Bayerische Unis werden bunter. Englisch oder Chinesisch, Russisch oder Spanisch - wer in München, Bayreuth oder Augsburg an einem schönen Sommertag über den Campus geht, hört viele Sprachen. Junge Leute aus aller Welt kommen nach Bayern zum Studieren, und die Politik freut das, denn langfristig sorgt sie sich um den akademischen Nachwuchs. Während die Zahl der deutschen Studienanfänger im vergangenen Wintersemester leicht zurückging, ist die Zahl der Ausländer, die ein Studium in Bayern aufnahmen, um sechs Prozent gestiegen.
An der TU München hatten zuletzt schon 45 Prozent der Studienanfänger (dazu zählen nicht nur die Erstsemester, sondern auch Austauschstudenten, die nur für ein Semester kommen, sowie Masterstudenten und Doktoranden) einen ausländischen Pass. Bayernweit sind aktuell fast 40 000 internationale Studenten eingeschrieben, das sind fast zwölf Prozent - jene Migranten mitgerechnet, die hier zur Schule gingen und ein deutsches Abitur aber einen ausländischen Pass haben. Schon jetzt sei die Bundesrepublik nach den USA und Großbritannien das beliebteste Studienland, freute sich unlängst Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. Darauf reagieren die Hochschulen: Ein Gutteil der Masterprogramme, vor allem in Naturwissenschaften, aber auch anderen Fächern, findet inzwischen auf Englisch statt, und in den Sommerferien werden mehrwöchige Einführungskurse veranstaltet.
Fortschritt in Bayern:Aigner plant Zentrum für Digitalisierung
Es soll 116 Millionen Euro kosten und Heimat für 20 Professoren sein: Wirtschaftsministerin Aigner plant die Einrichtung eines "Zentrums Digitalisierung" in Garching bei München. Damit will sie auch Heimatminister Söder ärgern.
Bürokratie sorgt für Hilflosigkeit
"Für uns gibt es keine Ferien mehr", sagt Birgit Reß vom Auslandsamt der Universität Augsburg. Sie hat immer ein offenes Ohr, wenn sich die Neulinge im Dschungel der Bürokratie zu verirren drohen. Gerade hat sie wieder einen Stapel Lebensläufe erhalten von jungen Leuten, die im Wintersemester anfangen werden. Den drückt sie jetzt ihrer Mitarbeiterin Sabina Jukic in die Hand. Sabina Jukic wird den Neuen einen Leitfaden zuschicken, was vor der Reise zu organisieren ist: eine Kaution von 8000 Euro fürs Visum, eine Krankenversicherung, eine deutsche Sim-Karte für die Kontoeröffnung und vieles mehr.
Kurz vor Semesterbeginn stehen dann die ersten hilflos in ihrem Büro. Sabina Jukic, die gerade ihre Masterarbeit abgegeben hat, weiß noch genau, wie sich das anfühlt. Sie kam als Kind mit der Familie aus dem zerstörten Bosnien nach Deutschland. Nach dem Krieg musste sie zurück, doch sie hat zuhause Deutsch als Fremdsprache studiert und sattelte jetzt den Master in Augsburg drauf. Der Anfang war schwer, sagt sie, obwohl sie ja schon Deutsch konnte, deshalb hilft sie jetzt in ihrem Nebenjob anderen Ausländern, sich an der Uni zurechtzufinden.
Sabina Jukic ist die ideale Mitarbeiterin für die Auslandsämter und Welcome Centers, wie sie an allen Hochschulen gegründet wurden, um Studenten und Wissenschaftlern den Einstieg zu erleichtern. Denn im Alltag fehlt es oft noch an der viel beschworenen Willkommenskultur. Noch nicht einmal alle Formulare der Univerwaltungen sind auf Englisch übersetzt. Die deutsche Sprache ist anfangs das größte Hindernis, manchmal sind es aber auch Kleinigkeiten, die das Verständnis erschweren. Wenn eine Spanierin die Sekretärin duzt, weil das in Spanien üblich ist, oder ein Afrikaner zu schüchtern ist, nach dem richtigen Ansprechpartner zu fragen, braucht es Mitarbeiter mit Erfahrung.
Flüchtlinge an Hochschulen:Einschreiben, bitte!
Deutsche Universitäten beginnen, sich für Flüchtlinge zu öffnen. Doch trotz Gasthörerschaft und Stipendien bleiben Probleme.
Kooperationen in aller Welt
"Wenn man überarbeitet ist und ein Dutzend Studenten vor der Tür steht, hat man wenig Geduld, sich auf das Fremde einzulassen, da muss interkulturelles Verständnis trainiert sein", sagt Ursula Reutner, Vizepräsidentin der Uni Passau für Internationales, die gerade 120 Studenten aus 30 Nationen bei den Sommerkursen begrüßt hat. Deshalb schickt ihre Uni nicht nur Studenten, sondern auch Verwaltungsleute ins Ausland, zum Englischlernen und Erfahrung sammeln. Die Uni hat auch ein Netzwerk mit der Stadt Passau, der Arbeitsagentur, Firmen und der IHK gegründet, um ausländischen Studenten Brücken zu bauen, damit sie später vielleicht dem regionalen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Anders als die Münchner Elite-Unis haben es kleine Universitäten schwerer, im Ausland auf sich aufmerksam zu machen - obwohl dort die Betreuung oft besser ist als an den großen Universitäten. "Ich reise als Botschafterin der Uni durch die Welt", sagt Reutner. Vor kurzem schloss sie in Iran eine neue Hochschulkooperation. "Nach dem Ende der Sanktionen wollten wir bei den ersten sein, die in diesem vielversprechenden Land Kontakte knüpfen", sagt sie. Außer zahlreichen europäischen Ländern gibt es auch mit der Ukraine, Indonesien und Myanmar Studentenaustausch und Forschungskooperationen. Auch der Bamberger Uni-Chef Godehard Ruppert verbringt einen Gutteil des Jahres im Flugzeug, auf Werbetour für die Besonderheiten seiner geisteswissenschaftlichen Universität. Das scheint Früchte zu tragen: In Bamberg hat schon jeder vierte Neuimmatrikulierte einen ausländischen Pass.
Von der Idee, den vermehrten Service zu finanzieren, indem man Studiengebühren von Ausländern erhebt, halten kleinere Hochschulen nichts. TU-Präsident Wolfgang Herrmann hatte dies ins Spiel gebracht. "Das wäre ein K.o.-Kriterium für viele unserer Bewerber", meint Elli Wunderlich vom Auslandsamt der Uni Regensburg. Sie wünscht sich stattdessen mehr Stipendien. Auch Sabine Doering-Manteuffel, Präsidentin der Uni Augsburg und des Verbandes Uni-Bayern, kann sich eine Ausländer-Maut an Hochschulen kaum vorstellen. Sie sieht in der Internationalisierung der Hochschulen eine Zukunftsaufgabe, "zu der alle beitragen sollten".