Bundestagswahl:Bayerns Bauernpräsident Felßner soll für CSU Agrarminister werden

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Günther Felßner ist seit 2022 Präsident des bayerischen Bauernverbandes. Nun will er für die CSU Bundespolitik machen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Markus Söder will den Chef des Bauernverbands in die Bundesregierung holen, sollte die Union die Wahl gewinnen. Was dieser Schritt mit Hubert Aiwanger zu tun hat – und welche Pläne Söder für Alexander Dobrindt schmiedet.

Von Johann Osel, Christian Sebald

Der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner, kandidiert für die CSU für den Bundestag – und soll bei einem Unions-Wahlsieg nach Möglichkeit das Landwirtschaftsministerium übernehmen. Das sagte CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder am Montag nach einer Sitzung seines Parteivorstands. Auch Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sei darüber informiert worden.

Felßner, ebenfalls Vize-Chef des Deutschen Bauernverbands, soll auf der CSU-Liste auf einem der ersten fünf Plätze kandidieren. Damit dürfte er dennoch nicht ins Parlament einziehen, weil nach Lage der Dinge nur CSU-Direktkandidaten Chancen auf ein Mandat haben. Umso entscheidender ist damit Söders Plan, dass der 58-Jährige als Minister „gesetzt“ ist.

Söder hatte schon kürzlich das Agrarministerium für seine Partei beansprucht, sollte die Union die Wahl gewinnen – was nach Umfragen als wahrscheinlich gilt. Ihre Liste will die CSU dann Mitte Dezember beschließen. Auf Platz eins soll erneut Landesgruppenchef Alexander Dobrindt stehen. Dobrindt sei, sagte Söder, ein „Stratege“, „kompetent“ und „mit allen Wassern gewaschen, die es in Berlin so gibt“. Ziel sei es, in Berlin eine Benachteiligung Bayerns, wie sie die CSU durch die Ampel-Politik erkennt, zu beenden. Dobrindt sei auch „Anwärter für ein ganz großes und schweres Ministerium“. Er war von 2013 bis 2017 Bundesverkehrsminister. Dobrindt sagte am Montag: Nach der Bundestagswahl habe „Vernunft wieder Vorrang vor Ideologie“.

Söders Coup mit Felßner dürfte auf die Verbreiterung der CSU-Chancen in der bayerischen Bauernschaft abzielen – ein Milieu, das einst zum großen Teil parteipolitisch schwarz gesinnt war, in dem sich aber mittlerweile die Freien Wähler und auch die AfD tummeln; zuletzt war das etwa bei der Landtagswahl 2023 zu sehen. Er habe, so Söder, als Parteichef diesen „Joker“ gezogen, weil die Landwirtschaft für die CSU und für Bayern von großer Bedeutung sei. Und nicht nur die Berufsgruppe direkt, sondern das gesamte Milieu im ländlichen Raum.

Söder und Aiwanger konkurrieren um die Gunst der Bauern

Ein gezielter Kontrapunkt ist die Personalie Felßner vor allem in der Konkurrenz mit den FW von Hubert Aiwanger, der bei dieser Bundestagswahl endlich den Sprung nach Berlin schaffen will. Die großen Bauerndemos in den ersten Monaten 2024 – ausgelöst durch die Pläne der Ampel zur Besteuerung von Agrardiesel – waren auch eine Art Wettrennen zwischen CSU und FW um die Gunst der Landbevölkerung. Aiwanger hatte sich selbst sozusagen als Bauernführer an der Spitze der Proteste verortet. Bei vielen Veranstaltungen waren ihm erkennbar Sympathien zugeflogen.

Das hatte in der CSU – deren Vertreter bei Protesten zwar mit Wohlwollen, aber in der Wahrnehmung mitunter doch etwas weniger enthusiastisch als Aiwanger empfangen wurden – Unmut ausgelöst. Sie bemühte sich daher in der Erzählung, Aiwanger vernachlässige für das „Demo-Hopping“ (O-Ton Söder damals) seine eigentliche Aufgabe im Kabinett. Söder brachte das beim politischen Aschermittwoch in Passau so zum Ausdruck: „Ministrieren geht vor Demonstrieren.“ Aiwanger scheint da übrigens bis heute nachtragend zu sein, erst vor einigen Tagen grantelte er bei einem Pressetermin zu seinen Bundestagsambitionen: Er wünsche sich, dass man sich in der bayerischen Koalition auch als künftige Partner in Berlin sehe – und sich „nicht ständig belauert“, wer an welcher Bauerndemo teilnehme.

Söder hatte in der Hochphase der Bauernproteste sichtlich die Nähe zum Bauernpräsidenten gesucht. Bereits beim Aufkeimen der Debatte hatte er gemeinsam mit Felßner ein Video-Statement auf dessen Hof abgegeben. Felßner ist CSU-Mitglied und in der Kommunalpolitik aktiv, im Kreistag Nürnberger Land. Ihm wird ein überaus enges Verhältnis zu Söder nachgesagt, beide sind Mittelfranken. Aiwanger konnte dagegen auf die Landesbäuerin Christine Singer zurückgreifen, das weibliche Pendant zu Felßner in der Doppelstruktur des Bayerischen Bauernverbands. Sie war auch Aiwangers bundesweite FW-Spitzenkandidatin bei der Europawahl und ist dann ins Europäische Parlament eingezogen. Bei der EU-Wahl gelang Aiwanger aber kein größerer Erfolg. Die FW kamen selbst in Bayern, wo sie bei der Landtagswahl noch 15,8 Prozent holten, nur auf magere 6,8 Prozent.

Söder sagte am Montag, Felßner habe einen wichtigen Beitrag geleistet, dass die Proteste in Bayern friedlich und „mit einer tiefen demokratischen Kultur“ liefen. Tatsächlich konnte man damals Felßner dabei beobachten, wie er Versammlungen zu mäßigen versuchte, etwa bei den Grußworten ungeliebter Redner. Gepfiffen und gegrölt wurde trotzdem. Weil die Proteste auch auf Vertreter von Handwerk, Spediteure und Gastronomie übergingen, sieht Söder Felßners Nominierung nun als „starkes Signal für den Mittelstand“.

Der Bauernpräsident sagte, er übernehme jetzt auch wegen der „Zerwürfnisse in der Gesellschaft“ Verantwortung. Er sehe sich in einer „aktiven, positiven Gestaltungsrolle“ – nicht nur für die Bauern, sondern für alle, die „mit uns marschiert“ sind und Unzufriedenheit verspürt hätten. Seine Botschaft: Die „Mitte“ greife die Anliegen dieser Menschen auf. „Es braucht keine radikalen Tendenzen für ein starkes und blühendes Deutschland.“

Felßner gilt als sehr durchsetzungsstark. So ist der Zukunftspakt zur Landwirtschaft in Bayern, den Staatsregierung und Bauernverband kurz vor der Landtagswahl geschlossen haben, dem Vernehmen nach in großen Teilen direkt zwischen der Staatskanzlei und der Organisation verhandelt worden – das Agrarministerium von Michaela Kaniber (CSU) war angeblich bis zuletzt außen vor.

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