Süddeutsche Zeitung

AfD im Bayerischen Landtag:Eine Geste der Verachtung

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Der AfD-Abgeordnete Ralph Müller hat sich im Bayerischen Landtag bei einer Gedenkminute für den ermordeten Walter Lübcke ungeheuerlich verhalten. Schon einmal hat die Fraktion offen ihre Gesinnung gezeigt.

Kommentar von Sebastian Beck

So schäbig wie der AfD-Abgeordnete Ralph Müller hat sich im Landtag wahrscheinlich noch nie zuvor ein Politiker verhalten. Selbst Beobachtern, die sich seit Jahrzehnten mit dem Parlament beschäftigen, fällt keine vergleichbare Ungeheuerlichkeit ein: Der Zahnarzt aus Altdorf bei Nürnberg ist während der Gedenkminute für den ermordeten CDU-Politiker Walter Lübcke einfach sitzen geblieben. Müller hat dem Opfer eines rechtsextremen Täters bewusst die Ehrung verweigert und ihm damit posthum seine Verachtung gezeigt. Als sich danach Empörung im Plenarsaal breitmachte, faselte Müller etwas von "moralingetränkter Hexenjagd".

Schon einmal hat die AfD-Fraktion mit ihrem Verhalten ein Gedenken beschmutzt. Als der Landtag im Januar in einer Feierstunde an die NS-Opfer erinnerte, zog ein Großteil der AfD-Abgeordneten während der Rede von Charlotte Knobloch aus dem Plenarsaal aus. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern hatte ein paar allzu wahre Sätze gesagt: "Heute und hier ist eine Partei vertreten, die (...) die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost und enge Verbindungen ins rechtsextreme Milieu unterhält." Nach dem Eklat im Landtag wurde die 86-jährige Knobloch von den Gesinnungsgenossen der AfD beschimpft und bedroht.

Politisch hat die AfD seit ihrem Einzug in den Landtag nichts zustande gebracht außer internen Machtkämpfen und dem Kauf einer Couchgarnitur für 20 000 Euro auf Kosten des Steuerzahlers. Aber was soll man von einer Partei schon erwarten, deren einziger Programmpunkt die Wut aufs Establishment ist?

Einen Beitrag hat die AfD allenfalls zur Verrohung der politischen Kultur geleistet. Vielen ihrer Wähler ist das egal, sie freuen sich über Provokationen wie am Mittwoch. Selbst das Strache-Video hat der AfD-Schwesterpartei FPÖ in Österreich kaum geschadet. Umso wichtiger ist es, dass die anderen Parteien im Landtag zusammenstehen, wenn die Grundregeln der Menschlichkeit das nächste Mal wieder mit Füßen getreten werden.

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Quelle:
SZ vom 27.06.2019
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