Melanie Huml hat es nicht leicht dieser Tage. Seit Monaten hält sich hartnäckig das Gerücht, sie werde bei der Kommunalwahl 2026 für die CSU als Bamberger Oberbürgermeisterin kandidieren. Eine klare Aussage dazu hat Bayerns frühere Europa- und Gesundheitsministerin bisher vermieden, offenbar auch, weil sie sich des Rückhalts in der zuletzt notorisch uneinigen CSU-Fraktion im Bamberger Stadtrat nicht sicher war. Und wer will schon neu eintreten in eine Fraktion, die unberechenbar ist – und gespalten?
Zwei Lager gibt es unter den CSU-Stadträten, auf der einen Seite eine Gruppe um Gerhard Seitz, Bamberger Kreischef und bis Dezember vergangenen Jahres Fraktionsvorsitzender. Und auf der anderen Seite jene um Peter Neller, Seitz’ Vorgänger und nach dessen Rückzug zuletzt kommissarischer Nachfolger.
Kürzlich haben sich beide, Seitz und Neller, für die OB-Kandidatin Huml, 49, ausgesprochen, wie im Fränkischen Tag (FT) zu lesen war. Eine neue Einigkeit also in der Bamberger CSU-Fraktion? Wohl kaum. Und erst recht nicht nach den Geschehnissen vom Montagabend. Da entschied die elfköpfige CSU-Fraktion über ihren neuen, nicht mehr nur interimistischen Vorsitzenden.

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Von 2020 bis 2023 hatte Peter Neller dieses Amt inne, bis er es in einer Kampfabstimmung an Gerhard Seitz verlor. Der wiederum zog sich von dem Posten im Dezember wegen einer Affäre um eine durchgestochene Umfrage zurück. Erkenntnisse dieser von der CSU beauftragten, ihr selbst wohlgesonnenen und eigentlich für den internen Gebrauch vorgesehenen Befragung hatte man nämlich in einem lokalen Anzeigenblatt nachlesen können, wohlgemerkt: ohne Kennzeichnung der Auftraggeberin. Eine „hervorragende Vernetzung in der Landespolitik“ wurde der möglichen OB-Kandidatin Huml darin attestiert, „Problemlösungskompetenz“ und „Beliebtheit in der Bamberger Wahlbevölkerung“. Als Konsequenz aus diesem mindestens intransparenten Vorgang gab Seitz sein Amt ab.
Nun wollte Neller dieses auch offiziell zurück, einen Gegenkandidaten gab es nicht am Montagabend, Gegner dafür einige, darunter einen unerwarteten: Als, wie ein Fraktionsmitglied der SZ sagte, „Überraschungsgast“ sei in die Sitzung auch die Eventuell-bis-Wahrscheinlich-OB-Kandidatin Melanie Huml „reingestolpert“. Schon vorher habe sie einen eigenen Aspiranten für den Fraktionsvorsitz ins Spiel gebracht, Franz-Wilhelm Heller, 80. Ein Vorschlagsrecht besitzt Huml als Landtagsabgeordnete nicht, dies schien sie indes nicht von ihrem Vorhaben abzuhalten. Heller habe aber selbst von einer Kandidatur abgesehen.
Überdies soll Melanie Huml ungehalten gewesen und laut geworden sein, weil sich Neller im FT ohne Absprache mit Melanie Huml für die OB-Kandidatin Melanie Huml ausgesprochen hatte. Um es noch einmal festzuhalten: Sie soll sauer gewesen sein über die Unterstützung, die sie erhielt. Erlebt man auch nicht alle Tage.
Ihr Unmut hat offenbar zwei Gründe. Manche CSU-Stadträte sagen, die Verstimmung rühre daher, dass sie die Bekanntgabe ihrer Kandidatur ein Jahr vor der Wahl für verfrüht hielte und Neller ihr diese mit seiner Äußerung vorweggenommen habe. Unter normalen Umständen durchaus plausibel. Allerdings ist die Bamberger OB-Wahl ein Sonderfall, weil Amtsinhaber Andreas Starke (SPD) bereits angekündigt hat, nicht mehr anzutreten und sich bei der CSU sonst niemand aufdrängt, gewissermaßen ein Kandidaten-Vakuum herrscht.
Andere Fraktionsmitglieder haben aber ohnehin eher den Eindruck, Huml wolle gar nicht unbedingt Oberbürgermeisterin werden. Und durch Nellers Zuspruch – das Lager Seitz war schon immer auf Humls Seite – sei ihre „Exit-Strategie“ zerbrochen, ihre Nicht-Kandidatur damit zu begründen, dass die Fraktion nicht vollends hinter ihr stehe.
Von einem „Chaos“ ist die Rede, das Huml am Montagabend mit ihrem Auftritt und dem eigenen Vorschlag für einen Fraktionschef angerichtet habe, sie habe die Wahl „torpediert“ und eine „komplette Spaltung“ der Fraktion herbeigeführt, sagt ein Stadtrat der SZ. Und wenn man auf das Abstimmungsergebnis schaut, dann ist diese These nicht gar so gewagt: Nach SZ-Informationen votierten für Neller, den einzigen Anwärter, lediglich fünf von elf CSU-Abgeordneten. Zwei Gegenstimmen soll es überdies gegeben haben, und vier ungültige. Dabei hatte Neller, 2006 übrigens als OB-Kandidat selbst krachend gescheitert gegen SPD-Mann Andreas Starke, erst kürzlich bekräftigt, er spüre „großen Rückhalt in der Fraktion“. Nun ja.
Huml steht nun jedenfalls vor einem Dilemma. Entweder sie tritt als Kandidatin an, ihre Chancen stünden gewiss nicht schlecht. Sie würde dann aber Teil einer Fraktion, deren Lager sich am Montagabend noch weiter voneinander entfernt haben, und die man erst mal versöhnen muss. Eine undankbare Aufgabe. Oder sie zieht zurück – trotz des öffentlichen Drucks, doch bitte anzutreten, und im Wissen darum, dass es ihrer Partei kaum gelingen wird, bis zur Wahl im Frühjahr 2026 einen vergleichbar populären Kandidaten aufzubauen. Wie ihre Entscheidung ausfällt? Und vor allem: wann? Darf man gespannt verfolgen, am Dienstag war Huml für die SZ nicht zu erreichen. Die Fraktion soll derweil weiterhin hinter ihr stehen – geschlossen.