Tourismus in Bayern:Übernachten verboten

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Die Bad Kissinger Hütte in den Allgäuer Alpen auf knapp 1800 Meter. Wegen der vielen Vorschriften zögern die Wirte noch mit dem Aufsperren. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Die bayerischen Corona-Hygienekonzepte lassen sich in Berghütten nicht umsetzen, sagen Wirte. Manche rechnen bereits jetzt mit dem Saison-Aus.

Von Isabel Bernstein, München

Der Wetterbericht kündigt für Benediktbeuern für den kommenden Samstag Wolken an, und wenn man so will, trifft er damit die Stimmung von Thomas Jauernig sehr gut. Am Mittwoch ist er in seine dritte Saison als Wirt der Tutzinger Hütte gestartet, aber die Vorfreude darauf ist mehr als getrübt. Am Samstag sollte zum Bewirtungs- eigentlich der Übernachtungsbetrieb dazukommen, doch daraus wird erst einmal nichts: Weil die Berghütten immer noch auf konkrete Ansagen aus dem Gesundheits- und dem Wirtschaftsministerium warten, unter welchen Bedingungen sie öffnen dürfen, haben einige nun den Starttermin für Übernachtungen nach hinten verschoben. Die Tutzinger Hütte etwa wird frühestens im Juli Wanderer beherbergen. Wenn überhaupt. Denn es könnte durchaus sein, dass sich für manche Hütten der Betrieb mit den strengen Auflagen in diesem Jahr überhaupt nicht lohnt.

Der Deutschen Alpenverein (DAV) verhandelt mit der Regierung deshalb schon seit Wochen darüber, wie die Corona-Regelungen mit der Realität am Berg in Einklang gebracht werden können. Denn auf Nachfrage verweist das Wirtschaftsministerium bisher lediglich auf das "Hygienekonzept Beherbergung", das für Einrichtungen im Tal gilt. Darin heißt es: "Jede Wohneinheit (wie z. B. Zimmereinheit, Ferienwohnung, Ferienhaus oder jedes sonstige Wohnobjekt wie Wohnwagen, Wohnmobil oder feste Mietunterkunft) muss über eine eigene Sanitäreinrichtung verfügen." Ein Zimmer teilen dürfen sich demnach nur Personen, für die die allgemeine Kontaktbeschränkung nicht gilt, also Angehörigen des eigenen Hausstands, Lebenspartner, Verwandte in gerader Linie, Geschwister und Angehörige eines weiteren Hausstands.

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Viele Berghütten verfügen allerdings über Lager und Gemeinschaftswaschräume, für sie würde die jetzige Regelung das Saison-Aus bedeuten. Er müsse allein für den zusätzlichen Hygieneaufwand bei Übernachtungen eine volle Kraft einplanen, rechnet Thomas Jauernig vor - dem gegenüber stünden drei Familien, die er getrennt von einander auf Haupthaus, Anbau und Nebengebäude unterbringen müsste. "Diese Auflagen können wir überhaupt nicht erfüllen", sagt er. Zumindest, wenn man nicht draufzahlen möchte.

Manche Unterkünfte wie die Albert-Link-Hütte, die über Zwei- und Vierbettzimmer verfügt, haben ein wenig mehr Glück, sie können zumindest mit ein paar mehr Übernachtungsgästen planen. Aber den meisten Wirten geht es wie Jauernig. Die bei Wochenendausflüglern sehr beliebte Tegernseer Hütte oberhalb von Kreuth etwa schreibt auf ihrer Internetseite: "Da wir nur Matratzenlager haben, gehen wir davon aus, dass wir dieses Jahr gar keine Übernachtungen anbieten dürfen." Und die Höllentalangerhütte, von der aus viele Bergsteiger auf die Zugspitze steigen, warnt ihre Gäste schon vor: Da noch keine verbindlichen Vorgaben vonseiten der Behörden kommuniziert wurden, "möchten wir Sie hiermit schon mal vorwarnen, dass wir Ihre Schlafplätze gegebenenfalls doch noch stornieren müssen".

Beim DAV ist man inzwischen genervt davon, dass die Wirte trotz der täglichen Gespräche mit der Regierung nach wie vor keine Planungssicherheit haben. "Wir wissen momentan schlichtweg nichts", sagt Sprecher Thomas Bucher. Zwar teilt das Wirtschaftsministerium mit, dass derzeit - auch mit Blick auf Campingplätze und Jugendherbergen - an einer Regel zur Nutzung von Gemeinschaftsbädern gearbeitet werde, doch auch wenn die, wie erhofft, bis zum Wochenende kommt: "Das ist ja nicht einfach mit einem Schnips zu realisieren", sagt Hüttenwirt Jauernig. Er benötige Vorlauf für das Personal, müsse erst einmal schauen, wie sich die Auflagen umsetzen lassen. "Wir wollen uns nichts ans Bein binden, was wir nicht erfüllen können." Schon jetzt, sagt er, müsse er im Bewirtungsbetrieb wegen der zusätzlichen Hygiene-Maßnahmen Personal wie bei Vollauslastung vorhalten, dabei dürfe er - Abstand muss sein - nur ein Viertel der Plätze besetzen. Und nach jedem Gast müssen Tisch und Speisekarte desinfiziert werden.

Ob sich das alles finanziell lohnt, weiß Jauernig nicht: "Wir werden im Lauf der Saison sehen, wie es sich ausgeht, ob ein Verlust oder doch zumindest eine schwarze Null dasteht." So oder so fehlt ihm bereits ein Monat an Einnahmen. Eigentlich hätte die Tutzinger Hütte schon Ende April öffnen sollen. Doch da gab's Corona schon.

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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