Süddeutsche Zeitung

Politik in Bayern:Aiwanger zeigt beim Impfen die kalte Schulter

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Dezidierter Impfgegner scheint Bayerns Vize-Regierungschef keineswegs zu sein - trotzdem lässt er sich vorerst nicht gegen Corona impfen. Wieso?

Von Johann Osel, München

"Mog i ned, brauch i ned, hamma nu nia ned gmacht" - nun gut, das ist erfunden, so hat es Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nicht formuliert, als er am Dienstag nach der Kabinettssitzung von der Presse auf seine Bereitschaft zur Corona-Impfung angesprochen wurde. Aber der Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident sagte: Impfen ja oder nein - das sei für alle "eine persönliche Entscheidung, und das nehme ich auch für mich in Anspruch". Er wolle sich die weitere Entwicklung anschauen; und das bedeute auch nicht, dass er sich niemals impfen lassen werde. Was in seinen Augen fehl am Platz sei, allgemein: "öffentlicher Druck".

Da hatte auch ein dezentes Monitum von Markus Söder (CSU) beim Impfgipfel am Vortag an alle Kabinettsmitglieder nichts geholfen. Das war wohl schon auf Aiwanger gemünzt, schließlich ist der Rest dem Vernehmen nach mindestens ein Mal geimpft oder hat einen Termin - die Minister kommen der schon früher von Söder geforderten "Vorbildfunktion" nach. Ebenso wenig fruchtete der sanfte Hinweis des Ministerpräsidenten am Dienstag, dass just "jetzt die Zeit ist, wo jeder dran sein könnte".

Aiwanger zögert also. Wieso? Er sei "kein Impf-Euphoriker", hat er mal gesagt. Was man ihm zugute halten muss: Dezidierter Impfgegner scheint er keineswegs zu sein, schließlich gab es nie ein böses Wort übers Impfen an sich. Obwohl das in gewissen Lagern - mit Blickrichtung Bundestagswahl, die Ambitionen der FW auf Berlin und mögliche Stimmen aus der AfD-Ecke - ziemlich gut ankommen könnte. Leute, die ihn kennen, behaupten auch, Hubert Aiwanger fühle sich als kerniger Landbewohner von Kindesbeinen an generell mit formidablen Abwehrkräften versehen.

Wohl bleibt doch die Erklärung, die Aiwanger so eben nicht gesagt hat: "Mog i einfach ned. Punkt." Das ist kaum die idealtypische Positionierung für den Vize-Regierungschef eines Bundeslandes im Corona-Kampf - aber, recht hat er, es ist letztlich seine Entscheidung.

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SZ vom 30.06.2021 / ojo
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