Bamberg muss man sich als sterbensschön, politisch aber unglückselig vorstellen. Es ist alles nicht witzig: Im Juli will die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie Anklage erhebt in der sogenannten Boni-Affäre. Dass in der Sache fast eine halbe Hundertschaft Ermittler das Rathaus durchkämmte, trägt ebenso wenig zur Vertrauensbildung bei wie der Verdacht, dass ein kommunaler Spitzenpolitiker Fake-Accounts bespielt hat, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Dass der Stadtrat so zersplittert ist, dass er Schauspielern als Einsprechübung taugen könnte - BA, BBB, BuB, BaLi, BM -, war bisher noch ein vergnüglicher Aspekt. Der nun allerdings auch seine spaßige Seite verloren hat. Tatsächlich hat die Stadtpolitik vom Verwaltungsgericht Bayreuth eine überzogen bekommen, wie man es selten erleben kann. In dem Urteil geht es nicht nur darum, dass da offenbar die Stadtratsmehrheit eine Minderheit von den begehrten Sitzen im Senat fernhalten wollte. Das Gericht hat auch maximal unmissverständlich klargemacht, was sie von politischen Ehen hält, für die längst ein böses Wort kursiert: "Fake-Fraktionen".
Haben sich da einzelne Stadträte nur zusammengeschlossen, um sich Fraktion nennen zu können - und Privilegien abzugreifen? Eben noch Wahlkampf auf ganz unterschiedlichen Seiten gemacht und dann wundersam zueinander gefunden? Wer in dem Urteil der Richter blättert, den beschleichen wenig Zweifel, was sie von solch schrulligen Allianzen halten: nichts.
Anruf bei Jürgen Weichlein, dem BM-Stadtrat. Klar, "Bambergs Mitte" habe konservative Wurzeln, die meisten wählten überregional wohl eher nicht links von der Mitte, sagt er. Und dann eine Fraktion (!) mit der Europapartei "Volt", die sich mehrheitlich exakt so definieren dürfte? Wenn das so nicht gehe und man womöglich gar Fraktionsgeld zurückzahlen müsse, werde man das unumwunden tun, versichert Weichlein. Und dass die AfD nun mit Senatssitzen bedacht werden müsse, finde er sogar gut. "Das ist nur fair."
Ach ja: Die AfD - um die Peinlichkeit so richtig rund zu machen - hatte geklagt. Und hoch gewonnen. An diesem Donnerstag will der Ältestenrat beraten, ob die Stadt Rechtsmittel einlegen soll gegen das Urteil. Weichlein fände das nicht gut und hofft, dass sich die Kollegen dem anschließen. Das wäre dann mal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.