen ein Stück weiter südlich Richtung Rathaus entstehen. Aber wenn dort im größeren Stil gestaltet wird, dann müssen die dafür nötigen schweren Fahrzeuge, Gerätschaften und Container der Baufirmen halt auch irgendwo hin.

Und Platz war dann eben am anderen Ende – just auf jenem ministeriell geehrten Stück Wiese, das nach Angaben der Botanikerin Barbara Fuchshuber-Draxl eigentlich ein Halbtrockenrasen ist und sehr viele seltene und gefährdete Pflanzen- und Insektenarten birgt. Fuchshuber-Draxl und der Angerer Gartenbauverein kümmern sich seit fast zehn Jahren mit viel Handarbeit um die Wiese und waren entsprechend entsetzt, dass man im Rathaus ihre Arbeit und deren Früchte offenbar ganz vergessen habe. Dabei nutze der Landschaftspflegeverband im Berchtesgadener Land die Fläche sogar als „Saatgut-Spenderwiese“ für Renaturierungsflächen anderswo im Landkreis. Eine Art handbetriebene Kehrmaschine bürstet dafür insektenschonend die Samen aus den Gräsern.

Das wiederum könnte nun der Spender-Wiese selbst zugutekommen. Denn nach der Neugestaltung des übrigen Dorfplatzes wird sie ihrerseits erneuert werden müssen: Immerhin haben die von Fuchshuber-Draxl alarmierten Naturschützer im Landratsamt für diese Renaturierungsfläche noch Original-Samen auf Lager.

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