Süddeutsche Zeitung

Unter Bayern:Chat GPT kann alles - außer Bairisch

Erstmals saß ein Roboter in einer Talksendung des Bayerischen Rundfunks. Er kokettierte und redete supergescheit daher. Als er aber gefragt wurde, ob er einen bayerischen Satz sagen könne, stieß er rasch an seine Grenzen.

Glosse von Hans Kratzer

"Weltpremiere!", frohlockte Christian Nitsche, Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, in der Talkshow "Münchner Runde". Erstmals durfte ein mit künstlicher Intelligenz gefütterter Roboter in der Sendung mitdiskutieren. Er hörte auf den coolen Namen Pepper.

Schon bei der Probe redete das Plastik-Manschgerl supergescheit daher. Fast rührend wirkte es, als Pepper behauptete, ein wenig nervös zu sein. Das war freilich ein Bluff, denn nervös war das Wesen gewiss nicht, vielmehr glotzte es wie der Aff, wenn's blitzt.

Als Nitsche fragte, ob Pepper auch "ein wenig bayerisch" (sic!) spreche, traf er einen wunden Punkt, denn Pepper antwortete wirr. Vermutlich hat man dem Manschgerl noch nicht eingetrichtert, dass es eine bayerische Sprache gar nicht gibt, sondern nur bairische, fränkische und schwäbische Mundarten. Komplett überfordert war Pepper, als Nitsche um einen Satz "auf bayerisch" bat. Jetzt wollte der Roboter auftrumpfen, aber er verzapfte nur Schmarrn: "Na klar", tönte Pepper, "mia san die Bayerisch und mia kenna gut mia."

Oh je oh je, da lief bei der Programmierung ziemlich was schief. Bayerische Sprache, bayerische Geschichte, da beißt es bei der künstlichen Intelligenz aus. Mia san mia - so hatten schon die Deutschmeister in der k.-u.-k.-Armee getönt, und heute führen die Deutschmeister des FC Bayern diesen Brauch munter fort.

Peppers Hirn besteht aus dem Chatbot GPT, der zurzeit weltweit für Aufsehen sorgt. Außer Bairisch kann er ziemlich viel. Binnen Sekunden löst er Matheaufgaben, er schreibt Hausaufgaben und sogar Liebesbriefe. Schon bald wird der Mensch von der Mühe, selber Texte verfassen zu müssen, befreit sein.

Hausaufgaben von Helfern wie GPT erledigen zu lassen, das ist freilich ein alter Hut. Auf derlei Bots setzte der Grundhartinger Seppi, dessen richtiger Name - um Pepper ein bisserl zu tratzen - hier leicht variiert ist, schon vor 50 Jahren. Er ließ ein Jopa-Steckerleis springen, wenn jemand für ihn die Hausaufgabe schrieb. An Aspiranten mangelte es nicht, oft konnte erst mit einer Rauferei geklärt werden, wer Seppis Aufsatz übernehmen durfte. Für die Lehrer war die Täuschung leicht zu durchschauen, zu verräterisch waren die diversen Sauklauen und die originellen Variationen der Rechtschreibung. Unterschleif mithilfe von Chat GPT wird gewiss schwieriger zu enttarnen sein. Es sei denn, der Aufsatz geht ums Thema "Mia san mia!"

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