Bayerischer Verdienstorden:Seehofers Lobeshymnen

57 Personen haben den Bayerischen Verdienstorden erhalten, doch warum erfahren sie nicht. Aber Sie! Hier sind die schönsten nicht gehaltenen Reden des Ministerpräsidenten.

P. Fahrenholz, A. Goebel und C. Mayer

Für Ministerpräsidenten im Freistaat Bayern zählt die Verleihung des Bayerischen Verdienstordens, die am Mittwoch wieder einmal in der Münchner Residenz zelebriert wurde, zu den schönsten Amtspflichten. Das Antiquarium glänzt so prächtig wie zu den Glanzzeiten der Wittelsbacher, das geneigte Publikum sitzt gebannt zwischen Herrscherbüsten, die Honoratioren und Würdenträger lächeln gerührt, die Fotografen verrichten ihr blitzendes Tagwerk, am Ende erklingt die Bayernhymne, zu Ehren der Preisträger, die alle mehr oder weniger viel für den Freistaat geleistet haben.

Josef Grünwald

Warum denn bloß? Ein Preis ohne Begründung: Der Bayerische Verdienstorden.

(Foto: dpa)

Geht's noch toller? Kaum, das weiß auch Horst Seehofer, der auf der Gesellschaftsbühne zwar nicht ganz so staatstragend-stoiberistisch agiert wie sein Vorvorgänger im Amt, aber das Klappern mit den Verdienstorden durchaus zu schätzen weiß.

In diesem Jahr wollte Seehofer, innovativ wie er ist, den starren Ablauf der Veranstaltung ein wenig durcheinanderbringen: Er wollte, anders als seine Vorgänger, einzelne Preisträger besonders würdigen. Es sollte "eine persönlich gehaltenen Rede" sein, lautete Seehofers Direktive, also nicht der übliche Referenten-Quatsch, der meist aus dem Archiv abgeschrieben wird.

In letzter Minute konnten Mitarbeiter ihren forschen Chef von seinem Vorhaben abhalten. Seehofers eigenmächtige Neuerung hätte den ganzen engen Terminplan durcheinandergebracht. Die fertigen Reden wanderten in die Ablage.

Durch eine Indiskretion in der Staatskanzlei sind sie nun jedoch in der SZ-Redaktion gelandet. Wir dokumentieren ein paar aufschlussreiche Beispiele.

Ruth Maria Kubitschek, schau wie ich schau

Ruth Maria Kubitschek

Kubitschek verfilmt ihren dritten Roman und spielt die Hauptrolle

Ruth Maria Kubitschek: Ein Verdienstorden für das Spazl.

(Foto: ag.ddp)

Liebe Ruth Maria Kubitschek! Verehrtes Spatzl! Verzeihen Sie die vertrauliche Anrede bei diesem offiziellen Anlass. Aber es ist für einen Mann, zumal für einen bayerischen Mann, schlicht unmöglich, bei Ihnen nicht sofort an Ihre legendäre Rolle in der Fernsehserie "Monaco Franze" an der Seite von Helmut Fischer zu denken.

Ich will damit Ihre anderen Verdienste als Schauspielerin und Buchautorin in keinster Weise schmälern, und wir nehmen es auch überhaupt nicht übel, dass Sie seit vielen Jahren in der schönen Schweiz leben. Ihr Interesse an Meditation, liebe Frau Kubitschek, an fernöstlichen Heilmethoden und Zen-Gärten beobachten wir von München aus in aller Gelassenheit und in dem Wissen, dass Ihr wahrer Platz immer hier sein wird. An der Seite des ewigen Stenz.

Gibt es irgendeine Frauenfigur im Bayerischen Fernsehen, die an das Spatzl heranreicht, die kultivierte Annette von Soettingen, die ihrem Mann alles, aber wirklich alles verzeiht? Freilich wird es ihr für kurze Zeit doch ein bisserl viel, sie lässt ihn in der neunten Folge allein zurück. Aber eben nicht für immer, es gibt ein Happy End, und ich glaube, ich stehe als Mann nicht allein, wenn ich sage: Das hat mir imponiert.

Ganz zu schweigen vom Strahlen Ihrer blauen Augen, mit dem Sie als Verlegerin sogar den eigensinnigen Baby Schimmerlos in "Kir Royal" zu bändigen wussten. Das sind wegweisende Münchner Rollen, liebe Frau Kubitschek. Und auch wenn mir bewusst ist, dass ich kaum mit Helmut Fischers Dackelblick konkurrieren kann - ich will die Gelegenheit nicht versäumen, den berühmten Satz einmal selbst an Sie zu richten: Spatzl, schau wie ich schau.

