Allerheiligen:Das Familiengrab verschwindet

Allerheiligen: Ein Grab im Herbst.

Ein Grab im Herbst.

(Foto: Renate Schmidt)

An Allerheiligen beginnt offiziell die Herbst-Melancholie. Man erkennt ihr Herannahen auch daran, dass es morgens kalt und stockfinster ist. Höchste Zeit für ein paar trübe Gedanken.

Von Sebastian Beck

An diesem Freitag wird Allerheiligen gefeiert, damit beginnt wieder offiziell die Zeit der Herbstmelancholie. Man erkennt ihr Herannahen auch daran, dass es morgens kalt und stockfinster ist, weshalb man beim Aufstehen über den Staubsauger stolpert oder auf die Brille tritt. Das ist die Gelegenheit, sich zwei Weisheiten ins Gedächtnis zu rufen. Erstens: "Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten" (Buddha). Zweitens: "War es ein Zufall oder war es Schicksal? In jedem Fall war es ein Unfall" (Pfarrer in der Serie Irgendwie und sowieso bei der Beerdigung von "Tango" Bruno Jonas).

Das führt zum eigentlichen Allerheiligen-Thema, das sich mit einem Beispiel aus Markt Schwaben illustrieren lässt: Dort wurde vor etlichen Jahren der Parkplatz eines Supermarkts mit Grabsteinen gepflastert. Beim Gang zum Auto konnten die Kunden Fragmente der Namen und Sterbedaten lesen. Das lässt sich in gleich zweierlei Hinsicht als Memento Mori deuten. Nicht nur der Mensch ist sterblich - da kann er einkaufen so viel er will -, sondern auch die Erinnerung an ihn. Der Umgang mit dem Tod und den Toten sagt mindestens so viel über eine Kultur aus wie etwa der Gebrauch von Werkzeugen. Archäologen wissen es: Die Art der Bestattung hat seit Anbeginn der Menschheit auch mit der Jenseitsvorstellung zu tun. Gäbe es in tausend Jahren noch Ausgrabungen, sie würden wahrscheinlich zum Ergebnis kommen: Irgendwann Anfang des 21. Jahrhunderts hat es einen radikalen Kulturwandel gegeben.

In Bayern werden immer mehr Menschen nicht auf dem Friedhof im Sarg bestattet, sondern weit draußen in Gewerbegebieten verbrannt und ihre Asche dann in Urnenwänden verwahrt. Familiengräber gibt es alleine schon deshalb nicht mehr, weil es kaum mehr Familien gibt, die über Generationen hinweg an einem Ort wohnen. Der Tod rückt weit weg, er passt nicht zu Quantenrechnern und Quartalszahlen. Aber, so ganz am Ende, kommt er doch. Und wenn man Glück hat, landet man im Paradies, wie es dieses bayerische Volkslied besingt: "Und wann i amoi gstorben soit sei/aft grabts mi im Keller drunt ei/wohl hinterm Bierfaß/ denn mei Magn hätt's gern naß/a lustiger Friedhof wär das."

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