Süddeutsche Zeitung

Banz:Ideenlosigkeit bei der CSU

Die CSU-Landtagsfraktion beginnt ihre Herbstklausur mit den üblichen Forderungen an Berlin. Eigene Vorschläge - Fehlanzeige. Dabei kämen Ministerpräsident Markus Söder ein paar Ideen seiner selbsternannten Herzkammer ganz gelegen.

Von Andreas Glas

Acht Grad, feuchte Luft, leichter Nebel über Kloster Banz. Hilft nichts, Thomas Kreuzer muss da jetzt raus, vor die Kameras. Es ist ungemütlich und noch früh an diesem Dienstag, aber in dem, was gleich kommt, hat man sich ja Routine zugelegt bei der CSU. Der Bund mache "überhaupt keine Anstalten", mehr Geld nach Bayern zu schaffen, für Bus und Bahn auf dem Land, sagt Kreuzer, fast automatisiert. Und obwohl die Flüchtlingszahlen steigen, auch in Bayern, höre man "aus Berlin überhaupt nichts". Sonst noch was, außer Grüßen in die Hauptstadt? Eigene Ideen in der Energiekrise vielleicht? "Wir werden natürlich überlegen: Was können wir als Freistaat tun?", sagt Kreuzer auf Nachfrage.

Die CSU-Landtagsfraktion will sich also was überlegen bei ihrer Herbstklausur im oberfränkischen Bad Staffelstein. Wer frech ist, der wirft an dieser Stelle ein, dass die Fraktion seit geraumer Zeit selbst in einer Energiekrise steckt. Man kann jedenfalls nicht behaupten, dass die CSU-Abgeordneten in der jüngeren Vergangenheit ein Ideenfeuerwerk nach dem anderen gezündet hätten. Was auch mit Kreuzer zu tun hat, der als Fraktionschef den Rhythmus der selbsternannten CSU-Herzkammer vorgibt. Kreuzer, 63, wird in der Partei für vieles geschätzt, für seine Erfahrung, für seine Loyalität nach außen. Für seinen Esprit nicht unbedingt.

Die CSU-Fraktion, Herzkammer der Ideenlosigkeit, auch in der Energiekrise? Die Krise trifft den Freistaat besonders hart, die Fallhöhe ist in einem wirtschaftsstarken Land höher als anderswo. Doch bis jetzt haben sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und die CSU-Landtagsfraktion vor allem darauf verlegt, die Ideen der Bundesregierung zu zerpflücken. Dass das womöglich nicht reichen wird, auch mit Blick auf die Landtagswahl 2023, darin sind sich in der Partei fast alle einig. Ein paar Impulse aus der eigenen Fraktion kämen Söder nicht ungelegen.

Nur Ilse Aigner störte die Ruhe ein bisschen

Immerhin, die innere Verfasstheit hat sich gebessert in der CSU-Fraktion. Die Umfragen sahen die Partei zuletzt wieder um die 40-Prozent-Marke. Es scheint also gar nicht wenige Menschen zu geben, denen gefällt, wie die CSU sich an der Bundesregierung reibt und wie sie ihren konservativen Kern wieder stärker herausschält. Das taugt auch der Landtagsfraktion, die teils gefremdelt hat mit dem Kurs der grünen Mitte, den Parteichef Söder nun wieder verlassen hat, wegen Erfolglosigkeit. Oder korrigiert, aus krisenbedingter Notwendigkeit, je nach Sichtweise.

Nur Ilse Aigner hat die Ruhe zwischen Fraktion und Parteichef zuletzt etwas gestört. In einem Interview hat die Landtagspräsidentin gesagt, dass sie als Energieministerin für die Stromtrassen vom Norden in den Süden geworben habe, aber in der CSU "mit den Fakten" nicht "durchgedrungen" sei, auch nicht beim damaligen Heimatminister Söder. Nun sei Bayern "beim Strom abhängiger als andere von Atomkraftwerken und es gibt Engpässe bei den Leitungen von Nord nach Süd", das sagte Aigner ebenfalls.

Ein einziges Störfeuer, aber eines, das schmerzt. Die politische Konkurrenz stilisiert Aigner jetzt zu ihrer Kronzeugin, erst am Montag haben SPD und Grüne wieder gelästert, dass die Staatsregierung eine Mitschuld habe an der Energiekrise, aber keine Lösungen, die Bayern da raushelfen könnten. Dann kam noch diese Meldung aus Niedersachsen: Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kündigt für sein Land ein eigenes Entlastungspaket an, fast eine Milliarde Euro. Finanziert werden soll das Paket aus Steuereinnahmen, die auch inflationsbedingt über den Erwartungen lagen.

Kommt die Staatsregierung nun in Zugzwang? Ein bayerisches Entlastungspaket, das fänden viele in der CSU-Fraktion zu teuer nach der kostspieligen Corona-Krise und nachdem Söder im Landtagswahlkampf 2018 teure Geschenke verteilt hat: Familiengeld, Landespflegegeld, Baukindergeld. "Die Leute wollen, dass der Staat funktioniert", ausreichend Kita-Personal, ausreichend Lehrer, das sei wichtiger als "hier einen Tausender oder dort 300 Euro" zu verteilen, sagt ein Mitglied der CSU-Fraktion. Dasselbe Mitglied wäre allerdings nicht überrascht, sollte Söder doch wieder den Geldbeutel rausholen, bald steht ja eine Landtagswahl an, wie übrigens bei den Niedersachsen, die schon in drei Wochen wählen.

Kreuzer will Benzinpreise deckeln

Man werde "überlegen, falls die Dinge insgesamt ganz schwierig werden, was wir als Land beisteuern können", sagt Fraktionschef Kreuzer, der ebenfalls nichts davon hält, Hilfen breit zu streuen. Stattdessen spricht er von Zuschüssen "für kleine und mittelständische Betriebe", als er in Banz am Dienstagnachmittag erneut vor den Reportern steht, diesmal um die Klausur hochoffiziell zu eröffnen. Und diesmal unter Stuck und Kronleuchtern, weil es draußen regnet. Neben Kreuzer steht einer von mehreren Gästen der CSU im Kloster Banz: Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, der "ganz schnelle Hilfen" fordert, sonst werde es viele Betriebe bald "nicht mehr geben". Wer die Hilfen zahlen soll, Bund oder Länder, und zu welchen Teilen, das ist für Wollseifer zweitrangig, "für uns ist wichtig, was unten ankommt".

Die Schwerpunkte der Klausur hat Kreuzer so gesetzt: ländlicher Raum, Sicherheit, Energie. In einer Resolution verlangt die CSU-Fraktion, die Benzinpreise durch "ordnungspolitische Maßnahmen" zu senken. Von "staatlichen Eingriffen" spricht Kreuzer, der Begriff "Obergrenze" fällt. Ein Preislimit für Tankstellen und Mineralölkonzerne hat Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bereits am Montag ins Spiel gebracht hat. Was die Resolution noch beinhaltet: niedrige Energiesteuern und Entlastungen für Privatleute und Wirtschaft, alles Forderungen in Richtung Berlin. Noch bleibt ja etwas Zeit, um eigene Konzepte zu entwickeln, die Klausur dauert bis Donnerstag.

Die größte Aufmerksamkeit dürfte einmal mehr Markus Söder bekommen, dessen Grundsatzrede für Mittwoch angesetzt ist. Noch mehr als Kreuzer bestimmt ja der Parteichef den Rhythmus der CSU-Landtagsfraktion. Dort heißt es, dass Söder sich Gedanken über die Probleme in bayerischen Schulen gemacht habe - und sein Gedankengut in Banz präsentieren könnte.

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