Bayerische Verfassung:Landtag entscheidet über Änderungen

Verankerung einer Schuldenbremse, Förderung des Ehrenamts: Das sind nur zwei von gleich fünf Punkten, die im Grundgesetz des Freistaats geändert werden sollen. Am Mittwoch stimmt der Landtag ab, dann müssen die Bürger entscheiden.

Von Mike Szymanski

Die Bayerische Verfassung steht vor einem der einschneidendsten Eingriffe in ihrer Geschichte. Mit Ausnahme der Grünen wollen am Mittwoch die Landtagsfraktionen einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen, wonach die Landesverfassung gleich in fünf Punkten geändert werden soll. CSU, FDP, SPD und Freie Wähler wollen Bekenntnisse zu gleichwertigen Lebensbedingungen im Land und zum ehrenamtlichem Engagement in die Verfassung aufnehmen. Eine Schuldenbremse soll darin ebenso verankert werden wie ein Mitspracherecht bei Entscheidungen der EU, die die Gesetzgebungskompetenz des Landtags berühren. Per Verfassung soll den Kommunen zudem eine "angemessene Finanzausstattung" garantiert werden.

Die Verfassung regelt das politische Leben im Freistaat. Änderungen an dem 1946 in Kraft getretenen Dokument werden daher in der Regel nur sehr behutsam und nach langen Debatten vorgenommen. In diesem Fall zeichnet sich jetzt schon die Zweidrittelmehrheit im Landtag ab, die für eine Verfassungsänderung erforderlich ist, weil das Gesetz von fast allen Parteien mitgetragen wird.

In einem zweiten Schritt müssen die Bürger bei einem Volksentscheid den Änderungen zustimmen. Als Termin dafür bietet sich der Tag der Landtagswahl an, die voraussichtlich im September stattfinden wird. Im Gesetzentwurf, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es: "Die Verfassung ist ein lebendiger Rechtsrahmen, der auf neue Herausforderungen für Staat und Gesellschaft reagieren muss."

Was sich konkret ändern soll

Konkret soll in Artikel 3 der folgende Satz über den Freistaat aufgenommen werden: "Er fördert und sichert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land." Artikel 121 soll um den Satz "Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl" ergänzt werden.

In Artikel 70 soll künftig festgeschrieben werden, dass die Staatsregierung "Stellungnahmen des Landtags maßgeblich zu berücksichtigen hat", wenn Vorhaben der EU die Gesetzgebungskompetenz berühren. Die Schuldenbremse soll in Artikel 82 geregelt, die angemessene Finanzausstattung der Kommunen in Artikel 83 verankert werden. Die Änderungen sollen laut Entwurfstext zum 1. Januar 2014 in Kraft treten.

Der Gesetzentwurf ist das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen den Parteien. Als Erster hatte Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer im März vergangenen Jahres als Redner beim politischen Aschermittwoch Verfassungsänderungen ins Gespräch gebracht. Damals wollte er auch eine Integrationspflicht für Ausländer in die Verfassung schreiben. Von dieser Idee hat er wieder Abstand genommen.

Lange galt es als unwahrscheinlich, dass Seehofer die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Landtag für seine Ideen hinter sich bringen könnte. Nun hat er mit einer Reihe an Zugeständnissen die Mehrheit der Parteien als Unterstützer gewonnen. Die Freien Wähler hatten sich für die Finanzausstattung der Kommunen stark gemacht, die FDP wollte die Schuldenbremse. Die SPD macht sich seit Langem für die gleichwertigen Lebensverhältnisse stark. Nun findet sich jede Partei in dem Paket wieder. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause erklärte, ihre Partei halte die Änderung für "unnötig". Die Verfassung ändere man nur in sehr "grundlegenden Fällen". "Wir beteiligen uns nicht."

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