Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bamberg:Eine Blamage für die ganze Stadt

Nach einer Reihe von Peinlichkeiten ist der Chef der SPD-Stadtratsfraktion doch noch zurückgetreten. Endlich, doch der Schaden ist enorm.

Kolumne von Katja Auer

Wer in Bamberg lebt, der kennt von nicht-hiesigen Gesprächspartnern diesen besonderen Tonfall, in dem in der Regel echte Begeisterung mitschwingt und möglicherweise ein kleines bisschen Neid. "Ah, diese Altstadt und dann habt ihr ja auch noch die Symphoniker. Und diese vielen Brauereien!" Neuerdings allerdings kann es sein, dass noch ein Nachsatz kommt und da klingt dann eher ein wenig Mitleid mit oder gar Sarkasmus: "Und habt ihr nicht auch so eine Rathaus-Affäre?"

Nun ja, machte man eine sehr große Klammer um all die Dinge, die Bamberg gerade erschüttern, dann ließe sich vielleicht von einer Rathaus-Affäre sprechen, aber eher ist es ein ganzes Konvolut an Affären und Skandälchen - und die Bamberger sind kolossal genervt.

Jetzt hat zumindest die sogenannte Fake-Accounts-Affäre ein - vorläufiges - Ende gefunden. Am Freitagabend hat Klaus Stieringer, der Fraktionschef der SPD im Stadtrat, sein Amt niedergelegt. Endlich. Nachdem er wochenlang eine klägliche Figur abgegeben hatte in der Frage, ob von ihm oder unter seinem Einfluss Fake-Accounts in den sozialen Medien betrieben werden, um Stimmung zu machen in der Stadtpolitik. Als wären dieser nicht ganz abwegige Verdacht und eine unterirdische Äußerung im BR-Magazin "quer" dazu nicht schon genug, zettelte er im Rückzugsgefecht noch eine unsägliche Schmutzkampagne gegen einen Parteifreund an, der offen seinen Rücktritt gefordert hatte.

Ganz im Gegensatz zur Stadtratsfraktion, die ebenfalls eine höchst peinliche Vorstellung abgeliefert hat. Da sah offenbar niemand die Notwendigkeit, den Chef abzulösen, stattdessen durfte der sein Amt erst ruhen lassen, es dann wiederaufnehmen und schließlich doch niederlegen, stets wissend um die Unterstützung der Seinen. An das Ansehen der Stadtpolitik oder wenigstens der eigenen Partei hat dabei ganz offensichtlich niemand gedacht, denn die Bamberger SPD ist nach dieser Geschichte nicht mehr ernst zu nehmen.

Für die ganze Stadt, in der man sich so gerne der schönen Dinge rühmt, ist die Angelegenheit einfach nur peinlich. Eine Provinzposse, gespeist von Selbstüberschätzung und politischem Trampeltiertum. Man möchte jetzt lieber wieder von den Symphonikern schwärmen oder wenigstens vom Sams. Aber die nächste Aufregung steht schon bevor. Demnächst will die Staatsanwaltschaft Hof mitteilen, wie es mit der Finanz-Affäre um unrechtmäßige Bonuszahlen im Rathaus juristisch weitergeht.

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