Süddeutsche Zeitung

Trotz Corona-Beschränkungen:AfD in Bayern plant Parteitag mit Hunderten Leuten

Alle anderen Parteien haben bis Jahresende ihre Präsenzparteitage abgesagt. Die AfD will sich mit voraussichtlich mehreren hundert Teilnehmern in Greding treffen - in einer Festhalle und zwei zusätzlichen Zelten.

Von Johann Osel

Die bayerische AfD hat für ihr Vorhaben, trotz Teil-Lockdown im November einen Präsenzparteitag im mittelfränkischen Greding abzuhalten, massive Kritik geerntet. Das Treffen mit voraussichtlich vielen Hundert Teilnehmern am 21. November will man aber nach SZ-Informationen nicht nur in der angestammten Festhalle abhalten, sondern zusätzlich mit zwei Zelten davor - von der zuständigen Kreisbehörde liege "unter Vorbehalt" eine Genehmigung vor, vom September. Das bestätigte das Landratsamt Roth auf Anfrage der SZ am Mittwochmorgen: Dem Veranstalter gehe aber noch ein Bescheid zu, der auf strikte Einhaltung aller Corona-Regeln verweise: Maskenpflicht und Abstände müssen eingehalten werden, außerdem darf es kein gastronomisches Angebot geben. Einige Stunden später teilte die Behörde der AfD zunächst mündlich mit, dass sie die Teilnehmerzahl auf 100 begrenzen wolle. "Final" sei die Entscheidung noch nicht. Die AfD will sich in dem Fall wohl juristisch dagegen wehren. Sämtliche anderen Parteien hatten seit dem Frühjahr und für das restliche Jahr ihre Parteitage abgesagt und zumeist auf Online-Varianten umgestellt.

Der Termin sei wichtig, sagte Vize-Landeschef Gerd Mannes, weil die Satzung den Parteitag vorsehe. Und auch konkret: Weil einerseits Nachwahlen im Vorstand nötig seien, im Mai war Beisitzer Jürgen Steinhäuser im Streit aus der Partei ausgetreten - er hatte "Intrigen" und "Kindergarten" im Vorstand gerügt. Andererseits sei das Treffen notwendig zur Vorbereitung der Listenaufstellung für die Bundestagswahl 2021. Womöglich müsse diese im Frühjahr bei einem kleineren Delegierten- statt einem Mitgliederparteitag erfolgen; für diese Option müsse man aber zunächst die Satzung ändern und zwar per Parteitagsbeschluss.

Bisher stimmen in der AfD Mitglieder auf Parteitagen ab, jeder, der will, darf kommen. Das machte Parteiwahlen zuweilen unberechenbar, weil die verschiedenen Lager sich ihr Publikum organisieren können. Aber es nährt auch den selbst gegebenen Nimbus der AfD als basisnahe Partei - so ist das Delegiertenprinzip, das es bei Bundesparteitagen gibt, durchaus umstritten. Wenn nicht jeder mitentscheiden darf, könne der Vorstand "klüngeln und sich Posten zuschanzen", hört man oft in Parteikreisen. Die Frage dürfte also - unabhängig von der Corona-Debatte - intern zu Auseinandersetzungen führen. Man müsse die Satzung "rechtssicher machen", sagte Mannes, dass "auch unter erschwerten Bedingungen" Politik möglich sei.

Unverständnis kam am Mittwoch von anderen Landtagsfraktionen und auch vonseiten der Staatsregierung. "Es geht darum, dass wir jetzt auf alle Veranstaltungen, die nicht wirklich zwingend erforderlich sind, verzichten. Und alle halten sich dran. Nur die AfD nicht", sagte Staatskanzleichef und Corona-Koordinator Florian Herrmann (CSU) dem BR. "Wenn man meint, man könne sich jetzt als Partei eine Extrawurst braten, während die Bevölkerung im Übrigen auf viele schöne Dinge verzichtet, dann ist das falsch." Die Grünen sprachen von einem "potenziellen Superspreader-Event", es zeige sich "das wahre Gesicht der AfD". Die FDP wies darauf hin, dass sicher auch Abgeordnete am Parteitag teilnehmen - "die sitzen dann demnächst wieder hier im Landtag und sind dann auch wieder eine Gefahr für Mitmenschen".

Maximal 750 Besucher sieht die ursprüngliche Erlaubnis vor. Meist kommen bei Mitgliederparteitagen um die 400 Leute. Die AfD verweist dagegen auf die Zelt-Lösung, mit der Abstände möglich seien, zudem trage man Masken. "Wir halten uns an die Hygienebestimmungen", betonte Mannes. Dies freilich muss sich erst erweisen - sprechen sich doch weite Teile der AfD klar gegen Masken aus, diese seien Teil einer "Corona-Diktatur". Gerade an der Basis, die in Greding ja erwartet wird, kursiert diese These. Landeschefin Corinna Miazga sprach außerdem davon, die Präsenzveranstaltung setze ein "Zeichen" gegen die Corona-Regeln.

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SZ vom 12.11.2020/mmo
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