Bayerischer Landtag:"Wir werden Ihnen diesen Wahlbetrug bis zum 14. Oktober nicht durchgehen lassen"

Markus Rinderspacher

Markus Rinderspacher bei einer Rede im Bayerischen Landtag.

(Foto: dpa)
  • Im April hat Bayerns Ministerpräsident Söder seine erste Regierungserklärung abgegeben - und dabei für sehr viele Projekte sehr viel Geld versprochen.
  • Bei der Haushaltsdebatte im Landtag hat ihn die Opposition nun scharf kritisiert, denn viele Versprechen sei kein Geld eingeplant.
  • Die CSU hielt dagegen: Söders Regierungserklärung sei nicht kurzfristig angelegt, sondern auf fünf Jahre.

Von Wolfgang Wittl

Die Opposition hat die Haushaltsdebatte zu einer ersten Abrechnung mit der Regierungsarbeit von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) genutzt. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher warf Söder "Blendwerk" und "Augenwischerei" vor. Etliche Projekte aus seiner Regierungserklärung fänden sich im Nachtragshaushalt nicht wieder, kritisierte Rinderspacher am Mittwoch im Landtag und sagte: "Wir werden Ihnen diesen Wahlbetrug bis zum 14. Oktober nicht durchgehen lassen."

Weder für Söders versprochene Offensive in der Kinderbetreuung, noch für die angekündigten Busse, Tram- und U-Bahnen, noch für Investitionen bei Unternehmensverlagerungen sei im Haushalt Geld eingeplant. "Einige Versprechungen überlebten nicht mal 48 Tage." Auch Zukunftsprojekte wie der Hyperloop und Flugtaxis seien nicht aufgelistet. "Das Raumfahrtprogramm Bavaria One ist bei genauem Hinsehen das Märchen Söderchens Mondfahrt", spottete Rinderspacher.

Die CSU wies die Angriffe scharf zurück. Söders Regierungserklärung sei nicht auf 48 Tage oder bis zur Wahl am 14. Oktober angelegt, sondern auf fünf Jahre, sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Peter Winter. "Wenn Sie fair wären, würden Sie ihm eine Chance geben." Bayerns Stärke auf dem Arbeitsmarkt, in Sicherheit, Bildung und Wirtschaft suche ihresgleichen.

Finanzminister Albert Füracker verteidigte den zweiten Nachtragshaushalt 2018 - den ersten unter seiner Verantwortung - als "ausgewogen" und als "Antwort auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen". Der Gesamthaushalt wächst um etwa eine Milliarde auf 61 Milliarden Euro. "Die neue Staatsregierung packt an", sagte Füracker. Das von Söder angekündigte Landespflegegeld ist im Nachtragshaushalt mit 400 Millionen Euro veranschlagt, für Familiengeld und Eigenheimzulage sind jeweils 150 Millionen Euro eingestellt, für öffentlichen Nahverkehr und die Revitalisierung von Ortskernen jeweils 100 Millionen Euro. Darüber hinaus stattet der Freistaat seine neue Wohnbaugesellschaft "Bayernheim" mit bis zu 500 Millionen Euro aus. Das Geld stammt aus dem Verkauf von Eon-Aktien. "Lieber investieren als spekulieren", begründete Füracker.

Bayern werde seine solide Haushaltspolitik unter seiner Verantwortung fortsetzen. Trotz der zusätzlichen Investitionen lägen die Rücklagen am Jahresende bei knapp sechs Milliarden Euro, kündigte Füracker an. Bayern setze Zeichen beim Ausbau der Infrastruktur und wahre gleichzeitig die soziale Balance. Der kommunale Finanzausgleich liege mit 9,5 Milliarden Euro auf Rekordniveau, die Investitionsquote sei noch einmal auf 12,4 Prozent angestiegen. Am Ziel eines schuldenfreien Bayern bis 2030 hält Füracker fest.

Die Freien Wähler sprachen von einem "Wahlkampfhaushalt". Gute Haushaltspolitik heiße, Schwerpunkte zu setzen. Söder aber habe mit neuen Stellen vor allem die Staatskanzlei "aufgemörtelt, um Eigenmarketing für den Ministerpräsidenten zu betreiben", sagte der finanzpolitische Sprecher der FW, Bernhard Pohl: "Wir sagen, das ist eine falsche Schwerpunktsetzung."

Die Grünen warfen der CSU "Gießkannenpolitik" vor. "Es fehlt ein Bekenntnis, was erhalten werden soll und was sich ändern sollte", kritisierte Fraktionschef Ludwig Hartmann. Trotz des vielen Geldes packe die Staatsregierung Probleme wie Wohnungsmangel und fehlende Chancengerechtigkeit nicht ernsthaft an. Ein dicker Geldbeutel sei "noch lange kein Garant für gute Politik".

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