Asylpolitik:2,5 Millionen Euro für die Bewachung einer Halle voll leerer Betten

  • Das Bamf ließ in Freilassing eine "Bearbeitungsstraße" für mehrere Hundert Migranten pro Tag aufbauen, die niemals ausgelastet war.
  • Im vergangenen Jahr haben die Bundespolizei und das Bamf dort nur 233 Migranten registriert.
  • Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat Vorermittlungen aufgenommen, weil das Bamf für den Umbau 730 000 Euro ausgegeben hat - ohne einen festen Mietvertrag zu haben.

Von Matthias Köpf, Freilassing

Es muss wohl etwas wirklich Wichtiges sein, das da rund um die Uhr so streng abgeschirmt wird. Tagsüber wachen 14 Sicherheitsleute über das zwar riesige, dafür aber ziemlich unscheinbare Gebäude, vor dem manchmal Polizeiautos parken. Nachts stellt der Sicherheitsdienst immerhin noch zehn Leute zur Bewachung der grauen Halle an der Freilassinger Sägewerkstraße ab. Der Sicherheitsdienst tut das nicht umsonst, ganz im Gegenteil: 220 000 Euro zahlt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dem Unternehmen pro Monat für die Bewachung der ehemaligen Möbelhalle, in der sich außer den Sicherheitsleuten selbst vor allem einige Tische und Computer sowie ein paar Hundert Feldbetten befinden. Leere Feldbetten wohlgemerkt, denn von den Flüchtlingen, für die sie gedacht sind, ist hier schon lange kaum mehr etwas zu sehen.

Zu sehen soll hier auch sonst nichts sein, denn das Bamf lässt in Freilassing nicht nur eine weitgehend leere Halle bewachen. Fast noch strenger hütete es lange Zeit das Geheimnis, was genau in der Halle derzeit geschieht und wie viel es sich diese Art von Sicherheit kosten lässt. Alle Anfragen dazu blieben stets ohne echte Antwort, bis sich die Bild-Zeitung die Angaben nun vor Gericht erstritten hat. Erst nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach nannte das Bundesamt die 220 000 Euro im Monat für den Sicherheitsdienst, als Durchschnittswert aus den vergangenen vier Monaten. Auch die Zahl der eingesetzten Sicherheitsleute entstammt diesen Angaben.

Während die Bewachung der Möbelhalle aufs Jahr gerechnet mehr als 2,5 Millionen Euro kostet, haben die Bundespolizei und das Bamf 2018 hier genau 233 Migranten für das weitere Verfahren registriert und an andere Orte weitergeschickt. 2017 waren es 532 Flüchtlinge. Im Herbst 2015 waren es auch mal mehr als 2000 Menschen an einem einzigen Tag, die über die Grenze aus dem benachbarten Salzburg kamen und hier empfangen, untersucht, verpflegt und weitergeleitet wurden. Freilassing wurde zum Hauptschauplatz der Flüchtlingskrise.

Damals hatte das Landratsamt in Bad Reichenhall der Regierung von Oberbayern die schon lange leer stehende Möbelhalle als geeignete Immobilie empfohlen. Der Freilassinger Unternehmer Max Aicher hatte sie der Regierung von einem Tag auf den anderen zur Verfügung gestellt. Als Anfang 2016 das Bamf die Halle übernahm, gingen die Flüchtlingszahlen schon wieder stark zurück. Trotzdem ließ es eine "Bearbeitungsstraße" für mehrere Hundert Migranten pro Tag aufbauen, die seither niemals auch nur annähernd ausgelastet war. Weil das Bamf für den ganzen Umbau 730 000 Euro ausgegeben hat, obwohl es bis heute keinen festen Mietvertrag mit Aicher gibt, hat die Staatsanwaltschaft Traunstein nun Vorermittlungen aufgenommen. Nach ihren Angaben ist aber völlig offen, ob es überhaupt einen Anfangsverdacht gibt und um welches Delikt es sich dabei handeln könnte.

Die Bundespolizei unterhält in Freilassing seit Ende 2017 eine eigene Inspektion. Bis es dafür ein festes Dienstgebäude gibt, ist sie in einem Modulbau beim Bahnhof untergebracht und nicht auf dem Gelände der Möbelhalle, wie es Max Aicher gerne gesehen hätte. Man brauche die Halle aber nach wie vor, heißt es von der Bundespolizei. Denn mehr als vier oder fünf Migranten gleichzeitig könne man in der beengten Interims-Inspektion nicht betreuen. Insgesamt habe man es immer noch mit bis zu 300 Migranten pro Monat zu tun. Viele Fälle würden aber direkt etwa an der Kontrollstelle an der A 8 oder schon vor der Grenze am Salzburger Bahnhof bearbeitet.

Der Unternehmer Aicher macht zu all dem keinerlei Angaben mehr, und auch das Bamf meldet sich dazu am Montag abermals nicht zurück. Was es in Freilassing und an einer kleinen Handvoll anderer Orte in Deutschland bewachen lässt, sind aber nur in zweiter Linie Computer und Feldbetten. Vor allem sind es Kapazitäten, wenn sich eine Situation wie 2015 wiederholen sollte.

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