Ob Bayerns Jäger auch in Zukunft mit ihrem Jagdmesser in der Tasche auf die Pirsch gehen oder damit im Auto unterwegs sein dürfen, ist nur eine von vielen Rechtsfragen, die den Bayerischen Jagdverband gerade umtreiben. Dass sie das Messer weiterhin dabeihaben wollen, darin sind sich die Jäger immerhin einig. Einigkeit zeichnet speziell den BJV ansonsten aber seit vielen Jahren nicht mehr aus. Und so zerlegt sich im Streit über den Umgang mit der aktuellen Waffenrechtsreform der Bundesregierung gerade das Verbandspräsidium. Rechtsfragen wird die Führungsriege um den Präsidenten Ernst Weidenbusch erst einmal ganz ohne Justiziarin erörtern müssen. Die hat Weidenbusch ihr Amt gerade vor die Füße geworfen und spart in ihrem Rücktrittsschreiben nicht mit Kritik.
„Das Präsidium als Kollegialorgan ist so nicht arbeitsfähig“, schreibt Diane Schrems-Scherbarth. Die Arbeit des Verbands sei selbst für Präsidiumsmitglieder intransparent. Als Gründe dafür und für ihren Rücktritt nennt die promovierte Rechtsanwältin aus Regensburg in ihrem Schreiben – ganz grob zusammengefasst – Weidenbuschs autokratischen Führungsstil und eine Wagenburg-Mentalität seines engeren Zirkels in der Geschäftsstelle in Feldkirchen bei München.
Von dort habe selbst sie als Justiziarin Informationen oft nur auf mehrmalige Nachfragen oder gar nicht erhalten. Protokolle von Sitzungen würden nicht mehr verschickt. Stattdessen müsse jedes Präsidiumsmitglied nach Feldkirchen fahren und dort um Einsicht bitten – trotz teils stundenlanger Anreise aus anderen Teilen Bayerns. Das Präsidium berate aber ohnehin nicht mehr über „jagdpolitisch wichtige Entscheidungen“. Die fielen stattdessen im geschäftsführenden Präsidium, von dem nicht einmal bekannt werde, wann es tage.
Dieser engere Zirkel besteht im Wesentlichen aus Weidenbusch, seinen drei Stellvertretern, dem Generalsekretär und der Geschäftsführerin des BJV. Man könne Schrems-Scherbarths Schritt zu einem gewissen Teil verstehen, heißt es aus dem Kreis der Eingeweihten. Inhaltlich teile man die Kritik aber nicht, denn es müssten zügig Entscheidungen getroffen werden, ohne jedes Mal das ganze Präsidium zu befassen. Zudem würden allzu oft Dinge durchgestochen – was auch für das jüngste Schreiben der Justiziarin gilt. Das trägt das Datum vom Samstag und kursiert seit spätestens Sonntag in der Jägerschaft.
Eine prominente Rolle nimmt darin ein weiteres Präsidiumsmitglied ein, nämlich der Vorsitzende des Kreisjagdverbands Bad Tölz, Wolfgang Morlang. Er ist auch Vorsitzender des Bezirksverbands Oberbayern und kraft dieses Amtes Mitglied im BJV-Präsidium. In der Frage, wie die Jäger ein vermeintlich drohendes Verbot von Jagdmessern abwenden sollen, vertritt Morlang einen anderen Ansatz als der Präsident – und genau daran hat sich die aktuelle Kontroverse entzündet.
Morlang ist der Ansicht, der BJV solle sich einer Petition anschließen, die unter anderem von einigen Schützenverbänden und vom Deutschen Jagdverband (DJV) unterstützt wird. Weidenbusch, der 20 Jahre lang CSU-Landtagsabgeordneter war und 2023 nicht mehr zur Wahl angetreten ist, hält die Petition für falsch und setzt stattdessen auf seine politischen Kontakte. Das ließ er seinen Verband samt Präsidium vor zwei Wochen in einem Video wissen, in dem er sich von der eigenen Pressesprecherin interviewen ließ.
Das missfiel unter anderem dem DJV-Präsidenten Helmut Dammann-Tamke. Der hörte da die Unterstellung heraus, sein Verband, dem die Bayern vor 14 Jahren den Rücken gekehrt haben, rede im Gegensatz zum BJV nicht mit der Politik. Dammann-Tamke lieferte sich mit Weidenbusch bei der Eröffnung der Jagdmesse in Grünau vor einigen Tagen deswegen einen heftigen Wortwechsel.
Doch auch bayerische Unterstützer der Petition wie Wolfgang Morlang stieß Weidenbusch vor den Kopf. Morlang nahm das im Landtag gedrehte Video als neuerlichen Alleingang Weidenbuschs wahr. Dagegen seien seine eigenen Vorstöße im Verband stets unbeantwortet geblieben. Aus einer WhatsApp-Gruppe des BJV sei er schlicht entfernt worden. „Mir fehlt da die Abstimmung mit den Mitgliedern“, sagt Morlang. „Wenn wir eine Position des BJV haben, dann besprechen wir die bitte im Präsidium.“ So hätte es auch Schrems-Scherbarth gerne gesehen, die ihren Sachverstand in dieser Frage aber nicht gefragt sah.

Weidenbusch weist alle Vorwürfe zurück. Von Morlang habe er in der WhatsApp-Gruppe konstruktive Beiträge vermisst und ihn deshalb daraus entfernt, sagt der BJV-Präsident. In der Messerfrage nimmt er für sich in Anspruch, die geplanten Regeln auf seinen politischen Kanälen so entschärft zu haben, dass die Jäger nichts mehr zu befürchten hätten – schon gar keine Hausdurchsuchungen, die nur auf vage Äußerungen oder Denunziationen hin und ganz ohne Richter oder Staatsanwalt angeordnet würden. Ein bloßes Draufhauen wie von den Verfechtern der Petition hätte ein solches Ergebnis seiner Erfahrung nach nicht bewirken können.
Das Vertrauensverhältnis zur Justiziarin habe tatsächlich gelitten, sagt Weidenbusch – aus seiner Sicht aber, weil sie im Sommer „durch eine versäumte Frist in einem wichtigen Verfahren einen fachlichen Fehler gemacht“ habe, was wiederum Schrems-Scherbarth zurückweist. Laut Weidenbusch habe sie sich nach entsprechender Kritik im Präsidium selbst zurückgezogen und sich nicht mehr eingebracht. Ihr Vorwurf, der BJV pflege keine guten Kontakte mit anderen Verbänden, trifft laut Weidenbusch ebenfalls nicht zu. Er stehe in regelmäßigem Austausch mit Bauern, Förstern, Naturschützern und vielen anderen und gebe dazu nur nicht dauernd Wasserstandsmeldungen ab.
Auch dass viele Bezirksvorsitzende seine Linie nicht mittrügen, aber aus Angst vor Konsequenzen keine Kritik äußerten, will Weidenbusch intern ganz anders wahrnehmen. Die dauernde öffentliche Kritik komme vielmehr von immer denselben Leuten, die schon seinen Vorgänger und zeitweiligen CSU-Landtagskollegen Jürgen Vocke mit Vorwürfen und Anzeigen überzogen hätten. Nach Untreuevorwürfen und einer polizeilichen Durchsuchung der BJV-Zentrale hatte Vocke sein Amt als BJV-Präsident 2019 niedergelegt. Allzu viel blieb von den Vorwürfen am Ende aber nicht übrig. Zwei Jahre später hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt.