Unter BayernDas Geheimnis des Bayerwalds

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Es wogt der Wald: Landschaft bei Ranfels im Bayerischen Wald.
Es wogt der Wald: Landschaft bei Ranfels im Bayerischen Wald. (Foto: Sebastian Beck)

Der Freistaat hat so viele interessante Regionen zu bieten. Am Ende landet man aber doch immer wieder auf der A92 in Richtung Deggendorf. Denn nirgendwo sonst ist die Dichte an Lebenskünstlern so hoch wie ganz weit im Osten.

Kolumne von Sebastian Beck

Der Bayerische Wald ist die wahrscheinlich seltsamste Gegend des ohnehin seltsamen Freistaats Bayern. Man nimmt sich als Reporter ja oft vor, beispielsweise Mittelfranken genauer zu erkunden. Ornbau, Spalt, Wassertrüdingen. Aber dann findet man sich doch wieder auf der Autobahn A92, das Auto kennt den Weg, es weiß von selbst, wo sich sein Besitzer immer die Schnitzelsemmel holt und fährt dort automatisch rechts ran.

Hinter Deggendorf baut sich der Wald mit all seinen Geheimnissen auf. Hier trifft man Menschen, die den Lauf der Zeit komplett aus eigener Anschauung erklären können. Wie erst neulich am Rande einer Veranstaltung in einem Dorf, eine halbe Stunde entfernt vom nächsten Bahnhof, 30 Prozent AfD-Wähler. Die Anreise von München mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert drei bis fünf Stunden. Immerhin hat der Freistaat dort zusammen mit der EU ein Bürgerhaus hingestellt, dass es einem – um es mal salopp zu sagen – das Aug’ raushaut.

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Aber statt sich zu freuen, regte sich einer der Gäste mordsmäßig darüber auf, dass die Gegensprechanlage zu teuer sei, er sei vom Fach, er könne das beurteilen. Und das sei nur ein Beispiel von vielen, wie der Staat das Geld rausschmeiße, er habe da noch viel mehr auf Lager, et cetera pp. und überhaupt. Das erinnerte irgendwie an den Einödbauern, der dem Reporter einmal die Beobachtung schilderte, wonach die Düngemittelvertreter immer früher im Jahr auf dem Hof auftauchen – seiner Meinung nach ein Indiz dafür, dass die Dinge auf der Welt ganz grundsätzlich und gefährlich aus den Fugen geraten seien.

Oder der ehemalige Schweißer hinten im Lamer Winkel. Er sammelte Schnupftabakdosen und mischte sich seinen Schmalzler selbst. Zweimal habe er in seinem Leben Urlaub gemacht, erzählte er dem Besucher, und zwar im Allgäu. Dabei stellte er fest, dass es dort auch nicht schöner sei als daheim, weshalb er auf weitere Urlaubsreisen verzichtete und sich ganz der Pflege seines Waldstücks am Arber widmete.

Wahrscheinlich ist es so, dass die Bäume des Bayerwalds zu reden beginnen, wenn man nur lange genug in die Stille hinein lauscht. Manchen flüstern sie leider viel Unsinn zu, anderen aber geniale Eingebungen. Deshalb wohnen dort auch so viele Künstler oder zumindest Lebenskünstler. Aber als Oberbayer kann man die Bayerwaldler ohnehin nie wirklich verstehen, das ist ja das Schöne.

Am Wochenende geht es wieder auf die Autobahn, das Auto kennt die Richtung.

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