Bayerische Universitäten:Mittelmaß statt Elite

Bayerns Unis schneiden im internationalen Vergleich schlecht ab. Die Hochschulpräsidenten fordern nun die Staatsregierung zum Handeln auf und wünschen sich Milliardeninvestitionen - andernfalls werde der Forschungsstandort noch weiter zurückfallen.

Von Martina Scherf

Gerade wurden in Stockholm wieder die Nobelpreise verkündet: Acht Amerikaner, ein Brite, ein Belgier und ein Deutscher werden für ihre Forschungsleistungen geehrt: Doch Thomas Südhof, der in Göttingen Medizin studiert hat, arbeitet längst in den USA, an der Eliteuniversität Stanford. Amerikanische Unis haben mehr Geld, eine bessere Studentenbetreuung, mehr Freiheiten, ein offeneres Arbeitsklima - viele ehrgeizige Forscher zieht es dorthin. Zwar brachte auch Bayern einst Nobelpreisträger hervor, Werner Heisenberg (Unschärferelation) oder Konrad Lorenz (Graugänse). Aber um die Zukunft der Spitzenforschung machen sich die Hochschulpräsidenten ernsthafte Sorgen.

"Wir haben den Eindruck, dass der Politik nicht immer ganz klar ist, unter welch immensem globalen Wettbewerbsdruck wir heutzutage stehen", sagt Sabine Doering-Manteuffel, Präsidentin der Uni Augsburg und der bayerischen Rektorenkonferenz ("Universität Bayern"). Ihr Kollege Wolfgang Herrmann, Präsident der TU München, bringt es auf den Punkt: "Es braucht jetzt den großen Wurf."

Was das im Detail bedeutet, haben die neun bayerischen Universitätspräsidenten in ihrem Positionspapier dem neuen Kultus- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle vorgelegt. "Bayern ist hinter Baden-Württemberg zurückgefallen", heißt es da. International finde "eine Aufholjagd" statt, bei der man abgehängt werde, wenn nicht bald Milliarden in das Hochschulwesen investiert würden. Zwar hat Bayern seit der von Bund und Ländern ausgeschriebenen Exzellenzinitiative mit der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) zwei Eliteuniversitäten. Doch Baden-Württemberg hat drei, übers ganze Land verteilt.

Uni Rangliste

Bayerische Elite-Unis im internationalen Vergleich.

(Foto: SZ-Grafik)

Immerhin: Bei den ERC-Grants, den hochdotierten europäischen Forschungspreisen, schneidet Bayern nicht schlecht ab und liegt mit Baden-Württemberg auf Augenhöhe. Im internationalen Vergleich ist das Gefälle eklatant: Beim Times Higher Education Ranking liegen amerikanische und britische Elite-Universitäten vorn. Die einzige europäische Uni, die da mithalten kann, ist die ETH Zürich. Nach kanadischen und japanischen Hochschulen kommt immerhin als beste deutsche Uni wieder die LMU - international abgeschlagen auf Rang 48.

Ausländische Unis haben ein Vielfaches an Geld zur Verfügung

Die Aussagekraft solcher Rankings wird zwar immer wieder angezweifelt, doch Tatsache ist auch, dass Harvard, Cambridge oder die ETH ein Vielfaches an Mitteln zur Verfügung haben. Sie erheben Studiengebühren, haben spendable Mäzene - aber sie werden auch vom Staat viel großzügiger bedacht als hierzulande. Beim OECD-Vergleich der Bildungsausgaben liegt Deutschland nur im Mittelfeld. "Wir haben ungefähr 15 000 Euro pro Student zur Verfügung, die ETH das Dreifache", sagt TU-Präsident Herrmann.

Als Mitglied des Zukunftsrates hatte Herrmann 63 Millionen Euro pro Jahr für die Internationalisierung gefordert - für die Rekrutierung von Wissenschaftlern, für Stipendien, Post-Doc-Verträge. Ein "Top 500"-Programm hatte er vorgeschlagen, 500 gute Leute sollten aus einem Extratopf finanziert werden. Bekommen hätten sie fast nichts "das wurde dann wieder bürokratisch runtergebrochen, mit Förderlinien und Anträgen - da holen wir uns das Geld lieber gleich von anderen", sagt der TU-Präsident und meint seine Universitätsstiftung, in der sich die Vorstände Münchner DAX-Unternehmen engagieren.

Spaenle sagt, das Papier der Uni-Präsidenten sei eine wichtige Gesprächsgrundlage. Es sei jedoch schon viel investiert worden: "Bayern stellt sich jeder Konkurrenz." Weil demnächst mehrere Bund-Länder-Programme auslaufen, werde er sich in Berlin dafür stark machen, dass das Kooperationsverbot im Grundgesetz gelockert werde, damit sich der Bund verstärkt in den Hochschulen engagieren könne.

Der jüngste deutsche Nobelpreisträger, der Physiker Theodor Hänsch, Direktor des dortigen Max-Planck-Instituts, arbeitet übrigens in Garching bei München. Auch er kam aus Stanford.

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