Mitten in Bayern:Bairisch lernen mit dem "Spiegel"

Landesversammlung der Freien Wähler Bayern

Ein Hougl, völlig eindeutig. Braucht jetzt nur noch den passenden Eintrag Bayerisches Wörterbuch.

(Foto: dpa)

Das Nachrichtenmagazin hat in der Recherche zum bayerischen Landphänomen Hubert Aiwanger ein bisher unbekanntes Dialektwort entdeckt. Hat die Dokumentationsabteilung wieder geschlafen?

Glosse von Hans Kratzer

Abgesehen von ein paar Ausrutschern hat sich das Magazin Der Spiegel bisher nach Kräften bemüht, die bayerische Provinz in ein solides Licht zu rücken. Natürlich klebte an mancher Reportage ein kleiner Überlegenheitsdünkel, und bisweilen erhob sich auch ein Feuilletonglosserl über das Kleingeistige derer, die am Fuße der Alpen hausen. Aber so etwas nehmen die dortigen Eingeborenen ihren Hamburger Brüdern und Schwestern nicht krumm, nicht zuletzt im sicheren Wissen, dass sie von ihnen einiges lernen können. So geschah es kürzlich, als der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in den Fokus von Spiegel-Journalisten geriet. Diese hinterfragten in einem Beitrag, ob es die Freien Wähler in den Bundestag schaffen. Der Titel "Ein Gartenzwerg will nach Berlin", klang putzig und ließ erahnen, dass auch Aiwangers Eigenarten phänomenologisch analysiert wurden.

Im Text tauchte folgerichtig eine urbayerisch klingende Wortschöpfung auf, die aber nicht einmal die Bayern selber kennen. Es solle niemand denken, hieß es, dass Aiwanger, "der Sohn eines Landwirts aus Rahstorf nahe Landshut ein einfältiger Hinterwäldler wäre, ein Hougl, wie man in Oberbayern ungehobelte Menschen aus Niederbayern nennt". Sakradi, wird sich mancher Leser gedacht haben, hat doch das Wort Hougl im südlichen Bayern maximal den Bekanntheitsgrad eines vorderindischen Konjunktivs.

Das belegt ein Anruf bei der höchsten Instanz der Sprachgelehrsamkeit, nämlich bei der Akademie der Wissenschaften, Abteilung Bayerisches Wörterbuch. Selbst dort wusste niemand, was ein Hougl sei. Erst eine lange Suche im mit Millionen Zetteln gefüllten Magazin brachte eine Karteikarte aus dem Jahr 1920 zum Vorschein. In Riedenburg sagte man damals zu sturen Menschen "gscherter Hougl", es ist der einzige belastbare Beleg. Für die Spiegel-Redaktion bedeutet dies, dass sie vielleicht wegen eines Hörfehlers eine durchaus attraktive Spielart des Adjektivs hoglbuachern (hagelbuchern) geschaffen hat. Ein Hougl wäre also so hart und knorrig wie das Holz der Hage- oder Hainbuche. Das wird dem Politiker Aiwanger jederzeit gerecht und beschert dem Spiegel den Ruhm, die bairische Sprache ausnahmsweise nicht verhunakelt, sondern bereichert zu haben.

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