Politik in Bayern:AfD will alle ukrainischen Kriegsflüchtlinge sofort abschieben

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Katrin Ebner-Steiner ist Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Fraktion im Landtag fordert auf ihrer Klausur millionenfache Ausweisungen, Grenzschutz womöglich auch mit Zäunen und die Schließung der meisten Moscheen im Land. Die CSU, heißt es, würde bei der Migration nur „rechts blinken“.

Von Johann Osel

Die AfD im Bayerischen Landtag wirft der CSU „Rechts-Blinken“ und „Lippenbekenntnisse“ vor, wenn es um die Migration geht. Zum Ende der Winterklausur ihrer Fraktion am Donnerstag sagte die Vorsitzende Katrin Ebner-Steiner: Nur die AfD können Bayern „auf den rechten Weg bringen“ und die Menschen „aus dem Würgegriff des Altparteien-Staats“ befreien. Damit das Land nicht von „integrationsunwilligen Leistungsempfängern überschwemmt“ werde, fordert die AfD eine „umfassende Remigration“.

Das bedeute die Abschiebung aller kriminellen und nicht aufenthaltsberechtigten Ausländer, heißt es formal in einem „Zukunftsplan“ der Fraktion. Wie Ebner-Steiner auf Nachfrage erklärte, müssten nach ihrer Vorstellung auch alle ukrainischen Kriegsflüchtlinge das Land verlassen – und zwar sofort, „auch jetzt schon“. Das wären deutschlandweit 1,2 Millionen Menschen, darunter der Großteil Frauen und Kinder, in Bayern bis zu 200 000 Personen. Die Ukraine, so Ebner-Steiner, sei schließlich groß und habe „genügend Gebiete“, in die man zurückkehren könne. Weitere Forderungen: An den deutschen Grenzen sollten, „wenn nötig“, Zäune errichtet werden. Bayerns Städte und Gemeinden sollen einen „Asylnotstand“ ausrufen dürfen, um die Zuteilung von Flüchtlingen abzulehnen. Flüchtlinge sollen ausschließlich Sachleistungen erhalten – also auch kein Geld mehr über die Bezahlkarte, wie sie die CSU in Bayern eingeführt hat und als Vorbild für Deutschland sieht.

Das alles geschieht wohl auch vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl. Im neuen BR-„Bayerntrend“ verliert die AfD zwar einen Prozentpunkt verglichen mit der Erhebung Ende November und steht jetzt bei 16 Prozent. Dennoch ist sie damit zweitstärkste Kraft im Freistaat; indes mit weitem Abstand zur CSU (42 Prozent). CSU-Chef Markus Söder hatte in dieser Woche, bei der Klausur seiner Landtagsfraktion in Kloster Banz, im Falle eines Wahlsiegs der Union ein „klares Konzept und harte Hand“ in der Migration angekündigt. Zurückweisungen an der Grenze, das Forcieren von Abschiebungen und wieder höhere Hürden für den Erwerb des deutschen Passes gehören dazu.

Söder erklärte den Zulauf für die AfD vor allem in bundesweiten Umfragen damit, dass manche Wähler nach der Migrationspolitik unter Kanzlerin Angela Merkel der Union „eine gewisse Skepsis“ entgegenbrächten – ob CDU und CSU es ernst meinten mit der Begrenzung der Zuwanderung. Er könne aber versichern, dass es sich heute nicht mehr um die „Groko-Union“ von früher handele. Der AfD warf Söder vor, „ein anderes Land“ zu wollen, unter anderem durch die Abkehr von Europa und dem Euro, was ein wirtschaftliches Debakel für Deutschland wäre. Die AfD sei der „Systemfeind“.

Ein massiver Unterschied zeigt sich beim Konzept der „Remigration“, das die AfD verspricht. Politiker der Partei, auch Ebner-Steiner, fordern immer wieder eine strategische Rückführung, „millionenfach“. Die Zahl ausreisepflichtiger Ausländer in ganz Deutschland liegt aber nur bei etwa 230 000 Personen. Rein rechnerisch müssten von „Remigration“ im großen Stil auch Ausländer mit Aufenthaltstitel oder sogar deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund betroffen sein – das jedenfalls gilt vielfach als Vermutung. Darauf ging Ebner-Steiner am Donnerstag nicht ein. Mit Ukrainerinnen und Ukrainern komme man aber Richtung zwei Millionen, rechnete sie vor.

CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sagte dazu im Kloster Banz: Wer „unsere Leitkultur“ nicht akzeptiert oder straffällig wird, müsse „ganz konsequent“ das Land verlassen. Wer sich aber integriert habe, sei wertvolles Mitglied der Gesellschaft und etwa in Pflege, Baugewerbe oder Hotellerie oft unverzichtbar. Die AfD verstehe unter „Remigration“, so Holetschek zum Abschluss der Klausur am Donnerstag, „etwas anderes, als sie möglicherweise jetzt zugibt“.

Bei ihrem Treffen in Regensburg hat die AfD auch den Neupfarrplatz besichtigt, wo ein früheres Kaufhof-Gebäude steht. Dort gab es zuletzt Berichte über Investoren für ein mögliches islamisches Kultur- und Einkaufszentrum. Das wird von der SPD-geführten Stadtspitze und der CSU abgelehnt, zudem sind die Details völlig unklar. Ebner-Steiner erklärte dennoch, dass die besorgten Bürger „von den Altparteien im Stich gelassen werden“. Ein solches Zentrum unweit vom Regensburger Dom sei „Zeichen einer schnell fortschreitenden Landnahme durch den politischen Islam“.

Die AfD-Fraktion beschloss auch ein „Anti-Islamisierungs-Paket“. Dessen Maßnahmen betreffen aber vielfach die Religion an sich. Der staatliche islamische Religionsunterricht an Bayerns Schulen (der in der Praxis gerade Extremismus vorbeugen soll) soll gestrichen werden. Organisationen des politischen Islams, wozu die AfD auch den türkischen Dachverband Ditib zählt, dürften keine Gebäude mehr erwerben oder nutzen. Das würde die Schließung der meisten Moscheen im Land bedeuten. In den verbleibenden solle es eine Deutschpflicht geben.

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