Markus Söder, Du Stuhlsäger

Landtag - Wassergesetz

Wegen der Loyalität? Auch Markus Söder bekommt einen Verdienstorden.

(Foto: dpa)

Markus Söder

Lieber Markus, im Grunde bist du ja noch ein bisserl jung für den Verdienstorden. In deinem Alter hat man ja eigentlich noch gar keine Verdienste. Auch wenn du im letzten Fasching in Veitshöcheim als Zauberer Gandalf gegangen bist und dir damit den Anstrich eines weisen Mannes geben wolltest: Da war wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Andererseits: Man soll ja immer vorsichtig sein mit Prognosen, das sieht man ja an mir. Dass ich mal Ministerpräsident werden würde, hat ja auch keiner geglaubt, noch nicht mal ich selbst. Das ist bei dir natürlich anders, lieber Markus.

Was ich an dir rühmen möchte, und deswegen bekommst du den Verdienstorden auch zu Recht, ist dein politischer Instinkt. Als ich im Jahr 2007 CSU-Chef werden wollte, hast du ja noch fest an der Seite vom Huber-Erwin gestanden. Aber als sich abzeichnete, dass es mit dem Huber-Erwin nicht mehr lange gutgehen würde, standest du plötzlich neben mir. So schnell hat sich sonst keiner ans rettende Ufer geflüchtet. Seitdem kann ich mich auf deine Loyalität hundertprozentig verlassen, praktisch genauso wie der Huber-Erwin. Das war jetzt Ironie, meine Damen und Herren.

Ich nehme dir das übrigens nicht übel. Dass zur Politik ein gesunder Schuss Egoismus gehört, weiß schließlich keiner besser als ich. Dankbarkeit ist in der Politik keine Kategorie, auch das weiß ich. Deshalb ist mir klar, dass diese Ordensverleihung mir nur eine kleine Schamfrist gewähren wird, ehe du wieder diskret an meinem Stuhl sägst. Irgendwann wirst du dein Ziel erreichen, aber nicht ganz so schnell, wie du denkst.

Ralph Siegel, Du kannst nicht immer 17 sein!

Omega & Audi Golf Trophy 2010

Ralph Siegel: Danke für Dschingis Kahn!

(Foto: dpa)

Ralph Siegel

Ich freue mich, Ihnen endlich die längst verdiente Ehrung anheften zu können, lieber Herr Siegel. Sie sind als Schlagerexporteur gleichzeitig auch ein Exportschlager, ein Liederproduzent und Gefühlskomponist ersten Ranges, deshalb schulden wir Ihnen Dank und Anerkennung.

In Ihren besten Zeiten waren Sie ein wenig wie die CSU: Sie trafen den Geschmack der Leute auf fast schon unheimliche Weise; sie waren der musikgewordene Volkswille. Mir selbst klingt seit vielen Jahren diese einzigartige Siegel-Melodie im Ohr: "Du kannst nicht immer 17 sein", nein Junge das kannst selbst du nicht ganz, sage ich mir immer wieder, aber wenn ich nach einem harten Tag in der Staatskanzlei nach Hause komme, greife ich zur Vierfach-CD mit den besten Siegel-Produktionen. Ich bin kein großer Tänzer, aber bei "Dschingis Khan" hält mich nichts mehr auf dem Sofa, da fällt der ganze Koalitionsstress von mir ab, da vergesse ich diese ganzen nervigen Gesundschrumpfbrüder von der FDP, da zapple ich, bis im Hobbykeller die Modelleisenbahn vom Tisch fällt.

Diese Hymne auf einen großen Herrscher, der ungehemmt seine Rauf- und Randalierlust befriedigen darf, war auch das heimliche Lieblingslied von Franz Josef Strauß. Ja, es ist wahr, er hat es sich immer wieder angehört, damals im Bundestagswahlkampf 1980, als Ihr mongolisches Meisterwerk dank Leslie Mandoki und seinen Gefährten die Hitparade stürmte. Sie können sicher sein, lieber Herr Siegel, Ihr Liedgut wird weiterwirken, und sei es nur im Hobbykeller des bayerischen Ministerpräsidenten, der sich in tiefer Dankbarkeit nun vor Ihnen verneigt.

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