Die sogenannte V-Mann-Affäre hat schwerwiegende Folgen für das bayerische Landeskriminalamt (LKA). Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mehrere Beamte des LKA angeklagt, darunter Spitzenbeamte. Mehrere Beamte, auch Führungskräfte, sollen nun suspendiert werden. Der Vorgang gilt als einzigartig in der Geschichte der Behörde.
Zwar sind Ermittlungsbeamte in der Vergangenheit mitunter selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, etwa wegen privater Verfehlungen. In diesem Fall aber waren aus dem Ruder gelaufene Aktionen des Landeskriminalamts der Anlass für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die LKA-Beamten hatten einen V-Mann im Bandido-Milieu eingesetzt. Von dessen Straftaten sollen Beamte gewusst und sie zum Teil gedeckt haben.
Nach SZ-Informationen sind fünf LKA-Beamte von der Anklage betroffen. Ein weiterer LKA-Mann, der frühere V-Mann-Führer des Bandidos, ist ebenfalls angeklagt und wurde bereits des Dienstes enthoben. Zu den Beschuldigten gehören auch zwei Sachgebietsleiter, also Spitzenbeamte des LKA. Im Kern der Ermittlungen stehen schwere Straftaten. Die LKA-Beamten stehen im Verdacht, sich der Strafvereitelung im Amt, des Diebstahls in mittelbarer Täterschaft sowie des Betrugs und der uneidlichen Falschaussage vor Gericht schuldig gemacht zu haben. Nicht alle der insgesamt sechs beschuldigten Beamten sind wegen sämtlicher Delikte angeklagt.
Der Vorwurf der Falschaussage bezieht sich auf einen Prozess am Landgericht Würzburg. Wegen Drogenhandels musste sich dort 2013 ein ehemaliger Bandido verantworten. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. In dem Verfahren sagten auch LKA-Beamte aus. Der Ex-Bandido hatte schon damals behauptet, die Beamten würden vor Gericht nicht die Wahrheit sagen. Dies könnte sich nun bestätigten.
In einem zweiten Verfahren am Landgericht Würzburg, dem Revisionsprozess in Sachen V-Mann, waren 2016 weitere Details ans Licht gekommen. Ein LKA-Beamter hatte in dem Prozess ausgesagt, ihm sei "heiß und übel" geworden angesichts der Aktionen seiner Kollegen. Diese sollen Akten manipuliert haben, um zu vertuschen, dass sie von Straftaten des Bandidos gewusst haben. So sollen LKA-Ermittler vom Diebstahl von Mini-Baggern in Dänemark Kenntnis gehabt haben. Die zuständige Staatsanwaltschaft tappte in der Sache lange im Dunkeln während LKA-Beamte davon gewusst - ihre Informationen aber nicht weitergegeben haben sollen.
Die Ermittlungen gegen das LKA waren aufwendig, ein Staatsanwalt wurde dafür über Monate von fast allen anderen Dienstgeschäften befreit. Von der Suspendierung betroffen ist auch der LKA-Spitzenmann, der bis vor Kurzem die für das Oktoberfest-Attentat zuständige Sonderkommission leitete. Für seine Ablösung hatte die Landespolizei lange keinen Anlass gesehen, im Dezember war er aber doch von den Ermittlungen abgezogen worden.
Wie aus LKA-Kreisen berichtet wird, haben sich die beiden Spitzenbeamten bereits an ihre Kollegen gewandt und ihre Suspendierung angekündigt. "Das ist historisch, für uns war so was bisher undenkbar", sagt ein Beamter. Auf Anfrage bestätigte Friedrich Weitner, der Sprecher des Landgerichts Nürnberg, die Anklage. Auch ein LKA-Sprecher bestätigte auf Anfrage die Suspendierungen von fünf weiteren Beamten, nachdem einer bereits zuvor vom Dienst freigestellt worden war.