Süddeutsche Zeitung

Bayerischer Wald:Geheule um die Wolfskinder

Da streift nun tatsächlich das erste Wolfsrudel seit 150 Jahren durch den Nationalpark Bayerischer Wald - und dem Agrarminister fällt nichts Besseres ein, als wolfsfreie Zonen zu fordern.

Kommentar von Christian Sebald

Was für ein Armutszeugnis! Ende vergangener Woche hat das Landesamt für Umwelt in einem dürren Zweizeiler gemeldet, dass das Wolfspaar im Nationalpark Bayerischer Wald tatsächlich den lange erwarteten Nachwuchs bekommen hat und mit den Elterntieren jetzt wenigstens drei Welpen die Wälder im Lusengebiet durchstreifen. Dann herrschte vier Tage lang Funkstille.

Die erste Reaktion der Staatsregierung kam ausgerechnet von Helmut Brunner. Via Zeitung forderte der Agrarminister, den strengen Schutz des Wolfes aufzuweichen, damit einzelne Tiere abgeschossen werden dürfen, dazu wolfsfreie Zonen auf Almen und Alpen - so wie das viele Landwirte und der Bauernverband seit Jahren verlangen. Außerdem will Brunner Beratungs- und Präventionsprogramme für die Bauern, damit die Wölfe möglichst wenig Nutztiere reißen, und einen staatlichen Fonds, aus dem dies bezahlt wird.

Keiner verlangt, dass die Staatsregierung die Rückkehr der Wölfe nach Bayern so enthusiastisch begrüßt wie weiland Werner Schnappauf den Bären Bruno. "Der Braunbär ist in Bayern willkommen!", rief der damalige Umweltminister im Mai 2006. "Das Ammergebirge ist ein geradezu idealer Lebensraum für ihn." Aber eine realistische Sicht der Dinge und ehrliche Statements darf man schon erwarten.

Brunners Forderung nach wolfsfreien Zonen etwa läuft ins Leere. Der Wolf ist europaweit streng geschützt, wolfsfreie Zonen sind im europäischen Naturschutzrecht nicht vorgesehen, eine Änderung dieses Status ist nicht in Sicht. Oder die Präventions- und Beratungsprogramme und der staatliche Fonds dazu. Natürlich muss es sie endlich geben. Der Grund, warum sie immer noch ausstehen, ist einzig, dass sich die Landwirtschafts- und die Naturschutzverwaltung seit Monaten gegenseitig die Verantwortung dafür zuschieben. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Im Umweltministerium, das eigentlich für das Wolfsmanagement zuständig ist, hält man derweil den Ball möglichst flach. Derzeit gebe es keinen Anlass, dass sich Umweltministerin Ulrike Scharf zu den ersten Wolfsjungen seit mehr als 150 Jahren in Bayern äußert, heißt es dort. Mal sehen, wie lange sich die Linie durchhalten lässt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3621438
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.08.2017/vewo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.